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Klettersteigbauer

Heli Putz: „Ich sehe wie viel Spaß die Leute haben“

• 14. August 2017
4 Min. Lesezeit
von Martin Foszczynski

Mitte der 1980er Jahre hat der oberösterreichische Bergführer Heli Putz begonnen, am Dachstein versicherte Routen zu legen – mittlerweile  hat er über 40 Klettersteige gebaut. Uns erzählt er, wie die Errichtung eines Klettersteigs abläuft und wie er als Pionier den derzeitigen „Klettersteig-Boom“ wahrnimmt.

Event-Tipp: Bergwelten lädt am 10. – 12. August 2018 zum Familien-Klettersteig-Schnuppern am Hochkar. Mit dabei ist auch Heli Putz, der die dortigen Steige gebaut hat!

Klettersteigbauer Heli Putz
Foto: Günther Göberl
Bergführer und Klettersteig-Pionier Heli Putz
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Bergwelten: Herr Putz, Sie haben in Ihrem Leben über 40 Klettersteige gebaut – wie kam es dazu?

Heli Putz: Ich habe als Bergführer viele Grundkurse am Dachstein geleitet, auch am Westgrad, der ja schon seit über hundert Jahren durch Friedrich Simony versichert ist und als ältester Klettersteig der Ostalpen gilt. An dieser Route erkannten wir welchen Spaß die Teilnehmer dabei hatten zwar selbständig, aber doch betreut zu klettern. Da es zu der Zeit – circa 1984 – noch keine Klettersteig-Sets gab, haben wir die Sicherungen aus kurzen Seilen gebastelt. Als nächsten Schritt begannen Toni Rosifka und ich rund um die Simonyhütte weitere kurze, aber vom Schwierigkeitsgrad sehr unterschiedliche Routen zu legen. Die Materialien zum Befestigen entwickelten wir aus der Not heraus gemeinsam mit einem Schlosser aus Bad Goisern – die haben sich bis heute kaum verändert.

Wenn Sie an die Anfänge zurückdenken – was hat sich am Klettersteiggehen mittlerweile geändert?

Das Klettersteiggehen hat sich als eigene Bersport-Disziplin entwickelt und etabliert. Noch bis etwa 2008 war man mit dem Thema in der Szene nicht glaubwürdig, mittlerweile haben viele Bergführer-Kollegen, die früher „richtiges Bergsteigen“ betreiben wollten, ihre Webseiten mit Klettersteigangeboten gefüllt.

Wie kann man sich die Planung und den Bau eines Klettersteigs vorstellen? Was sind die größten Herausforderungen dabei?

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Das ist rein vom Bauen her gar nicht so eine Riesen-Geschichte. Die großen Herausforderungen sind bürokratischer Natur: Bewilligung durch Behörden, Gespräche mit dem Grundeigentümer, Naturschutzauflagen etc. Ansuchen dauern in Österreich bis zu drei Jahren und kosten manchmal das Dreifache der eigentlichen Umsetzung, die nur ein paar Tage in Anspruch nimmt. Der Bau selbst setzt Gefühl für den Berg voraus, aber jeder, der etwas Erfahrung mit der Vertikale und Bauarbeit hat wird das schaffen. Wichtig ist es aus meiner Sicht, durch den Bau eines Klettersteigs keine andere Bergsteiger-Gruppe zu verdrängen. Wenn ein Klettersteig gebaut wird wo bisher Alpinisten über einen Grat kletterten, die den Berg „clean“ haben möchten, ist die Anlage kein Gewinn. Auch dort nicht, wo auf Eingriffe durch den Menschen verzichtet und die Natur sich selbst überlassen werden sollte. Es muss sehr gut überlegt und die Route sorgfältig gewählt werden bevor gebohrt wird. „Übererschließung“ ist keine gute Entwicklung. Ganz ehrlich: Auch ich habe schon Klettersteige, die ich gebaut habe, später bereut und einen sogar wieder demontiert.

Wie lange dauert denn so ein Klettersteigbau? Wie viele Leute sind involviert und wie sehen die konkreten Arbeitsschritte aus?

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In meinem Team arbeite ich mit maximal vier Leuten an einem Klettersteig. Zuerst verlege ich die Arbeitsseile, dann hole ich die große Bohrmaschine und Stromerzeuger, damit ich Löcher mit 32 Millimeter Durchmesser 25 cm tief bohren kann. Hinter mir transportiert Sebastian das Material, das von Rob einbetoniert wird. Nick ist der Schlussmann und klemmt die Stahlseile fest.

Wer legt eigentlich den Schwierigkeitsgrad fest?

Den Schwierigkeitsgrad bestimme ich selber. Jeder Steig ist in jedem Schwierigkeitsgrad machbar – bis hin zur einfachen „Stiege“. Die Frage ist immer: Was macht Sinn in dieser bestimmten Wand? In Bad Ischl in Oberösterreich habe ich einen Familien-Klettersteig für Kids ab 10 Jahren gebaut, denn das sind die typischen Gäste an diesem Ort. Am Krippenstein wiederum habe ich drei unterschiedliche Routen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden angelegt, da dort Klettersteiggeher aller Könnerstufen unterwegs sind. Am Mahdlgupf am Attersee wollte ich etwas Schwierigeres realisieren als den Drachenwand-Klettersteig, denn die Wände liegen nah beieinander. In Hallstatt wiederum ist ein Klettersteig mit vielen Highlights entstanden. Zwar kurz und einfach, aber psychisch eine Herausforderung.

Heli Putz bohrt am Krippenstein, hoch über dem Hallstätter See, Ankerpunkte für das Sicherungsseil

Gibt es für Sie auch negative Seiten des Klettersteig-Booms?

Gelegentlich schüttle ich schon den Kopf, wenn ich beobachte wie manche „Klettersteigkletterer“ unterwegs sind. Viele überschätzen sich, sind total overdressed oder haben überhaupt nichts an Ausrüstung mit. Was mir auch auffällt: Es wird viel zu spät eingestiegen, oft in der prallen Sonne. Frühe Starts um 3 oder 4 Uhr früh sieht man kaum noch. Womöglich wird dann auch noch die Flugrettung gerufen wegen Übermüdung... Doch dann sehe ich auch wieder wie viel Spaß die Leute am Klettersteiggehen haben und dass manche durch diese „Einstiegsdroge“ zum Bergsteigen kommen. Und es macht mich stolz, dass ich dazu einen kleinen Beitrag leisten konnte.

Was macht für Sie persönlich die Faszination Klettersteig aus?

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Eben zu sehen, wie dadurch Kinder zum Bergsteigen finden und wie ältere Leute sich auf diese Art fit halten. Aber auch der wirtschaftliche Aspekt ist für mich etwas sehr Positives. Einige Seilbahnen und Hütten hätten schon geschlossen werden müssen, wäre diese Bergdisziplin nicht rechtzeitig aufgekommen.

Sie werden am 15. – 17. September beim Bergwelten Familien-Klettersteig-Schnuppern am Hochkar in Niederösterreich dabei sein und kleine bzw. größere Kletterer begleiten. Die dortigen Klettersteige „Heli Kraft“ und „Bergmandl“ haben Sie ja auch selbst gebaut. Sind sie für Kinder geeignet?

Ja, der „Bergmandl“-Steig ist ein Kinder-Klettersteig und speziell für Kinder und Jugendliche konzipiert. Er führt seitlich entlang der Sesselliftanlage „Leckerplan“ über drei Felspartien hinauf zum Bergsee. Seile und einfache Steighilfen sorgen für ein sicheres Klettererlebnis. Der Steig ist übrigens ganz neu und wird bei der Veranstaltung feierlich eröffnet.

Was können die Teilnehmer des Klettersteig-Schnupperns noch erwarten?

Das Event wird ein rundum dem Klettersport gewidmetes Wochenende. Es ist für jeden etwas dabei: Vom Anfänger über Kinder und Jugendliche bis hin zu älterem Publikum. Es wird lockere, informative Vorträge ebenso geben wie intensive Kletter- und Boulder-Kurse, durchgeführt von den Bergführern, die auch die Steige angelegt haben. Und eine große Grillerei fehlt natürlich auch nicht.

Vielen Dank für das Interview!

Klettersteig Hochkar
Foto: Alex Kaiser
Klettersteig am Hochkar

Veranstaltungs-Tipp: Klettersteig-Schnuppern am Hochkar (10.-12. August 2018)

Details und genaues Programm:

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