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Vanlife

Schönwetter kann jeder: Skitouren-Auftakt mit Camper

• 12. Dezember 2022
5 Min. Lesezeit
von Daniel Kubera

Für die erste Skitour der Saison hat sich unser Redakteur mit dem Van auf die Suche nach Schnee begeben: Fündig wurde er im Salzburger Skiort Obertauern und im steirischen Lachtal.

Am Gipfelgrat der Seekarspitze in Obertauern
Foto: Daniel Kubera
Am Gipfelgrat der Seekarspitze (2.350 m) in Obertauern
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Alle Jahre wieder, wenn Wham! (viel zu früh) beginnen, „Last Christmas“ aus dem Radio zu schmettern, tauchen sie in den sozialen Netzwerken auf: die ersten Skitouren-Bilder – nach der trostlosen Übergangszeit Balsam für die Seele.

Heuer will ich auch einer der Glücklichen sein, die bereits Anfang Dezember die Saison eröffnen. Also packe ich kurzerhand meinen nicht weniger motivierten Berg-Buddy Patrick ein und begebe mich ein Wochenende lang auf Schneesuche. Das passende Gefährt dazu – einen VW T6.1 California Ocean – mieten wir spontan bei Roadsurfer.

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    Tipps zur Schneesuche

    Gerade zu Saisonbeginn ist es oft schwierig, Regionen mit ausreichend Schnee zu finden. Diese drei Quellen haben mir bei der Suche geholfen:

    • wepowder: Die Website bietet eine übersichtliche Schneevorhersage samt Rückschau. Man sieht auf einen Blick, wie viel es in einer bestimmten Region in den letzten drei Tagen geschneit hat und mit wie viel Neuschnee man in den kommenden Tagen rechnen kann.

    • Webcams: Mittlerweile gibt es in den Bergen viele Webcams, die eine erste Einschätzung der Schneelage ermöglichen. Mit etwas Glück verraten Spuren, dass in dem Gebiet bereits Tourengeher unterwegs sind.

    • Soziale Netzwerke: In Gruppen (wie zum Beispiel „Bergwelten wandert“) kann man sich mit anderen austauschen und Locals nach aktuellen Bedingungen fragen. Im Zweifelsfall besteht auch die Möglichkeit, Tourismusregionen anzuschreiben – meistens antworten sie relativ schnell, ob eine bestimmte Tour schon machbar ist oder nicht.

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  • Nachdem ich alle Recherche-Möglichkeiten ausgeschöpft habe, macht sich Ernüchterung breit. Viel ist an diesem ersten Dezember-Wochenende 2022 nicht möglich. Also fällt die Wahl auf Obertauern. „In Obertauern geht immer was“, hat mal ein guter Freund gesagt. Er soll auch diesmal recht behalten. Nicht umsonst zählt der Skiort auf 1.750 m zu den schneereichsten Österreichs.

    Let's Go West

    Wir starten am Freitag nach der Arbeit Richtung Westen und steuern wenige Kilometer südlich von Obertauern den Campingplatz Mauterndorf im Salzburger Lungau an. Das Schöne an unserem Wintertrip: Wir sind in der absoluten Nebensaison unterwegs. Ohne Probleme und Reservierung bekommen wir einen Stellplatz, sind sogar nur eines von drei Fahrzeugen.

    Die erste Nacht am Campingplatz Mauterndorf

    Um in der Früh keine Zeit zu verlieren, checken wir gleich am Abend die Ausrüstung und packen unsere Rucksäcke (vielen Dank an Lupine, die uns auf dem Trip mit der „Piko All-in-One“-Stirnlampe ausgestattet haben).

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    Wir belohnen uns mit einem Gläschen Wein, planen beim zweiten unsere morgige Tour auf die Seekarspitze (2.350 m) und fallen nach dem dritten in einen überraschend guten Tiefschlaf.

    Die Tour im Detail

    Endlich wieder Schnee unter den Brettern

    Skitour Obertauern
    Foto: Daniel Kubera
    Anfangs geht es relativ flach vom Parkplatz Richtung Skigebiet. Links erkennt man schon die Nebelbank, in die wir gleich eintauchen werden

    Ich versuche immer, alles Positive zu sehen. Natürlich könnte man sagen, dass eine Skitour in der Nebelsuppe etwas zach ist. Oder: Man freut sich darüber, dass man nichts von der Pistennähe mitbekommt, in der man sich bewegt.

    Dank der bescheidenen Sicht haben wir über weite Strecken das Gefühl, auf einer Expedition am anderen Ende der Welt zu sein. Lediglich kurze Nebelfenster erinnern uns daran, dass wir mitten im Skigebiet unterwegs sind.

    Am Weg auf die Seekarspitze

    Überraschend alpin präsentiert sich heute auch der Gipfelgrat. Ab unserem Skidepot haben wir mit starkem Wind zu kämpfen, trotz zwei Paar Handschuhen spüren wir nach wenigen Minuten unsere Finger kaum mehr. Mit Ski am Rücken würde es uns vermutlich vom Grat blasen.

    Glücklicherweise lassen die Böen am Gipfel nach und wir werden einsame Zeugen eines beeindruckenden Wetter-Schauspiels: Immer wieder klart es kurz auf und wir können das Wolkenmeer dabei beobachten, wie es schwerfällig über die umliegenden Bergketten fließt.

    Am Gipfel der Seekarspitze

    Beim Abstieg reißt es komplett auf. Bei guter Sicht geht es über den Grat zurück zum Skidepot und weiter über die Piste ins Tal.

    Nächster Halt: die Sonnenterrasse der Kringsalm. Mit einem Bier belohnen wir uns für die erste Skitour der Saison. Wir sind so motiviert, dass wir morgen am Heimweg – trotz miserabler Wetterprognose – noch eine Skitour im steirischen Lachtal dranhängen wollen.

    Abstieg von der Seekarspitze
    Foto: Daniel Kubera
    Patrick beim Abstieg von der Seekarspitze – endlich mit etwas Fernsicht

    Nach einer einstündigen Fahrt zurück Richtung Osten schlagen wir am Campingplatz Rothenfels, nur 15 Autominuten vom Lachtal entfernt, unser Horrorfilm-reifes Lager auf. Wir sind komplett alleine in der stockdunklen Nacht. Im Schein unserer Stirnlampen schleichen Nebelschwaden um die gruselige Burg, die über uns thront. Es ist totenstill. Heute wird – hoffentlich (!) – nichts und niemand unseren Schlaf stören.

    Horrorfilm-reife Stimmung am Campingplatz Rothenfels

    Lange Gesichter im Großen Lachtal

    Genau wie Obertauern wird dem Lachtal (1.600 m) eine gewisse Schneesicherheit nachgesagt. Und tatsächlich: Während wir – froh nicht im Burgverlies aufgewacht zu sein – mit unserem Van die letzten Kehren hochcruisen, färbt sich die Landschaft wieder weiß. Weiß genug, um unsere Tourenski anzuschnallen und den Aufstieg durchs Große Lachtal in Angriff zu nehmen.

    Die Tour im Detail

    Die ersten Höhenmeter herrschen gute Verhältnisse. Vielleicht hat sich der Wetterbericht ja geirrt? Fehlanzeige! Alsbald verschluckt uns eine dicke Nebelsuppe und als wäre das noch nicht genug, gesellt sich auf halbem Weg auch noch starker Wind in unsere illustre Runde.

    Am Weg auf den Hohen Zinken (2.222 m) durch das Große Lachtal

    Schnell avanciert der gemütlich angelegte zweite Saisonauftakt zur abenteuerlichen Suche nach dem Gipfelkreuz. Wie Fährtenleser folgen wir immer stärker verwehten Spuren, die sich am Gipfelplateau schließlich verlieren. Alle paar Minuten checken wir das GPS: Stimmt die Richtung noch?

    Whiteout
    Foto: Daniel Kubera
    Vom Nebel verschluckt im kompletten Whiteout

    Böen peitschen uns Schneekristalle schmerzhaft wie Nadelstiche ins Gesicht. Ich setze meine Skibrille auf und ziehe mir den Kragen meiner Hardshell-Jacke bis zur Nase. Eingepackt wie ein Everest-Aspirant, sinniere ich über die Sinnhaftigkeit dieser Unternehmung, als plötzlich – beinahe mystisch – das Gipfelkreuz im Whiteout erscheint. Endlich!

    Skitourengeher beim Gipfelkreuz am Hohen Zinken
    Foto: Daniel Kubera
    Durchgefroren aber glücklich beim Gipfelkreuz am Hohen Zinken – begleitet werden wir von einem alten Schulfreund

    Mittlerweile ist mir wirklich kalt. Wir fellen ab und versuchen die Piste zu erahnen, die uns zurück ins Tal bringen soll. Mit Pflug geht es im Blindflug durch das weiße Nichts – von einem Anhaltspunkt zum nächsten. Glamourös ist anders. Auf halber Strecke spuckt uns die Suppe gütigerweise wieder aus und wir können zumindest noch ein paar schöne Schwünge bis zum Van ziehen. Fazit: Schön war's nicht, aber kalt!

    Ein Plädoyer fürs Sauwetter

    Auf der Heimreise entdecke ich, dass unser Camper mit einer Sitzheizung ausgestattet ist, die meinen durchgefrorenen Hintern wieder auftaut. Während aus dem Radio „Last Christmas“ schallt, philosophieren wir zufrieden über die letzten beiden Tage.

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  • Die Quintessenz? Selbst die einfachsten Touren können bei herausfordernden Bedingungen alpine Unternehmungen werden. Wir sind jetzt motiviert, unsere Standard-Runden auch mal bei Sauwetter zu drehen – natürlich nur, solange sie noch sicher machbar sind.

    Prost im Auto
    Foto: Daniel Kubera
    Ein Prost auf unsere vier Blechwände – dank Standheizung ist der Camper auch im Winter ein gemütliches Zuhause

    Schlechte Verhältnisse haben durchaus ihren Reiz. Sie können eine beliebte Tour zu einem einsamen Unterfangen machen und ihr unerwartete Würze verleihen. Durch sie lernt man den blauen Himmel wieder zu schätzen.

    Und außerdem: Schönwetter kann jeder.

    Vielen Dank an Lupine und Roadsurfer für die Ausstattung auf diesem Trip.

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