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Die Naturfreunde präsentieren

Klettern rund ums Wiesberghaus

6. Oktober 2022
4 Min. Lesezeit

Das Wiesberghaus der Naturfreunde Oberösterreich am Dachstein ist das ganze Jahr über ein perfekter Ausgangspunkt für Bergtouren. Auch alle, die gerne klettern gehen oder klettern lernen wollen, kommen hier voll auf ihre Kosten.

Text: Martin Edlinger, Bergsportabteilung der Naturfreunde Österreich

Das Wiesberghaus am Dachstein
Foto: List Winder
Das Wiesberghaus am Dachstein
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Beim Thema Dachstein und Klettern fällt alpinhistorisch Interessierten wahrscheinlich sogleich der „Steinerweg“ ein. Jene Route, welche die Brüder Franz und Georg „Irg“ Steiner im Jahr 1909 durch die Dachstein-Südwand fanden und als Erste durchstiegen. Mit rund 800 Metern gehört die Südwand zu den imposantesten Wänden, und der Steinerweg gilt als eine der bekanntesten und begehrtesten Touren der Ostalpen.

Der Steinerweg

Das Gebirge rund um den 2.995 m Hohen Dachstein im oberösterreichisch-steirischen Grenzgebiet genießt in der Kletter-Community aber nicht nur aus historischen Gründen einen guten Ruf. „Charakter“, „Vielfalt“ und „Schönheit“ sagt man ihm nach.

„Das Dachsteingebiet bietet auch viele spannende Gegensätze“, meint Timo Moser, Bergführer, Kletterer und Ausbildner der Naturfreunde für Alpinklettern und Hochtouren. „Am Fuß des Dachsteins gibt es beispielsweise große Gewässer wie den Hallstätter See oder tosende Bäche im Echerntal. Im Kontrast dazu steht die absolute Wasserlosigkeit oben auf dem Karstplateau, wo jeder Regentropfen sofort im Boden versickert und seinen Weg in den Gosausee oder den Hallstätter See sucht.“

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Interessante Gegensätze findet man auch in puncto Einsamkeit, Exposition der Wände, Absicherung oder Gesteinsqualität. „Kurzum: Der Dachstein bietet eine Fülle von Möglichkeiten und reichlich Abwechslung – je nachdem, wohin man sich wendet“, weiß der 35-Jährige, der im nördlichen Dachsteingebiet etliche Kletterrouten saniert hat.

Der Dachstein im Portrait

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  • Sechs Kilometer nördlich des Dachsteingipfels steht auf der Wiesberghöhe (1884 m) das Wiesberghaus der Naturfreunde, das bereits 1927 eröffnet wurde. Dank umfassender Renovierungsarbeiten der Naturfreunde Lenzing ist es heute eine der komfortabelsten und schönsten Hütten in der Region. Das Wiesberghaus dient nicht nur als wichtiges alpines Ausbildungszentrum der Naturfreunde, sondern auch als Ausgangspunkt für Berg- und Klettertouren mit kurzem Zustieg.

    150 Kletterrouten im Umkreis von einer Stunde

    Vom Wiesberghaus haben Kletterinnen und Kletterer eine große Auswahl: Etwa 50 Routen sind von der Hütte aus in 30 Gehminuten und bis zu 150 Kletterrouten in einer Stunde erreichbar. Der nächste Klettergarten ist nur zehn Gehminuten vom „Stützpunkt“ entfernt. Die Qualität des Kletterangebots beschreibt Timo Moser so: „Einerseits ist es ein zum Lernen und damit auch für Kurse ideales Gelände - mit Blöcken und geneigten Platten zur Trittschulung, mit kompakten und nahezu steinschlagsicheren Klettergärten. Im nahen Umfeld finden sich auch sehr gut abgesicherte alpine Mehrseillängentouren im mittleren Schwierigkeitsgrad, die so beschaffen sind, wie es dem klassischen Alpinklettern entspricht, und mit einer vielfältigen Felsauswahl von kompakt bis brüchig.“

    Timo Moser bei der Sanierung einer Route am Ochsenkogel
    Foto: Martin Edlinger
    Timo Moser bei der Sanierung einer Route am Ochsenkogel

    Etliche Routen sind auch zum Einsteigen geeignet. Fortgeschrittene, die bis zum Schwierigkeitsgrad 6 ihr Glück finden, werden ebenfalls sehr gut bedient. Fünf bis zehn Seillängen sind die Regel. Für alle, die es gerne schwieriger mögen, ist das Angebot deutlich dünner. Dennoch: „Auch 8er-Kletterern kann man ein verlängertes Wochenende im Wiesberghaus durchaus empfehlen“, meint der erfahrene Kletterer Timo Moser.

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    Tourentipps vom Experten

    Müsste Timo Moser eine Handvoll Routen möglichst unterschiedlicher Schwierigkeit auswählen, würde der intime Kenner der Region die folgenden empfehlen: „Für Einsteigerinnen und Einsteiger sind der ‚Verbindungsweg‘ und die ‚Schräge Südost‘ eine feine Sache; die letztgenannte ist eine sehr gut eingebohrte und abgesicherte Anfängerroute im 5. Grad. Die Route ‚Wasserrillenpfeiler‘ besticht durch ihren wasserzerfressenen und kompakten Fels, vor allem im unteren Drittel, und bietet knackige Seillängen im 6. Grad.“

    Unter den anspruchsvolleren Mehrseillängenrouten hebt Moser die Routen „Steh auf Männchen“ und „Steinschmeißer“ hervor. Letztere ist mit 7+ bewertet, während „Steh auf Männchen“ noch auf eine endgültige Schwierigkeitsbewertung wartet.

    Das Wiesberghaus mit dem Ochsenkogel im Hintergrund. Links hinten der Gletscher des Dachsteins
    Foto: Martin Edlinger
    Das Wiesberghaus mit dem Ochsenkogel im Hintergrund. Links hinten der Hallstätter Gletscher des Dachsteins

    Seine persönlichen Favoriten verrät Timo Moser auch: „Die Routen auf den Ochsenkogel sind etwas ganz Besonderes. Nach ca. zehn Seillängen, die über senkrechten rauen Kalk führen, steigt man in ein grasbewachsenes Gipfelplateau aus, das zum Verweilen einlädt. Die fantastische Aussicht und der Blick auf den Hallstätter Gletscher begeistern mich jedes Mal aufs Neue.“

    Eine Hütte, wie man sich es wünscht

    Zu einem gelungenen Kletterwochenende gehört freilich auch das richtige Hüttenambiente. Diesbezüglich kann das Wiesberghaus jede Menge bieten. Seit Oktober 2015 schwingt hier Pächterin Renate Kritzinger das Zepter sowie den Kochlöffel in der Küche; sie versorgt ihre Gäste mit leckeren, ausgewogenen Menüs. Zufriedene Gäste, die online ihre Kritik abgegeben haben, wissen ein Loblied darauf zu singen. Sie schätzen das gute Essen, die Freundlichkeit und die Atmosphäre in der Hütte sehr; die Durchschnittsbewertung von 4,6 Sternen (maximal 5) bei 100 Google-Einträgen kann sich sehen lassen.

    Auch Timo Moser kann sich dem Lob nur anschließen: „Die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Hüttenwirtsleute sind für mich ein wichtiger Grund, dass ich mich stets auf das Wiesberghaus freue. Und der blutrote Himmel bei Sonnenuntergang, von der Hüttenterrasse aus zu bewundern, ist ein weiterer Grund dafür.“

    Das Wiesberghaus im Detail

    Das Wiesberghaus liegt im Gemeindegebiet von Hallstatt, in einem touristischen Hotspot. 1884 Meter über dem Meeresspiegel ist davon zum Glück nichts zu bemerken, auch wenn die Hütte in den Sommermonaten ein beliebtes Tagesausflugsziel ist.

    Der Anmarsch zur Hütte ist von der Tropfwand (zum Ausgangspunkt geht es mit dem Taxi) in rund 1h 45 min zu machen: Man geht durch eine schöne Naturlandschaft mit Lärchenwäldern, Almblumen und Zirben. Noch schneller ist man von der Gjaidalmstation nach der Auffahrt mit der Krippensteinseilbahn. Timo Moser bevorzugt den Weg übers Echerntal, der zwar länger ist und deutlich mehr Höhenmeter überwindet, aber dafür mehr Naturerlebnis bietet. Expertentipp: „Den Rucksack kann man mit der Materialseilbahn raufschicken, dann geht es sich leichter.“

    Damit man die besten Kletterrouten rund ums Wiesberghaus auch gut findet, arbeitet ein Team der Naturfreunde rund um Timo Moser zurzeit an einem Kletterführer über die Region Dachstein Nord. Bis dahin holt man sich alle Kletterinfos bei Renate Kritzinger und ihrem Team vor Ort.

    Zustieg zur Hütte

    Alpines Ausbildungszentrum der Naturfreunde

    In der Naturfreunde-Akademie werden jährlich über 9.000 Funktionärinnen und Funktionäre aus- und fortgebildet – viele davon auch im Alpinen Ausbildungszentrum Wiesberghaus. Das Haus und die Umgebung sind für alpine Sicherheitsausbildungen im Sommer wie im Winter ideal: Es gibt einen Seminarraum, ein Klettergarten ist in nur zehn Gehminuten entfernt, sanierte Mehrseillängentouren und Abseilpisten sind ebenso in der Nähe wie Klettersteige. Auch für Gletschertouren sowie für Firn- und Eistrainings ist das Wiesberghaus ein sehr guter Ausgangspunkt.

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