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Berg-Know-How

Was macht einen Gipfel eigentlich zum Gipfel?

• 29. Januar 2020
3 Min. Lesezeit
von Robert Maruna

Wodurch hebt sich ein Gipfel von anderen Erhebungen ab? Was macht einen Berg zum eigenständigen Solisten und wie wird eigentlich seine Höhe berechnet? Fragen über Fragen. Was auf den ersten Blick nach hochkomplizierter Raketentechnologie aussieht ist im Grunde jedoch einfachste Mathematik. Wir klären auf.

Was macht einen Berg zum eigenständigen Gipfel?
Foto: mauritius images / Picfair / Gareth Gray
Was macht einen Berg zum eigenständigen Gipfel?
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Wodurch wird die Eigenständigkeit eines Gipfels definiert bzw. was macht eine Erhebung innerhalb eines weitläufigen Gebirgsstocks zum selbstständigen Gipfel? Die Höhe alleine macht einen Berg noch lange nicht zum Berg, daneben sind es zwei weitere Kriterien, die den Charakter eines Berges hervorheben und dessen höchsten Punkt zu einem Gipfel werden lassen:

  1. Prominenz
  2. Dominanz
Welcher Berg mag wohl hier, in den Südtiroler Dolomiten, der dominanteste sein?
Foto: mauritius images / Picfair / Andrei
Welcher Berg mag wohl hier, in den Südtiroler Dolomiten, der dominanteste sein?

1. Prominenz

Die Prominenz ist ein Maß für die Eigenständigkeit eines Gipfels, Bergs oder anderen geomorphologischen Landform. Sie beschreibt die Anzahl an Höhenmetern, die man von einem Gipfel absteigen müsste, um über einen möglichen Kammverlauf zum nächst höheren Berg zu gelangen. Häufig wird für die Prominenz eines Berges synonym der Begriff „Schartenhöhe“ verwendet. Errechnet wird der prominente Wert aus der Differenz zwischen der Gesamthöhe eines Berges und der höchstgelegenen Einschartung, bis zu der man absteigen muss, um einen höheren Gipfel zu erklimmen. Desto höher der prominente Wert eines Gipfels, desto erhabener scheint dieser gegenüber seinen kleineren Kollegen, trägt die Prominenz wiederum einen kleinen Wert, so spricht man eher von einem Plateau, als von einem Berg.

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Noch immer verwirrt? Ein einfaches Beispiel kann hier helfen, um den letzten Rest an Unklarheit zu beseitigen:

Um vom Großglockner (3.798 m), dem höchsten Berg Österreichs, zum nächst höheren Gipfel, dem Ortler (3905 m) in Südtirol zu gelangen, müsstet ihr zumindest bis zum Brennerpass (1.370 m) absteigen, woraus sich für den Großglockner eine Prominenz von 2.428 Metern ergibt

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Nicht nur mathematische Berechnungen, sondern auch das Sonnenlicht kann die Prominenz der Berge beeinflußen
Foto: mauritius images / Ingram Premium Collection /
Nicht nur mathematische Berechnungen, sondern auch das Sonnenlicht kann die Prominenz der Berge beeinflußen

2. Dominanz

Das zweite Kriterium, welches über die Existenz eines Berges entscheidet, hört auf den höchst kompliziert klingenden Namen orometrische Dominanz. Die Dominanz hat hier wenig mit der Mendelschen Vererbungslehre zu tun, viel mehr beschreibt die Dominanz eines Berges seine horizontale Überlegenheit gegenüber seinen felsigen Mitbewerbern, also in welchem Umkreis ein Berg der höchste ist. Errechnet wird die Dominanz eines Berges mittels seiner Prominenz, gebrochen durch seine Höhe und multipliziert mit dem Wert 100. 

Die Berechnung der Dominanz am Beispiel Matterhorn soll zur Verständlichkeit beitragen:

Das Matterhorn hat eine Prominenz von 1.031 m, gebrochen durch seine Höhe von 4.478 m, multipliziert mit 100 ergibt einen dominanten Wert von 23,02.

Alles klar soweit? Nein, ok vielleicht hilft noch ein weiteres Beispiel: Stellen wir uns einen aus dem Meer aufragenden Berg vor, der von keiner anderen Erhebung umgeben ist, demnach würde seien Prominenz seiner Höhe entsprechen woraus sich ein dominanter Wert von 100 ergibt. Jetzt solltet ihr vor lauter Bergen den Gipfel erkennen müssen. 

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Und was macht nun einen Gipfel zum Gipfel?

Über die Selbstständigkeit von Gebirgsgruppen, Bergen und Gipfeln wurde viel diskutiert, bis die UIAA (Internationale Union der Alpinismusvereinigungen) zu folgendem Entschluss gekommen ist:

Hochgebirge

In den Alpen sprechen wir dann von einem Gipfel, wenn seine Schartenhöhe mindestens 30 Meter beträgt. Ein eigenständiger Berg in den Alpen muss allerdings eine Schartenhöhe von mindestens 100 bis 300 Metern aufweisen, im Himalaya wiederum wurde dieser Wert – angesichts der Hülle und Fülle an alpinen Erhebungen – auf 500 Meter angehoben. Andernfalls hätte unsere Erde wohl weit mehr als bloß 14 Achttausender zu bieten

Mittelgebirge

Auch hier wird die Prominenz bzw. Schartenhöhe zur Bestimmung der Eigenständigkeit von Bergen herangezogen. Da die Höhenunterschiede hier jedoch weit geringer sind, als es in den Alpen der Fall ist, reichen je nach Höhenlage bereits 11 bis 14 Meter aus, um von einem eigenständigen Gipfel zu sprechen.

Der höchste freistehende Berg Europas, der Grimming
Foto: mauritius images / imageBROKER / Christian Handl
Der höchste freistehende Berg Europas, der Grimming

Höchste freistehende Berg Europas

Soviel zur Eigenständigkeit von Bergen und falls ihr es noch nicht gewusst habt, der Grimming in der Steiermark gilt trotzt seiner schmächtigen Höhe von 2.351 m als der höchste freistehende Berg Europas. Warum das so ist? Schnappt euch einfach eine Karte der Alpen und messt mit eurem neugewonnenen Wissen selbst nach.

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