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Wissen

Technik in den Alpen: Schutzbauten

• 15. Dezember 2016
2 Min. Lesezeit
von Christina Geyer

Die Alpen sind immer wieder Schauplatz von Naturkatastrophen. Ob Lawine, Felssturz oder Murenabgang: Schutzbauten sichern besonders gefährdete Orte zusätzlich ab. Wir stellen euch ein weiteres Kapitel aus dem Buch „Technik in den Alpen“ (Folio Verlag) rund um das Thema Schutzbauten vor.

Schutzbau: Lawinenrechen
Foto: Uwe Wisskirchen/Fotocommunity
Schutzbau: Lawinenrechen
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Es gibt verschiedene Formen, Naturgefahren zu bannen. Wir stellen euch nachfolgend 3 davon vor.

1. Lawinenkataster

Technische Bauwerke sind Teil eines breit gefächerten Maßnahmenpakets zum Schutz vor Naturgewalten. Es gibt aber auch präventive Maßnahmen, die bereits im Vorfeld zur Anwendung kommen und das Entstehen von Naturkatastrophen verhindern sollen. Dazu gehört das genaue Dokumentieren vergangener Naturereignisse, zum Beispiel der sogenannte Lawinenkataster. Aus den darin dargestellten Katastrophen kann für die Zukunft gelernt werden.

Interlaken/Schweiz: Karte von Lawinenabgängen
Foto: Abt. Naturgefahren/Interlaken
Karte von Lawinenabgängen in der Schweizer Gemeinde Interlaken

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2. Gefahrensimulation

Mit der Software RAMMS kann man die Auswirkungen von Naturgefahren berechnen. Sie simuliert zum Beispiel den Verlauf einer Lawine und berücksichtigt dabei Geländebeschaffenheit, Hangneigung und Bewaldung, eventuell auch schon vorhandene Schutzbauten. Damit können weitere Schutzmaßnahmen besser eingeschätzt werden.

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3. Gefahrenzonenpläne

Ebenso wichtig wie die Dokumentation von Naturereignissen ist es, dieses Wissen in der Raumplanung, bei der Trassierung von Verkehrswegen und bei der Ausweisung von Bauzonen anzuwenden. Dazu werden sogenannte Gefahrenzonenpläne ausgearbeitet. Wenn man weiß, wo genau Naturgefahren drohen, kann das bei der Planung von neuen Siedlungen berücksichtigt werden. Es werden Zonen mit größerem und geringerem Risiko dargestellt, in denen unterschiedlich strenge Bauvorschriften gelten. In roten Gefahrenzonen etwa gilt striktes Bauverbot.

Ischgl: Gefahrenzonenplan
Foto: Ischgl
Gefahrenzonenplan der Gemeinde Ischgl in Tirol

Wo werden Schutzbauten erstellt?

Schutzbauten werden dort erstellt, wo die beste Wirkung mit dem geringsten bautechnischen Aufwand erzielt wird.

Man unterscheidet drei Bereiche:

  1. Das Entstehungsgebiet (wo die Naturgefahr entsteht)
  2. Das Transitgebiet (wo die Naturgefahr verläuft)
  3. Das Ablagerungsgebiet (wo die Naturgefahr ausläuft)

Im Entstehungsgebiet werden Verbauungen vorgenommen, die das Entstehen einer Naturgefahr verhindern.

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Eine Verbauung im Transitgebiet lenkt Steine oder Lawinen in unbesiedeltes Gebiet ab.

Im Ablagerungsgebiet verhindern Verbauungen, dass Häuser und Verkehrswege direkt durch Naturgefahren betroffen werden.

Formen von Lawinen

Staublawinen entstehen, wenn große Schneemassen beim Abrollen auf einem steilen Gelände viel Schnee mitnehmen und aufwirbeln, sodass ein Schnee-Luft-Gemisch entsteht. Sie können eine Geschwindigkeit von über 300 km/h erreichen und werden von großen Luftdruckschwankungen begleitet. Diese Druckwelle verursacht Zerstörungen, die einem Wirbelsturm gleichen. Sowohl Schneebrettlawinen als auch Lockerschneelawinen können sich zu Staublawinen entwickeln.

Staublawine
Foto: Lawinenwarndienst Tirol
Staublawine

Lockerschneelawinen sind gekennzeichnet durch einen punktförmigen Anriss und gewinnen aufgrund einer Kettenreaktion an Volumen. Sie kommen vor allem bei nicht verfestigtem Schnee und einer höheren Hangneigung (40°-60°) vor.

Lockerschneelawine
Foto: CC-BY-SA 3.0 Coronium
Lockerschneelawine

Schneebrettlawinen beginnen mit einem quer zum Hang verlaufenden, linienförmigen Anriss. Breite Schichten einer Schneedecke rutschen auf einer Gleitschicht zunächst zusammenhängend wie ein Brett ab, zerfallen im Verlauf in kleinere Teile und schieben sich im Auslauf übereinander. Schneebrettlawinen treten bei Hangneigungen zwischen 30° und 50° auf. Häufig werden diese Lawinen von Menschen ausgelöst, die sich im freien Gelände bewegen.

Schneebrettlawine
Foto: J. Rocco/SLF Schweiz
Schneebrettlawine

Verbauungen im Entstehungsgebiet

Wo Gelände und Klima es zulassen, ist Aufforsten die beste Schutzmaßnahme im Entstehungsgebiet. Denn: Der Wald ist eine natürliche Schutzvorrichtung gegen Naturgefahren. In steilen Bergflanken stabilisieren Schneerechen und Schneebrücken aus Stahl die Schneedecke. Diese im Boden verankerten Konstruktionen aus Stahlprofilen verhindern, dass der Schnee abgleitet und damit Lawinen auslösen kann. In windausgesetzten Lagen verhindern Verwehungsschutznetze aus Drahtseilen gefährliche Schneeaufschichtungen.

Ablenk-Verbauungen

Ist die Lawine schon in Bewegung, gilt es ihren Lauf zu bremsen oder umzuleiten. Der Lauf der Lawine kann mit Höckern und Spaltkeilen aus Erdaufschüttung oder Beton gebremst werden. Gebäude im Gefahrenbereich werden oft mit Ablenkdämmen aus Erde, Naturstein oder Beton geschützt. Schutzgalerien sind zum häufigsten Ablenk-Bauwerk für Eisenbahnen und Straßen geworden, Auffangdämme wiederum schützen Siedlungen im Auslaufgebiet einer Lawine.

Schutzgalerie
Foto: Provinz Bozen/Agentur für Bevölkerungsschutz/Wasserschutzbauten
Schutzgalerie

Tipp

Viele weitere Informationen rund um das Thema findet ihr im Buch „Technik in den Alpen“ von Elfi Fritsche, Johanna Putzer und Josef Putzer, erschienen 2016 im Folio Verlag.

Folio: Technik in den Alpen
Foto: Folio Verlag
Cover: Technik in den Alpen (Folio Verlag)

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