In seinem vordersten Bereich zeigt sich das Stubaital von seiner einsamen Seite. Dort fließt die Ruetz durch die bewaldete und – abgesehen von einer Stomleitung – völlig unberührte Gallhofschlucht. Viel Wasser des Stubaier Talbachs wurde allerdings 1912 für ein Kraftwerk zur Stromversorgung der Stubitalbahn abgezweigt. Parallel zum (längst durch eine leistungsfähigere Röhre ersetzten) Ausleitungsstollen legte man einen Wartungspfad an. Auf diesem „Stollensteig“ wandert man heute durch eine stille Waldlandschaft – anfangs keine 100 m unterhalb der Brennerautobahn.
Diese wurde vor allem durch die 1963 eröffnete, 820 m lange und 190 m hohe Europabrücke bekannt. Unterhalb davon verläuft der alte Weg zum Brennerpass, der wohl schon in prähistorischer Zeit begangen wurde. Um 15 v.Chr. besetzten die Römer die Region, gegen Ende des 2. Jahrhunderts bauten sie die Brennerroute zu einer Militärstraße aus (ein Rest davon wurde am Pass entdeckt und ist nun bei der Autobahnraststätte Europabrücke zu sehen).
Im Jahr 800 reiste Karl der Große über den Brenner nach Rom, wo ihn Papst Leo III. zum Kaiser krönte. Bis zum Ende des Mittelalters folgten ihm 65 weitere Kaiser und Könige auf der „Kaiserstraße“ – meist mit großem Gefolge. Damals wurde auch fast der gesamte Fernhandelsverkehr zwischen Augsburg und Venedig – immerhin 6500 Frachtwagen pro Jahr – über die Brennerstraße abgewickelt.
Als „Nadelöhr“ galt der Steilanstieg am „Untern Schenperg“, wo bis zu zehn zusätzliche Pferde vor die Wagen gespannt werden mussten. Diese Strecke ließ Maria Theresia 1777 ausbauen; neun Jahre später rumpelte dort Johann Wolfgang von Goethe in der Kutsche gen Italien. Unten, wo die Ruetz in die Sill mündet, entstand zwischen 1842 und 1845 schließlich die Stefansbrücke. Geplant wurde sie von Carl Ritter von Ghega, dem späteren Erbauer der Semmeringbahn – und sie ist bis heute die größte Steinbrücke Österreichs.