24 Stunden wandern: So ist es uns ergangen
24 Stunden lang wandern. In einer Gruppe. Von 08:30 bis 08:30 am nächsten Tag. Meine Freundin Lisa und ich haben uns gefragt: Warum tut man sich das an? Und haben es einfach ausprobiert.

An 5 verschiedenen Orten wird die 24 h Trophy dieses Jahr ausgetragen. Lisa und ich sind – vorrangig aus terminlichen Gründen – bei der Trophy in Baiersbronn in Baden-Württemberg gelandet. 6 Stunden Zugfahrt haben wir bereits hinter uns, als es allmählich waldiger zu werden beginnt – bis wir schließlich mittendrin sind, in den Tiefen des Schwarzwalds. Gleich am nächsten Morgen soll er zu unserer Gladiatoren-Arena werden, er ist der Austragungsort unserer 24 Stunden-Wanderung.
08:30
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Start der 24 h Trophy in Baiersbronn am Mummelsee. Wir sind müde.
09:20
Die Müdigkeit ist verflogen – wir haben uns warm gelaufen. Die ersten Wanderer sondern sich von der Gruppe ab, einer aus rund 150 Personen bestehenden Traube, die sich gemächlich durch den Schwarzwald schiebt. Lisa und ich entscheiden, ebenfalls von der Gruppe getrennt weiterzuwandern. Wir merken, dass das Wandern im Pulk nichts für uns ist. Wir möchten in unserem Tempo gehen und die Ruhe des Waldes genießen. Der Großteil der Teilnehmer aber geht bewusst weiter in der geschlossenen Gruppe. Wir stellen fest: Das Gehen im Kollektiv scheint für viele das eigentliche Erlebnis der 24 h Trophy zu sein.
11:30
Die Zeit verfliegt. Wir sind zuversichtlich – noch.
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13:20
Mittagspause. Tomatensuppe mit Reiseinlage. Kaffee.
14:44
Es donnert. Der Regen wird zum treuen Wegbegleiter. Es regnet zwar nicht unaufhörlich, aber verlässlich alle Stunden. Regencape an, Regencape aus, Regencape an, ...

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16:32
Kaffee und Kuchen im Hotel Schliffkopf.
17:44
Wir durchqueren auf Holzstegen ein romantisches Moor und bekommen neuen Auftrieb. Die Sonne gibt sich kurzzeitig die Ehre und glitzert durch nebelige Schwaden hindurch auf die dichten Tannen des Schwarzwalds. Es ist das perfekte Timing für dieses kleine Sonnenfenster. Wir sind uns einig: Das war der bisherige Höhepunkt unserer Wanderung.
18:37
Es war nur ein kurzes Zwischenspiel, das mit der Sonne. Es regnet wieder – diesmal sehr stark. Wir suchen Unterschlupf unter dem Vorbau einer winzigen Holzhütte und warten den heftigsten Guss ab. Wir fragen uns zum ersten Mal: Warum machen wir das eigentlich? Und realisieren schlagartig, dass wir noch nicht einmal die Hälfte der Wanderung hinter uns gebracht haben.
19:37
Abendessen im Hotel Zuflucht. Käsespätzle und Salat. Wir spüren, dass unsere Beine etwas müde sind. Davon abgesehen aber sind wir noch fit – zumindest körperlich. Es zeichnet sich immer stärker ab, dass unser Durchhaltevermögen keine Frage von Ausdauer, sondern von Willenskraft sein wird. Die ersten Wanderer haben bereits abgebrochen.
19:51
Über den Wipfeln der Schwarzwald-Bäume hängt eine feuchte Nebelsuppe, in die sich allmählich das Schwarz der Dämmerung mischt. Es regnet. Mal wieder.
23:20
Es ist stockdunkel. Wir gehen jetzt mit der Gruppe. Uns ist nachts wohler, im Schutz der Herde zu gehen – und auch die begleitenden Guides haben davon abgeraten, in der Dunkelheit alleine den Weg zu bestreiten. Wir wandern inmitten einer schier endlos scheinenden Stirnlampenlicht-Kette, die sich die Hänge des Schwarzwalds hinunterschlängelt.
00:12
Ein vorzeitiger Abbruch der 24 Stunden-Wanderung wird eine immer realistischere Option für uns. Wir müssen uns bis zur nächsten Pausenstation entscheiden – dort wartet die letzte Shuttle-Möglichkeit zurück nach Baiersbronn.

00:53
Unsere Gedanken kreisen nur noch um die Frage, ob wir abbrechen sollen oder nicht. Wir sind am Kämpfen – vor allem mit unseren Egos.
01:30
Wir erreichen die Pausenstation im DSV Aktiv-Zentrum – und damit die letzte Möglichkeit, abzubrechen und zurück nach Baiersbronn zu kommen. Wir haben eine Stunde Bedenkzeit und können uns nicht entscheiden.
02:00
Abbruch. Unser Entschluss hat vielerlei Gründe: der Regen, die Müdigkeit, das Im-Pulk-Gehen, die Dunkelheit. Im Endeffekt aber ist uns klar: Ganz gleich, wie viele plausible Gründe wir finden, um unseren Abbruch zu rechtfertigen – unterm Strich steht, dass wir es einfach nicht genug wollten. Wir sind nicht am Ende unserer körperlichen Kräfte. Aber, unumwunden, wir haben einfach keinen Bock mehr. Uns fehlt das Animo, das, was einen mit Blick auf das Ziel weitertreibt, wenn man eigentlich keine Lust mehr hat. Und so bringt uns das Shuttle zurück nach Baiersbronn, wo natürlich kein Hotelbett auf uns wartet – und auch kein Hotel mehr offen hat. Dem 24 h Trophy-Team verdanken wir, dass wir trotzdem zu 3 Stunden Schlaf kommen: Wir dürfen im Tourismus-Zentrum am Rosenplatz in Baiersbronn bleiben. Irgendwann gegen 03:00 rollen wir uns auf dem Sofa im Zentrum ein.
Fazit
Bei unserer 9-stündigen Zugfahrt zurück nach Wien lassen wir die Wanderung Revue passieren. Wir bereuen keinesfalls, daran teilgenommen zu haben. Auch wenn die 24 h Trophy für uns nur eine 17 h Trophy wurde: Bei allem Hadern war es auch verdammt lustig und – natürlich: schön.
Wir haben uns zwar versprochen, so schnell nicht wieder an einer 24 Stunden-Wanderung teilzunehmen. Aber: Ich traue uns durchaus zu, dass wir über das nächste Jahr auf einen anderen Austragungsort zu schielen beginnen. Fürs Erste aber pflegen wir jetzt erst einmal die Blasen an unseren Füßen.
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