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Mystische Gipfel

Wo die Götter wohnen: 6 Heilige Berge

• 30. September 2021
4 Min. Lesezeit

Sie sind so alt wie die ersten Menschen. Und sie sind überall. Vom Kailash in Tibet bis zum Gamskogel in Tirol – ein Streifzug durch die Götterberge dieser Welt.

1. Kailash in Tibet – Der Heiligste aller Heiligen

Kailash in Tibet
Foto: Roland Vorlaufer
Kailash in Tibet
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Der Gipfel des Kailash im Westen des Transhimalaya wurde noch nie bestiegen, nicht einmal von Reinhold Messner. „Nur wer frei von jeglicher Sünde ist, könnte das schaffen“, heißt es in Tibet. Alles andere käme einer Gotteslästerung gleich. Das gilt nicht nur für Buddhisten: Vier Religionen handeln den Kailash als heiligsten Berg. Hindus glauben, dass auf seinem Gipfel Gott Shiva, der Zerstörer aller Illusionen, residiert.

  • Höhe: 6.638 m
  • Lage: Tibet (Volksrepublik China)
  • Gebirge: Gangdisê im Transhimalaya
  • Status: Heiliger Berg der Hindus, Buddhisten, Jainisten und der präbuddhistischen Bön. Im 12. Jahrhundert sollen sich der buddhistische Yogi Milarepa und der Bön-Meister Naro ein Wettsteigen zum Gipfel geliefert haben.
  • Ritual: Wahre Gottesanbeter geben sich das 52-km-Trekking durch permanentes Ausmessen mit ihrer Körperlänge.
  • Tourismus: Flug nach Neu-Delhi oder Lhasa, Weiterflug nach Ngari-Günsa, dann Bus. Der Trek sollte zu Fuß, kann aber auch per Pony in Angriff genommen werden.
  • Du sollst nur einen Tag brauchen, um den Kailash zu umrunden.
  • Du sollst nicht versuchen, den Gipfel zu erklimmen.
  • Inspiration: Erleuchtung, so die Wesen des Himmels gnädig gestimmt sind.

2. Fuji in Japan – Die ehrenwerte Feuergöttin

Fuji in Japan
Foto: Roland Vorlaufer
Fuji in Japan

Ein weiser Mensch, besagt ein japanisches Sprichwort, klettert einmal in seinem Leben auf den Fuji. Aber nur ein Narr versucht es ein zweites Mal. Alljährlich in den Sommermonaten versuchen es bis zu 300.000 Wanderer. Der 100 Kilometer südwestlich von Tokio gelegene Fuji ist nicht nur der heiligste Berg Japans, sondern auch ein aktiver Vulkan, auch wenn es 300 Jahre her ist seitdem er zuletzt Feuer spie. Seinen Namen verdankt er der buddhistischen Feuergöttin Fuchi, der zu Ehren am Gipfel ein Schrein gebaut wurde.

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  • Höhe: 3.776 m
  • Lage: Insel Honshu, Japan
  • Gebirge: Stratovulkan
  • Status: Heiliger Berg der Shintoisten und der Buddhisten – ein anonymer Mönch soll ihn im Jahr 663 als Erster bestiegen haben.
  • Ritual: Nachtbesteigung, um morgens am Gipfel den Sonnenaufgang zu begrüßen.
  • Tourismus: von vielen Hotels werden Tagestrip per Bus mit Rückkehr per Bullet Train Shinkansen arrangiert.
  • Du sollst einmal im Leben den Fuji-san besteigen.
  • Du sollst nicht am Fuji-san einen Selbstmordversuch unternehmen.
  • Inspiration: Der Fuji erlaubt geistige Verbindung mit deinen Ahnen.

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3. Kilimandscharo in Tansania – Schnee zum Fürchten

Kilimandscharo in Tansania
Foto: Roland Vorlaufer
Kilimandscharo in Tansania

Erst im 19. Jahrhundert fiel einem Europäer auf, dass in Afrika tatsächlich auch Schnee liegt, nämlich am Kilimandscharo in Tansania. Kein Wunder, ist der mächtige Stratovulkan mit drei Kegeln doch beinahe ein Sechstausender. Nicht ganz so leicht zu erklären ist seine Legendenbildung: Im Volk der Chagga erzählt man sich, dass ein Mann namens Tone einst am Kilimandscharo den Furcht-Gott Ruwa provozierte, worauf dieser eine Hungersnot über das Land brachte. Auch eine heilige Kuh namens Rayli bewohnt den Berg, deren Drüsen wundersames Fett absondern. Zu langsam sollte man beim Versuch, sie zu stehlen, nicht sein – sonst verlässt man nie wieder den Berg.

Der Kilimandscharo ist von der globalen Erwärmung besonders betroffen, in den vergangenen 100 Jahren schmolzen 85 Prozent der Eisdecke.

  • Höhe: 5.895 m
  • Lage: Tansania, Ostafrika
  • Gebirge: Stratovulkan mit drei Kegeln
  • Status: heiliger Lebensraum von mehreren Göttern, die es nicht zu verärgern gilt.
  • Ritual: Suche nach der heiligen Kuh.
  • Tourismus: Der Deutsche Alpenverein organisiert regelmäßig Touren. Das beliebte Trekking am Berg dauert fünf bis sieben Tage.
  • Du sollst keine Götter ärgern.
  • Du sollst nicht den Geldof-Song „Do They Know It’s Christmas?“ singen („… there won’t be snow in Africa …“).
  • Inspiration: der Endorphinrausch nach dem höllisch anstrengenden Trekking.

4. Uluru in Australien – Der Berg der Ahnen

Uluru in Australien
Foto: Roland Vorlaufer
Uluru in Australien

Die Anangu, deren heiligste Stätte der Uluru ist, nehmen das Wort „heilig“ ausgesprochen ernst – Touristen werden über viele Tabus aufgeklärt: Wer Uluru-Gestein mit nach Hause nimmt, kann mit den Auswirkungen eines Fluches rechnen. Vor dem Fotografieren wird ebenfalls gewarnt, damit sich nicht der Geist eines Ahnen in den Pixeln verfängt. Es wurde immer schon gebeten den Uluru nicht zu besteigen, seit Oktober 2019 ist es offiziell verboten.

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Wem der Uluru eher als Ayers Rock geläufig ist, hat das dem australischen Entdecker William Gosse zu verdanken, der die Sandsteinformation 1873 erstmals erblickte und nach dem australischen Politiker Sir Henry Ayers benannte – seit 1993 wird der Name der Ureinwohner jenem der Einwanderer gleichgestellt.

  • Höhe: 863 m
  • Lage: Northern Territory, Australien
  • Gebirge: Inselberg aus Sandstein
  • Status: heiliger Lebensraum der Ahnen der Anangu, Schöpferstein der Welt.
  • Ritual: Dreamtime-Trekking.
  • Tourismus: Das Touristencamp Yulara ist 18 km vom Uluru entfernt, der Connellan Airport liegt gleich daneben und ist von Sydney aus anzufliegen.
  • Du sollst den Ayers Rock Uluru nennen.
  • Du sollst nicht den Uluru besteigen.
  • Inspiration: Sonnenaufgang und Sonnenuntergang beleben die Sinne.

5. Mount Shasta in Kalifornien – Kraftort seit jeher

Mount Shasta in Kalifornien
Foto: Roland Vorlaufer
Mount Shasta in Kalifornien

Die Ureinwohner Nordamerikas wissen es besser: Zuerst schuf Gott – alias „der Große Geist“ – den Mount Shasta, dann den Rest der Welt. Der Stratovulkan ist mit einer Höhe von 4.322 Metern der fünfthöchste Berg Kaliforniens. Seine Umgebung war vermutlich schon vor 7.000 Jahren besiedelt. Die Ureinwohner gingen von übernatürlichen Kräften aus und wollten die Natur nicht gestört wissen – worum sich die europäischen Goldgräber natürlich wenig scherten. Heute hat der Berg eine immense Ausstrahlung auf New Agers und Hobbysportler.

  • Höhe: 4.322 m
  • Lage: Kalifornien, USA
  • Gebirge: Stratovulkan
  • Status: heiliger Lebensraum bewusster Gäste des Planeten.
  • Ritual: meditative Trance.
  • Tourismus: Nichtamerikanische Genusstramper fliegen nach San Francisco und wählen für die 300 Restkilometer den Highway.
  • Du sollst verstehen, dass du nur Gast auf diesem Planeten bist.
  • Du sollst nicht mangelnden Respekt vor der Natur zeigen.
  • Inspiration: meditativer Hitchhike zu den Galaxien.

6. Gamskogel in Tirol – Der Zorn Gottes

Gamskogel in Tirol
Foto: Roland Vorlaufer
Gamskogel in Tirol

Der Gamskogel im Ötztal in Österreich war einmal ein Dreitausender – das behaupten zumindest die britischen Raketenforscher Mark Hempsell und Alan Bond. Gemäß ihrer Computersimulation dürfte ein 3123 vor Christus einfallender Asteroid „den Gipfel des Gamskogels durchschlagen“ und auch den Bergsturz von Köfels provoziert haben, der den Geologen bis heute Kopfzerbrechen bereitet.

Auf Befehl des Herrn? Auch wenn Österreich damit endlich auch einen Götterberg hätte, den der Zorn Gottes immerhin streifte, hoffen – und glauben – wir das nicht.

  • Höhe: 2.813 m
  • Lage: Ötztal, Tirol
  • Gebirge: Stubaier Alpen
  • Status: heiliger Zorn Gottes.
  • Ritual: Computersimulation.
  • Tourismus: Der Hausberg von Längenfeld überrascht mit einer gewaltigen Fernsicht zu den vergletscherten Eisriesen der Ötztaler Alpen und mit den immer wieder herrlichen Blicken auf den darunterliegenden Talkessel bei Längenfeld.
  • Du sollst sonntags nach der Kirche zum Frühschoppen gehen.
  • Du sollst nicht allen Wissenschaftlern glauben.
  • Inspiration: Reinigungsbehelf.

Die Story von Manfred Sax ist im Bergwelten Magazin erschienen.

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In einer Folge unseres Bergwelten-Podcasts stellen wir die große Frage: Woran glaubst du? Die Bergsteigerinnen Gerlinde Kaltenbrunner und Marlies Czerny erzählen von ihrem – auch spirituellem – Verhältnis zu den Bergen. Die Wissenschaftlerin Irene Herzog erzählt von der Heiligkeit der Berge, dem Sitz der Götter und beantwortet die Frage, ob das Bergsteigen eine eigene Religion ist.

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