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Bergsteigerdorf

Lunz am See: Sommerfrische im Herbst

• 2. November 2017
4 Min. Lesezeit
von Martin Foszczynski

Andere Bergsteigerdörfer umgeben höhere Berge, Lunz am See im Mostviertel hat dafür große Überraschungen zu bieten. Im Herbst wandert es sich dort besonders schön zwischen See und Bergen.

Lunz am See Wandern
Foto: Daniela Wustinger
Seepromenade Lunz am See
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In Linz beginnt’s, sagt man, doch in Lunz, da kunnt’s.
 
Da kunnt’s zum Beispiel sein, dass einem „Grey’s Anatomy“-Star Patrick Dempsey über den Weg läuft, so wie während der Ennstal-Classic-Ralley im Sommer 2015. Viel früher, circa Mitte der Sechziger Jahre, kunnt’s passieren, dass plötzlich Peter Alexander vor der Haustüre stand und – mit einem Sonnenhut getarnt – nach einer Zahnbürste und einem Ruderausflug mit dem Fischerboot verlangte. Genau das ist nämlich dem heutigen Tourismus-Obmann Hans Mayr wiederfahren, dessen Mutter damals ein Hotel führte. „Mit ihm haben wir an einem einzigen Tag 54 Saiblinge aus dem See gezogen“, erinnert er sich. Und er könnte noch Dutzende andere Geschichten über ihn berichten. Schließlich war der Entertainer jahrelang Stammgast im Mostviertel und Lunz ein traditionsreiches Sommerfrische-Ziel, das auch massenhaft deutsche Gäste anzog.
 
Und was ist Lunz heute? Nicht mehr der klassische Sommerfrische-Ort. Aber: „Etwas ganz besonderes“, sagt Bürgermeister Martin Ploderer. Lunz sei längst nicht mehr nur Ziel von Badegästen, auch wenn der letzte Sommer  dem Seebad einen mächtigen Besucherandrang beschert habe. Im Sommer holen die Festivals am See, das more ohr less und die Wellenklaenge, zahlreiche Besucher in den kleinen Ort. Im Herbst wird es an der Promenade ruhiger und die berühmte Seebühne im See versenkt (ja richtig gelesen – unter Wasser ist der preisgekrönte Entwurf vor Frost und Witterung geschützt).

Lunz ist Ausgangspunkt für besondere Naturerlebnisse – ein Bergsteigerdorf – neben  Reichenau an der Rax das bisher einzige in Niederösterreich. Eines, das in 1,5 Stunden von Wien aus erreicht ist und das vom Wettergott begünstigt wurde – zumindest teilweise. Einerseits gilt das „Grünloch“ – eine Senke auf der Dürrensteinhochfläche – als absoluter Kältepol Mitteleuropas, an dem man im Februar 1932 unglaubliche minus 52,6 Grad Celsius maß. Andererseits ist die Lunzer Gegend im Herbst viel weniger vom Nebel befallen, als benachbarte Ausflugsziele.

Ein niederösterreichisches Bergsteigerdorf

Das sollte man nützen. Bürgermeister Ploderer jedenfalls ist fast jeden Tag im umliegenden Gebirge unterwegs. Dabei ist er doch eigentlich aus den Bergen ausgewandert – ursprünglich stammt er aus der obersteirischen Hochschwab-Region. „Im Marchfeld seh ich zu weit, dort fühl ich mich nicht wohl. Ab dem Ötscher wiederum regiert der Massentourismus.“ In Lunz sei es anders, und es könne sich zurecht Bergsteigerdorf nennen: „Von Lunz aus sind sowohl leichte als auch anspruchsvolle Touren möglich. Wer mit Kindern spazieren gehen möchte, geht einmal um den See – der Dürrenstein hingegen ist ein gestandener Berg, dessen Gipfel unter drei Stunden Gehzeit nicht zu erreichen ist.“  Und zwar mit eigener Muskelkraft, ohne Seilbahn oder andere technische Hilfsmittel. Das nämlich sei die Quintessenz eines Bergsteigerdorfs. Wer noch höher hinaus will, muss nur eine kurze Autofahrt auf sich nehmen, von Lunz aus ist man schnell in den Nationalparks Gesäuse und Kalkalpen. Ebenso in den Ötschergräben, dem „Grand Canyon Österreichs“.
 
Martin Ploderer kommt so schnell nicht mehr aus dem Schwärmen heraus, wenn er von Lunz spricht. Seine Lieblingsplätze? Ganz klar der einzigartige Obersee – ein besonderer Kraft- und Ruheplatz. Danach der Scheiblingstein, der allerdings keine markierten Wanderwege aufweist, und der Seeblickweg über den Rehberg. Lunz sei aber auch noch aus einem weiteren Grund ein besonderes Bergsteigerdorf. Es ist nicht nur Wander- sondern auch Kultur-Ziel. Das aufwendig restaurierte Amonhaus aus dem 16. Jahrhundert, das neben dem Rathaus und dem Tourismusbüro auch zwei Museen beheimatet, zeugt ebenso davon wie die Seebühne, auf der von Klassik bis Kabarett so ziemlich alles geboten wird. „Für 120 Euro kann man sie sogar mieten“, schmunzelt Martin Ploderer. So kunnt’s in Lunz durchaus passieren, dass die eigene Hochzeit zum Bühnenspektakel wird.

Das Lunzer Amonhaus

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Einmal um den See

Ein bisschen Zeit lässt sich die Herbstsonne an diesem Tag und der Nebel hält sich zäher als gehofft. Doch – als hätte es die Seebühnenintendantin so inszeniert – reißt die Suppe genau an Hans Mayrs Lieblinsgplatzerl auf. Das hoch über dem See thronende Bankerl hat der Tourismus-Obmann selbst hier aufgestellt. Gut zu sehen ist von hier auch die Messstation, die im bis zu 34 Meter tiefen See die Temperatur misst. Das WasserCluster, eine interuniversitären Forschungseinrichtung, lockt Studenten und Forscher aus dutzenden Nationen nach Lunz.

Rehbergalm-Runde

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Auf dem weiteren Weg über den Bergrücken zur Rehbergalm funkelt das Wasser schon sonnentrunken zwischen den Baumstämmen des bunten Mischwalds hindurch. Fast täglich dreht Hans Mayr seine Runde, um die Wege instand zuhalten. „Der schönste Job der Welt, vor allem als Pensionist“, sagt er und man glaubt es ihm sofort. Auf der Rehbergalm ist dann auch fürs leibliche Wohl gesorgt. Die Terrasse des Almgasthauses quillt im Sommer regelmäßig über, jetzt im Herbst geht es ungleich gemächlicher – und familiärer – zu. Da kann es schon passieren, dass Hans Mayr auf Schwiegertöchter, Enkelkinder und die Intendantin der Seebühne trifft – alles binnen einer Kaffeepause. Der gegenüber aufragende Berg weist indes darauf hin, wie es hier oben weitergeht, wenn mal alle Blätter von den Bäumen abgefallen und die Hänge weiß überzogen sind. Der Maiszinken ist nämlich nicht nur ein beliebter Aussichtsberg für Wanderer, sondern auch ein kleines aber feines Skigebiet mit Schlepplift.

Rehbergalm und Maiszinken

Wenn es Abend wird in Lunz

In Lunz, da kunnt’s schließlich auch passieren, dass eine Vespa von der Hausmauer herabhängt und vom Dach des dazugehörigen Anwesens die französische Flagge weht. Das „Chez Pierre“ wird von einem Pariser und einer Waldviertlerin betrieben – als Pizzeria, die aber eigentlich ein Pub ist und vor circa hundert Jahren das bekannteste Hotel des Sommerfrischeorts war. Serviert wird belgisches Starkbier, das einen bald über die Hauskatze stolpern lässt. Wer das alles nicht glaubt, schaue einfach mal vorbei. Ein würdiger Abschluss jedes Lunz-Ausflugs.
 

Infos und Adressen: Lunz am See

 

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