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Bergsteigerdorf

Großes Walsertal – in der Heimat der Walser

• 10. Januar 2019
3 Min. Lesezeit
von Christina Schwann

Das Große Walsertal in Vorarlberg ist tief vom Lutzbach eingeschnitten. Über Jahrhunderte haben es die stolzen Walser bewirtschaftet, heute präsentiert es sich als vorbildlicher UNESCO-Biosphärenpark und Bergsteigerdorf. Christina Schwann hat es für uns besucht.

Großes Walsertal Bergsteigerdorf
Foto: Biosphärenpark Großes Walsertal
Ruhe liegt über dem tief verschneiten Großen Walsertal
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Spricht man vom Großen Walsertal, meinen die meisten Leute gleich jenes, das zwar in Österreich liegt, aber nur von Deutschland aus zu erreichen ist – und liegen damit schon falsch. Gemeint ist hier jenes Tal, das von Bludenz aus entweder über Thüringerberg oder über Raggal zu erreichen ist.

Ein Tal, das auf seinen steil zur Lutz abfallenden Hängen sechs Walser Gemeinden beherbergt, umgeben von in ihrer Form und Gestalt beeindruckenden und vielfältigen Bergen. Geprägt durch eine äußerst gepflegte Kulturlandschaft, eine moderne Architektur, die sich perfekt an den alten Walser-Stil anlehnt und auffallend viele Bushaltestellen, die sanfte Mobilität mit öffentlichem Verkehr anbieten.

Der Biosphärenpark Großes Walsertal vereint sechs Gemeinden unter einem Dach – eine davon ist Sonntag

Zusammenhalt nach schweren Zeiten

Den Walsern wird nachgesagt, dass sie sehr überzeugt ihren Traditionen aus der Schweiz treu geblieben sind und selbst die Sprache immer noch mehr an die Schweiz als an Vorarlberg erinnert. Zudem seien die Walser sehr fleißig – kaum ein anderes Volk hätte sonst das Große Walsertal kultivieren können. Und sie halten zusammen – heute wie damals: Im Jänner 1954 kam es nach einem sehr warmen Dezember, gefolgt von tagelangen heftigen Schneefällen, zu mehreren katastrophalen Lawinenunglücken im Großen Walsertal. Insgesamt gingen 29 Lawinen ab, es gab 164 Verschüttete und 80 Tote.

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Am schlimmsten traf es den Ort Blons: Ein Drittel aller Häuser und Höfe wurde zerstört und ein Sechstel der Bevölkerung fand den Tod. Aber die Walser gaben nicht auf, bauten ihre Hauser wieder auf, Lawinenverbauungen wurden installiert und Millionen in Schutzwaldprojekte gesteckt. Die Tragödie um Blons ist dennoch keinesfalls vergessen: Im Gemeindezentrum von Blons startet heute der „Leusorg-Rundweg“, der die Geschichte von damals erzählt, gleichzeitig aber die positive Entwicklung der letzten Jahrzehnte aufzeigt. Abgesehen davon inspirierten die Ereignisse von 1954 den gebürtigen Vorarlberger Reinhold Bilgeri – Musiker, Literat und Regisseur – zum ergreifenden Film „Der Atem des Himmels“.

Großes Walsertal Bergsteigerdorf
Foto: Christina Schwann/ ökoalpin
Blick auf die Gemeinde Fontanella mit dem Glatthorn mit 2.133 m im Hintergrund

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Spät entdeckte Vorzüge

Der Tourismus hat im Großen Walsertal im Vergleich zu anderen Alpentälern erst recht spät Einzug gehalten. Man wanderte eher durch, als dass man im Tal für längere Zeit Station machte. Maximal erregte noch das Kloster St. Gerold Aufmerksamkeit, aber die höchsten Alpengipfel, die auf ihre Erstbesteigung warteten, standen woanders. Um 1870 gab es aber schon das Gasthaus Bad Rothenbrunnen – von Sonntag aus nur auf einem Saumweg zu Fuß zu erreichen – bekannt für seine ausgezeichneten Forellen und den Gamsbraten und natürlich aufgrund seines Wildbades mit der eisenhaltigen Heilquelle.

Bad Rothenbrunnen ist heute im Sommer wieder geöffnet. Liebevoll und im alten Stil renoviert, bietet es Unterkunft, Verpflegung und Seminarräume. Das gediegene Gasthaus steht am Tor zum Gadental, einer der sechs Kernzonen des Biosphärenparks, und der Platz wurde unlängst als schönster Ort Vorarlbergs ausgezeichnet. Den besonderen Charme von Bad Rothenbrunnen macht aber auch aus, dass man selbst heute noch die letzten Meter zu Fuß zum Haus gehen muss und so die Idylle ganz ohne Autos erhalten geblieben ist.

Die Alpe Klesenza befindet sich in einer der Kernzonen des Biosphärenparks und ist von Bad Rothenbrunnen aus zu erreichen

Die Walser und ihr Weg

Um den Tourismus ein wenig anzukurbeln, gingen die Walser – wie könnte es anders sein – auch ihren ganz eigenen und vor allem ganzheitlichen Weg. Während über Skigebietszusammenschlüsse und Erlebniszonen diskutiert wurde, fuhr eine Handvoll Walser in die Rhön und besichtige den dortigen Biosphärenpark. Unter Einbindung der Bevölkerung wurde sodann ein Leitbild für einen Biosphärenpark im Großen Walsertal erarbeitet, das sowohl Impulse für die nachhaltige Regionalentwicklung als auch für die Erhaltung des Natur- und Kulturraumes gab. Heute setzt das Große Walsertal auf seine gut funktionierende, kleinstrukturierte Berglandwirtschaft, die unter anderem mehrfach prämierte Käsesorten wie den bekannten „Großwalsertaler Bergkäse Walserstolz“ hervorbringt. Weiters auf handwerkliche Betriebe und auf die Vielfalt der Wildkräuter, die von den Bäuerinnen zu Seifen und Salben verarbeitet werden oder als köstliches Kräutermenü im Hotel Kreuz in Buchboden auf den Tisch kommt.

Die kleinstrukturierte Berglandwirtschaft ist ein wesentlicher Bestandteil des Biosphärenparks
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Alle sechs Gemeinden des Großen Walsertales ziehen an einem Strang. Betreut von einem engagierten Biosphärenpark-Team, situiert im „biosphärenpark.haus“ in Sonntag, gibt es zahlreiche Initiativen für und vor allem mit der Bevölkerung sowie umfassende Angebote an geführten Touren im Sommer und im Winter. Das Große Walsertal ist der Idee der Bergsteigerdörfer bereits weit voraus und ein vielzitiertes Vorbild für viele andere Regionen im Alpenraum.

Großes Walsertal Bergsteigerdorf
Foto: Monika Bischof
Das Biosphärenparkhaus in Sonntag beherbergt das Managementteam und ist gleichzeitig Anlaufstelle für jegliche touristische Information

Tipp: BERGaktiv: „Unterwegs mit Profis im Biosphärenpark Großes Walsertal“

Fakten: Bergsteigerdorf Großes Walsertal, Vorarlberg

Gemeinden: Thüringerberg, St. Gerold, Blons, Sonntag/Buchboden, Raggal/Marul, Fontanella/Faschina

Gebirgsgruppen: Lechquellengebirge, Lechtaler Alpen, Walserkamm, Bregenzerwald

Wichtigste Gipfel: Rote Wand (2.704 m), Gamsfreiheit (2.211 m), Breithorn (2.081 m), Misthaufen (2.436 m), Zitterklapfen (2.403 m), Glatthorn (2.133 m)

Übernachten (Bergsteigerdorf-Partnerbetriebe):

Alpengasthof Bad Rothenbrunnen

Hotel Gasthof Kreuz

Das Schäfer’s

Haus Bischof

Weitere auf der Seite der Bergsteierdörfer.

Links:

Offizielle Website Bergsteigerdörfer

Biosphärenpark Großes Walsertal

Schutzhütten:

Biberacher Hütte

Freiburger Hütte

Göppinger Hütte

Frassenhütte

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