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Abenteuer Hüttenleben

Bergberuf: Wie wird man Hüttenwirt/in?

• 10. April 2022
5 Min. Lesezeit
von Peter Plattner

Dass der „Traumjob Hüttenwirt/in“ mehr ist, als Schmähführen, kochen und ein bisschen wandern, ist den meisten wohl bewusst. Was alles dahintersteckt, wissen aber viele dennoch nicht. Wir stellen den Beruf genauer vor.

Abenteuer Hüttenleben

Du träumst schon lange davon, den Alltag im Tal hinter dir zu lassen und dein Arbeitsleben auf den Berg zu verlagern um dort eine Hütte zu bewirtschaften? Deine Chance ist jetzt mit „Bergwelten Abenteuer Hüttenleben“ präsentiert von Edelweiss alkoholfrei gekommen! Die Steinseehütte in Landeck in Tirol sucht einen neuen Pächter oder eine neue Pächterin!

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  • Wo arbeitet ein Hüttenwirt?

    Auf Hütten – wo sonst? Ganz so einfach ist es aber nicht, denn Hütte ist nicht gleich Hütte. Das gilt sowohl für die Anforderungen als auch für die Gäste – es besteht ein großer Unterschied zwischen Ski-, Alm und Schutzhütte. Und auch hier muss wieder berücksichtigt werden, ob die Hütte abgelegen liegt, ob sie über eine Straße, mit einer Materialbahn, nur zu Fuß oder per Helikopter erreichbar ist. Weiters: ob sie ganzjährig oder nur in den Sommermonaten geöffnet hat.

    Enrico „Heini“ Demetz von der Toni-Demetz-Hütte in den Dolomiten
    Foto: argonaut.pro
    Enrico „Heini“ Demetz von der Toni-Demetz-Hütte (2.685 m) in den Dolomiten im Gespräch mit zwei Bergführern.

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    Daraus können sich dann je nach Land auch verschiedene rechtliche Auflagen beziehungsweise Voraussetzungen ergeben, die der Hüttenwirt mitbringen muss. So ist in Österreich eine entsprechende gastgewerbliche Konzession nur erforderlich, wenn die Hütte über eine öffentliche Straße erreichbar ist, ansonsten reicht ein quasi für jeden erhältliches freies Gewerbe aus.

    Hüttenwirte arbeiten also sowohl auf der Ausflugsalm mit Streichelzoo direkt neben einem großen Parkplatz als auch auf dem wetterexponierten Adlernest oberhalb des Gletschers auf knapp 4.000 m. Dabei gehören die Hütten nur in Ausnahmefällen den Hüttenwirten, meistens sind sie von Vereinssektionen, Agrargemeinschaften oder Gemeinden gepachtet.

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    Finsteraarhornhütte im Berner Oberland
    Foto: argonaut.pro
    Hochalpine Hütten wie die Finsteraarhornhütte/Berner Oberland/3.048 m (rechts über dem Gletscher), die nur über lange Gletscherzustiege erreichbar sind, stellen die Hüttenleute vor besondere Herausforderungen.

    Was ist ein Hüttenwirt?

    Zuallererst ein Mensch – auch wenn das einige Gäste manchmal zu vergessen scheinen. Je nach Hütte ändert sich das Anforderungsprofil und die Aufgaben, die er erfüllen muss. Ähnelt seine Tätigkeit in talnahen, gut erreichbaren Hütten der eines Gastwirts, sind mit steigender Abgeschieden- und Exponiertheit weitere Fähigkeiten gefordert, um den Hüttenbetrieb am Laufen zu halten.

    Was macht ein Hüttenwirt?

    Ein klares allgemeingültiges Anforderungsprofil gibt es nicht, je nach Hütte können folgende Fähigkeiten erforderlich sein:

    • Er muss ein guter Gastgeber sein, denn sonst werden die Gäste rasch ausbleiben und auf andere Hütten ausweichen.
    • Er muss flexibler Organisator sein, um den Hüttenbetrieb unter allen plan- und nicht planbaren Umständen zu gewährleisten.
    • Er sollte kreativer Koch sein, um die Gäste mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zufriedenzustellen. Auf einer Hütte ist es ähnlich wie auf einem Schiff: Passt das Essen nicht, dann ist die Meuterei vorprogrammiert.
    • Er muss offener Kommunikator sein, vor allem gegenüber des Verpächters, seiner Gäste, Mitarbeiter und den professionellen Partnern – vom Bierlieferanten über die Behörden bis hin zu den Bergführern.
    • Er sollte geschickter Handwerker sein, denn von der Haustechnik bis zum Kleinklärwerk müssen Probleme oft schnell und ohne externe Hilfe behoben werden.
    • Er sollte erfahrener Bergsteiger oder gar Bergführer sein, um Auskunft über die Verhältnisse des Hüttenzustiegs und der Touren geben zu können. Vor allem aber um sie und ihr Tun zu verstehen.
    Christoph Eder vom Taschachhaus im Pitztal
    Foto: argonaut.pro
    Neben dem Hüttenbetrieb muss am Taschachhaus das Be- und Entladen der Materialseilbahn von Hüttenwirt Christoph Eder organisiert werden.
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    Was macht ein Hüttenwirt nicht?

    Die Ruhe und Abgeschiedenheit der Bergwelt genießen und seine Memoiren schreiben, wenn er nicht gerade den vorbeiziehenden Wolken zusieht oder selber bergsteigen geht.

    Wie wird man Hüttenwirt?

    Ist man nicht zufällig Hüttenbesitzer oder stammt aus einer Hüttenfamilien-Dynastie und „übernimmt“ die Bewirtschaftung, dann meldet man sich auf eine Ausschreibung – zum Beispiel von alpinen Vereinen (Sektionen) – oder schreibt eine Blindbewerbung an den jeweiligen Hauptverein. Es gibt weder eine formale, vorgeschriebene Ausbildung noch eine Lehre zum Hüttenwirt. Es werden aber unter anderem von den alpinen Vereinen entsprechende Fortbildungen, teilweise auch länderübergreifend, angeboten: von der Öffentlichkeitsarbeit über Betriebswirtschaft bis hin zur Umwelttechnik. Umfassende Erfahrung im Gastgewerbe, insbesondere in der Küche, ist jedenfalls von Vorteil.

    Am besten kann natürlich ein Hüttenwirt selbst sein Berufsbild schildern – darum haben wir bei Bernhard Schlechter von der Höttinger Alm ein bisschen nachgefragt.

    Bergwelten: Wo arbeitest du als Hüttenwirt?

    Bernhard Schlechter: Auf der Höttinger Alm auf 1.500 m, einer Almwirtschaft die 1441 erstmals erwähnt wurde. Sie ist sowohl über einen Wander- als auch über einen Forstweg erreichbar und ein beliebtes Ausflugsziel für Mountainbiker und Wanderer. Wir haben 21 Übernachtungsplätze und haben von circa Mitte April bis Ende November geöffnet. Seit inzwischen 17 Jahren habe ich die Höttinger Alm von der Stadt Innsbruck gepachtet und beschäftige drei fest angestellte Mitarbeiter und zusätzlich noch Aushilfen.

    Hüttenwirt Bernhard Schlechter von der Höttinger Alm
    Foto: Archiv Höttinger Alm/Schlechter
    Hüttenwirt Bernhard Schlechter mit seinem Arbeitsrad auf Erkundungstour oberhalb der Höttinger Alm (1.487 m).
    Hüttenwirtin Barbara Klingseis im Taschachhaus im Pitztal
    Foto: argonaut.pro
    Nicht nur das Essen schmeckt im Ausbildungsstützpunkt Taschachhaus (2.434 m) im Pitztal, Hüttenwirtin Barbara Klingseis kümmert sich darum auch noch persönlich.

    Wie sieht dein Berufsprofil aus?

    Ich bin Mädchen für alles! Vom verstopften Pissoir über den Ausfall der Wasserzufuhr, weil die Quellfassung vermurt ist, bis zur psychologischen Betreuung der Gäste. Die Anforderungen sind breit gestreut. Handwerker, Manager, Beichtvater – alles ist gefragt! Am wichtigsten ist es zuzuhören und ein Gefühl der Wertschätzung vermitteln zu können.

    Hüttenwirt Bernhard Schlechter vom Taschachhaus und Kipa Sherpa
    Foto: Archiv Höttinger Alm/Schlechter
    Vielseitigkeit ist gefragt: Hüttenwirt Bernhard Schlechter von der Höttinger Alm und sein Mitarbeiter Kipa Sherpa beim Brennholzmachen.

    Die Höttinger Alm im Detail:

    Wie bist du Hüttenwirt geworden?

    Durch eine anfangs nicht ganz ernst gemeinte Bewerbung aufgrund einer Wette. Letztendlich habe ich 1.000 Schilling verloren und eine Hütttenpacht gewonnen. Obwohl eigentlich alles gegen mich gesprochen hat: kein Gastronom, kein Landwirt, kein Tiroler, keine Beziehungen. Genommen wurde ich, weil den Einheimischen die Pacht zu hoch war und sich von den über 100 Interessenten dann nur eine Handvoll beworben hat. Übrig geblieben bin ich, weil ich vermutlich durch meine Skischule als redlicher Geschäftsmann herübergekommen bin. Der Anfang war hart, so hatten wir im ersten Jahr keinen Strom und weil bei uns auch eine Almfläche dabei ist, die einen Rasenmäher benötigt: sprich Tiere zum Abgrasen, war ich dankbar für die Unterstützung des Forstamts.

    Schottische Hochlandrinder auf der Höttinger Alm
    Foto: Archiv Höttinger Alm/Schlechter
    Nach einem Wintereinbruch im September gilt es sich um die schottischen Hochlandrinder der Höttinger Alm zu kümmern.

    Haben sich deine Gäste in den letzten Jahren verändert?

    Früher haben sie analog getwittert, also miteinander geratscht, heute sitzen immer öfters fünf Gäste an einem Tisch auf der Terrasse und beschäftigen sich mit ihren Handys. Wir waren ja von Anfang an ein beliebtes Ziel für Biker. Hier hat der Frauenanteil deutlich zugenommen und auch der Altersquerschnitt ist breiter geworden. Das entspricht dem allgemeinen Zeitgeist: Der Berg wird wieder entdeckt – und davon profitieren natürlich die Hütten.

    Was verdient ein Hüttenwirt?

    Je nach Lage der Hütte, Frequenz, Pachtvertrag, Engagement, unternehmerischem Geschick, Unterstützung durch den Besitzer und Wetterglück unterschiedlich viel oder wenig. Von einer kurzen Sommersaison im Hochgebirge kann man jedenfalls nicht das ganze Jahr lang leben.

    Und was ist mit Hüttenwirtinnen?

    Was soll mit ihnen sein? Die gibt es natürlich, auch erfolgreich als „alleinige“ Hüttenwirtin, aber genauso als Teil eines Hüttenpaars. Tatsächlich ist sie oft der „gute Geist“.

    Wie kann man dich nerven?

    Mit dummen Fragen, die man nicht stellen müsste, wenn man fünf Sekunden lang selbst nachdenken würde.

    Weitere Informationen unter: Alpenverein – Hüttenwirt werden

    In der Schweiz spricht man übrigens von Hüttenwarten/innen. Diese sind – anders als auf den restlichen Alpenhütten – oft auch keine Pächter, sondern Angestellte. Weitere Informationen dazu: SAC – Hüttenwartskurs

    Mit „Abenteuer Hüttenleben“ begleiten wir die neuen Wirtsleute der Steinseehütte in Landeck in Tirol durch ihre erste Saison. Hier halten wir euch auf dem Laufenden:

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