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Foto: Andrea Badrutt
Bergsteigerdörfer

Wo Zeit neu definiert wird: Das Bergsteigerdorf St. Antönien

• 8. Juni 2021
3 Min. Lesezeit
von Christina Schwann

Spektakuläre Berge, atemberaubende Höhen, ein weitläufiges Wegenetz, tolle Kletterrouten und zahlreiche Skitouren – dazu eine äußerst gepflegte Kulturlandschaft, Bewohner, die den Naturgefahren schon seit Jahrhunderten trotzen und ein fast schüchtern wirkender Ortskern einer typischen Walser Streusiedlung. Gelassenheit und innere Ruhe machen sich breit, wenn man auf das erste Schweizer Bergsteigerdorf St. Antönien blickt, auf den höchstgelegenen Ort der Gemeinde Luzein im Kanton Graubünden am Fuße des Rätikons.  

Das erste Schweizer Bergsteigerdorf: St. Antönien
Foto: Marco Schnell
Das erste Schweizer Bergsteigerdorf: St. Antönien
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Am 12. Juni 2021 war es endlich soweit: Die Schweiz wurde aktiver Teil der Initiative Bergsteigerdörfer. Über den Titel „Erstes Schweizer Bergsteigerdorf“ darf sich St. Antönien freuen, ein Ort, der versteckt in einem Seitental des Prättigaus im Kanton Graubünden auf rund 1.400 Meter Seehöhe liegt.

Direkt hinter dem Dorf erhebt sich das Chüenihorn, dessen Lawinenverbauungen gut sichtbar sind. Gegenüber befindet sich der Eggberg und weit hinten im Tal das Madrisahorn, das mit 2.826 Meter die höchste Erhebung des Bergsteigerdorfes darstellt. Hinter ihrer dunklen, kristallinen Gestalt ragen bereits die hellen Kalkspitzen von Schijenflue (2.626 m) und Sulzfluh (2.817 m) auf, die die Grenze zu Österreich – genauer zum Vorarlberger Montafon – markieren.  

Jägglisch Horn mit Blick auf das Dorf, auf das Chüenihorn und zu den imposanten Kalkwänden des Rätikon.
Foto: Graubünden Ferien
Jägglisch Horn mit Blick auf das Dorf, auf das Chüenihorn und zu den imposanten Kalkwänden des Rätikon.

Abwechslungsreiches Gestein, vielfältige Flora

Die Besonderheiten von St. Antönien lassen sich auf seine außergewöhnliche Geologie zurückführen, denn weicher nordpenninischer Prättigau-Flysch wechselt mit Kalkgestein, wodurch einzigartige Schichten entstehen. Besonders auffällig ist dies im Gafiatal, wo zwischen den dunklen Gipfeln heller Kalkfels aufleuchtet. Mit den wechselnden geologischen Bedingungen hat sich eine äußerst reichhaltigen Flora entwickelt, die die Wiesen und Alpen bis weit hinauf in Gipfelnähe mit einer Fülle an Alpenblumen schmückt.

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Zudem trägt die Jahrhunderte alte Kulturlandschaft dazu bei, dass die Wiesen nicht verbuschen. Steine wurden in mühevoller Handarbeit zu Trockenmauern aufgeschichtet, die heute Zeugnis für ländliche Baukultur und Handwerkskunst ablegen und sogar in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wurden.  

Der Partnunsee wird umringt von schroffen Felswänden.
Foto: Graubünden Ferien
Der Partnunsee wird umringt von schroffen Felswänden.

Im Einklang mit der Natur

Naturverbundenheit und Bodenständigkeit prägen auch den Tourismus in St. Antönien. Das ganze Jahr über bietet die einmalige Berglandschaft Naturliebhabern und Bergsportlerinnen ein reiches Betätigungsfeld. Christian Kasper, Gemeindepräsident der Gemeinde Luzein, freut sich aus tiefstem Herzen, dass St. Antönien in den Kreis der Bergsteigerdörfer aufgenommen wurde: „Für uns bedeutet dies eine Anerkennung für den gelebten respektvollen und sorgfältigen Umgang mit der Natur in der Landwirtschaft und im Tourismus. Eine Wertschätzung für unsere EinwohnerInnen, die sich unermüdlich für ein dynamisches Dorf, gelebte Traditionen, ein aktives gesellschaftliches Leben und einen attraktiven Wohn- und Arbeitsort einsetzen.“

Das alles zusammen genommen lässt St. Antönien eine tiefe Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen, die wohltuend ansteckend ist. Hier läuft die Zeit nicht davon, hier wird sie neu definiert und richtet sich nach dem Pulsschlag der Natur.  

In den Bergen rund um St. Antönien findet man viel Ruhe - im Bild die Carschinahütte.
Foto: Andrea Badrutt
In den Bergen rund um St. Antönien findet man viel Ruhe - im Bild die Carschinahütte.

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Tourentipps Sommer

Wandern und Bergsteigen

Bestens beschilderte und markierte Wanderwege führen von St. Antönien direkt in die unberührte Bergwelt des Rätikon. Begleitet von bunten Blumenwiesen und geologischen Besonderheiten, wie etwa den Höhlen im Bereich der Sulzfluh und Schijenflue oder der einsamen, unter Naturschutz stehenden Hochebene Plasseggen, erkundet man Schritt für Schritt die Bergnatur, genießt wunderbare Ausblicke und darf sich auf köstliche, überwiegend regionale Produkte in den Hütten freuen.

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Weitwandern

Wer mehrere Tage die Ruhe und Einsamkeit der Berge genießen möchte, dem sei der viertägige Prättigauer Höhenweg sehr ans Herz gelegt. Er führt von Klosters bis Seewis entlang der eindrücklichen Rätikon-Kette, vorbei an schroffen Felswänden und idyllischen Bergseen und bietet immer wieder grandiose Aussichten.

Auch der Walserweg Graubünden, der auf mehr als 300 Kilometer historischen Wegen von San Bernardino bis nach Brand in Vorarlberg führt, macht auf zwei Etappen Station im Gebiet von St. Antönien. 

  • Klettern

    Das Rätikon bietet besten, griffigen Felsen für diverse Klettertouren. Auch rund um St. Antönien, etwa im Bereich des Partnunsees, gibt es viele Möglichkeiten, diesen tollen Sport auszuüben. Als Bergsteigerdorf legt St. Antönien aber auch großes Augenmerk auf ein rücksichtsvolles Klettern, denn die Felsen sind nicht nur Spielplatz, sondern vor allem auch Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten. Wer allerdings einige Tipps beherzigt, wie etwa Kletterverbote und Empfehlungen des SAC-Tourenportals beachtet, bestehende Zu- und Abstiege nutzt und das Klettergebiet selbstverständlich sauber hält, wird an den wunderschönen Kletterrouten seine Freude haben. 

    Der Schijenzahn ist eine beeindruckende, freistehende Felsnadel.
    Foto: Prättigau Tourismus, Riccardo Götz
    Der Schijenzahn ist eine beeindruckende, freistehende Felsnadel.

    Klettersteig Klassiker 

    Wer nicht direkt Felsklettern möchte, aber dennoch die Vertikale nicht scheut, dem sei der Klettersteig Sulzfluh ans Herz gelegt. Er ist ein absoluter Klassiker im Rätikon und führt durch die beeindruckende Südwand auf den Gipfel der Sulzfluh mit ihren 2.817 Metern. 

    Tourentipps Winter 

    Im Winter präsentiert sich St. Antönien als ein wunderbarer Ort für Skitouren und Schneeschuhwanderungen in einer atemberaubend schönen Naturlandschaft. Ein kleines Familienskigebiet, Langlaufloipen und Winterwanderwege ergänzen das Angebot. 

    Winterparadies rund um St. Antönien.

    Gemäß der Philosophie der Bergsteigerdörfer wird natürlich besondere Rücksicht auf Wildtiere genommen, die im Winter mit ihren Reserven haushalten müssen. Mit dem Projekt „Schneesport mit Rücksicht“ wird das Nebeneinander von Wildtieren und Freizeitsportlern aber durchaus möglich. Mit ein wenig Anleitung ist es ein Einfaches, sich an offizielle Routen zu halten, Wildruhezonen und Wildschutzgebiete zu beachten und beispielsweise Hunde an der Leine zu führen. So steht einem ungetrübten Wintererlebnis, bei dem man kein schlechtes Gewissen haben muss, nichts im Wege. 

    Fakten: Bergsteigerdorf St. Antönien, Graubünden, Schweiz

    • Ortschaft: St. Antönien (1.420 m)

    • Gebirgsgruppe: Rätikon

    • Wichtigste Gipfel: Madrisahorn (2.826 m), Sulzfluh (2.817 m), Schijenflue (2.626 m), Schijenzan (2.370 m), Wiss Platta (2.627 m) Rätschenhorn, (2.703 m) Chüenihorn (2,412 m)

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