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Auf die Spitze gebracht

7 Punkte zum Gipfelkreuz

• 5. September 2016
3 Min. Lesezeit
von Sissi Pärsch

In den bayerischen Bergen treibt ein Gipfelkreuz-Zerstörer sein Unwesen. Täter und Motiv unbekannt. Doch warum tragen Berge überhaupt Kreuze? 7 Geschichten rund um das Gipfelkreuz.

Jakobskreuz auf der Buchensteinwand
Foto: Bergbahnpillersee Andreas Langreiter
Jakobskreuz auf der Buchensteinwand
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Gipfel sind besondere Orte: hoch hinaus, über den Dingen stehen, weg vom Alltag. Aber vor allem tragen sie auch eine spirituelle Dimension in sich, die wir Menschen seit Urzeiten huldigen: Sitz der Götter, dem Himmel so nah – in einigen Kulturen ist die Besteigung der Wohnstätten der Götter gar verboten.

Im Tölzer Grenzgebiet Bayern/Tirol sorgt derzeit ein Unbekannter für große Verunsicherung, der scheinbar mit der christlichen Bergsymbolik ein sehr großes Problem hat: Bereits drei Gipfelkreuze hat er dort zerstört, zuletzt das Kreuz am Schafreiter im Vorkarwendel. Sein Motiv kann man nur erahnen. Aber welche Motive haben überhaupt zur Errichtung von Gipfelkreuzen geführt? Hier 7 Geschichten rund um das Gipfelkreuz.

Gipfelkreuz mit Blick ins Tal
Foto: Sissi Pärsch
Gipfelkreuz mit Blick ins Tal

1. Keine Selbstverständlichkeit

Auch wenn es uns so erscheinen mag: Gipfelkreuze sind keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Vielmehr sind sie eine Eigenart der katholisch geprägten Alpenregionen. Ein Kreuz sucht man auf dem Gipfel des höchsten schottischen Berges Ben Nevis genauso vergebens wie auf dem Mont Blanc, dem Mount Whitney oder dem K2. Religiöse Symbole findet man jedoch auch auf vielen Gipfeln, von tibetischen Gebetsfahnen bis hin zum Halbmond beispielsweise auf dem höchsten Berg Tunesiens, dem Djebel Chambi.

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2. Opferbereitschaft

Die Römer brachten auf ihren Wegen an den höchsten Stellen Opfer dar – aus Dankbarkeit darüber, die schweren Gebiete überwunden zu haben. Die Bergwelt stellte alles andere als einen attraktiven Anzugspunkt dar und die Besteigung keineswegs einen Triumph. Vielmehr wurden Berge als gefährliches und mühsames Hindernis wahrgenommen. Umso bedeutsamer waren Pässe und Orte der Überschreitung. So bezeichnet beispielsweise auch der Arlberg keinen Gipfel, sondern die Passstraße, die den Menschen die Überwindung der Bergregion ermöglichte.

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3. Wegweiser, Grenzen & Wetter

Während der Kreuzzüge wurden Gipfelkreuze oft als Markierung eingesetzt. Die weit einsehbaren Kreuze sollten den Nachkommenden den Weg weisen.

Ab dem Mittelalter wurden Gipfelkreuze als Markierung von Alm- bzw. Gemeindegrenzen eingesetzt. Die Nachweise reichen zurück bis ins 13. Jahrhundert.
Vielfach wurden sie auch als Wetterkreuze aufgestellt, die vor Unwetter schützen sollten. Bezug genommen wurde dabei auf den Moment von Jesu Tod, wo es im Markusevangelium heißt: „Als die sechste Stunde kam, brach über das ganze Land eine Finsternis herein (...) die Erde bebte und die Felsen spalteten sich“.

Gipfelkreuz vor Bergpanorama
Foto: Sissi Pärsch
Gipfelkreuz vor Bergpanorama

4. Unsere Höchsten

Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze (2.962 m), erhielt 1871 ihr erstes Kreuz. Da stand das Gipfelkreuz auf Österreichs höchster Spitze, dem Großglockner (3.798 m), schon eine Weile. Er erhielt sein Gipfelkreuz im Jahr 1799 vom Kärntner Fürstbischof Franz Xaver Graf von Salm-Reifferscheid. Er war beim zweiten Expeditionsversuch im Jahr 1800 zur Erstbesteigung sogar mit dabei (teilweise).

Am 28. Juli erreichten vier Bergführer den Gipfel und holten den Pfarrer Mathias Hautzendorfer, der ein Gipfelkreuz errichtete. Daran wurde aber auch ein Barometer angebracht, um meteorlogische Messungen durchzuführen. In späteren Jahren war es keine Seltenheit, dass physikalische Instrumente wie Luftdruck- oder Windmesser  an Gipfelkreuzen angebracht wurden.

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5. Erfolgsaussichten

Ab dem späten 18. Jahrhundert verlor die Bergwelt langsam ihr abschreckendes Bild der Bedrohung und Unüberwindlichkeit und wurde für mehr und mehr Menschen – speziell im Zuge der Romantik – zum großen Faszinosum. Der Gipfelsturm wurde zum Selbstbeweis, zum Triumph gegenüber der Natur und zum Triumph gegenüber anderen Nationen. Das Gipfelkreuz wurde häufiger als Hoheitsanspruch eingesetzt – oder im Privaten als Zeichen des Siegs, der Erstbesteigung.

6. Die Hochphase

Im 20. Jahrhundert, speziell nach den Weltkriegen, erlebte die Gipfelkreuzkultur ihre Hochphase. Errichtet als Zeichen des Gedenkens der Gefallenen oder von Überlebenden, die im Krieg ihr Gelübde gaben, im Falle des Überlebens ein Kreuz aufzustellen.

7. Die Größten

In Bayern steht das größte Gipfelkreuz auf der Kampenwand, reicht 12 Meter in die Höhe, ist 56 Zentner schwer ­– und kann damit gar nicht so weit entfernten Jakobskreuz in den Kitzbüheler Alpen mithalten. Dort, auf dem Gipfel der Buchsteinwand im Pillerseetal, steht nämlich das größte begehbare Gipfelkreuz der Welt. Es wurde 2014 errichtet, ist 30 Meter hoch und es gibt sogar Räumen für Seminare, Hochzeiten, Kunstveranstaltungen etc.

Jakobskreuz auf der Buchensteinwand
Foto: Thaler Stefan Photography
Jakobskreuz auf der Buchensteinwand

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