Vom Können und Dürfen am Berg
Das Können ist des Dürfens Maß: Ein kurzer, knackiger Satz. Aber er ist mehr als nur ein Satz, er ist eine Maxime, die Eintrittskarte in die Berge. Inhaltlich geht er zurück auf den österreichischen Alpinisten Paul Preuß (1886-1913). Wir wollen wissen: Hat er damit recht?

Preuß, der „Philosoph des Freikletterns“, schreibt in seiner Maxime mehr als nur einen Zusammenhang zwischen „Können“ und „Dürfen“ fest. Für ihn fällt am Berg beides zusammen. Anders formuliert: Nur was man garantiert sicher kann, darf man auch durchführen. Man darf, was man kann. Für die Praxis bedeutet das etwa: Klettern darf man, was ohne Risiko eines Falls zu klettern möglich ist. Wo das eigene Können nicht auf felsenfestem Untergrund steht, muss vom geplanten Vorhaben Abstand genommen werden. Falscher Ehrgeiz hat in Preuß' Augen nichts verloren am Berg.
Allerdings ist das eigene Können kein statisch festgeschriebenes Potenzial. Es kann sich verändern – wenn etwa das „Wollen“ ins Spiel kommt. Ein fordernder Berg, von dessen Besteigung man schon lange träumt, wird mehr Kräfte mobilisieren können, als eine nur halbherzig angestrebte Unternehmung. Ja, das Dürfen hängt vom Können ab, das Können aber wiederum hat Potenzial: Es kann sich verändern. Wenn man es zulässt.

Beliebt auf Bergwelten
-
-
-
Zum Nachdenken
Die schönsten Zitate rund ums Bergsteigen
Wer die Berge genauso liebt wie wir, der weiß, dass Worte allein ihnen nicht gerecht werden können. Weil wir aber auch der Meinung sind, dass es gar nicht genug Liebeserklärungen an die felsigen Riesen geben kann, haben wir für euch die schönsten Zitate rund ums Bergsteigen zusammengesucht.
Bekanntermaßen lernt man durch Fehler. Wer nur tut, was er zweifelsfrei kann, verharrt im Stillstand. Das soll nicht heißen, dass waghalsige Unternehmungen und unbedachte Gipfelpläne legitim werden, nur weil sie wirklich gewollt werden. Aber: Wo das eigene „Wollen“ nicht auf die Probe gestellt werden darf, wird die Möglichkeit der Entfaltung, des Über-Sich-Hinauswachsens grob beschnitten.
Paul Preuß' Maxime stimmt – insbesondere, wo sie technisches Können adressiert. Aber: Man muss Fehler machen dürfen, um daraus zu lernen. Am Berg heißt das, dass man auch ins Seil fallen dürfen muss. Der Wille, also das, was uns etwas wirklich wollen lässt – die schweißtreibenden Wanderungen etwa oder Gipfeltouren in Eiseskälte –, er lässt uns auch besser werden. Und: erweitert den moralischen Rahmen dessen, was wir dann auch dürfen, weil wir es können.

Unsere Lieblingszitate von Paul Preuß
- „Mit künstlichen Steighilfen habt ihr die Berge in ein mechanisches Spielzeug umgewandelt.“
- „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister!“
- „Bergtouren, die man unternimmt, soll man nicht gewachsen, sondern überlegen sein.“
- „Das Maß der Schwierigkeiten, die ein Kletterer im Abstieg mit Sicherheit zu überwinden imstande ist (...), muss die oberste Grenze dessen darstellen, was er im Aufstieg begeht.“
- „Zu den höchsten Prinzipien gehört das Prinzip der Sicherheit. Doch nicht die krampfhafte (...) Korrektur eigener Unsicherheit, sondern jene primäre Sicherheit, die (...) in der richtigen Einschätzung seines Könnens zu seinem Wollen beruhen soll.“
-
Berg-Know-How
Himmelszeichen: Wetterkunde fürs Gebirge
Der Sommer bringt uns immer wieder recht durchwachsene Perioden in den Bergen. Sonne und Regen wechseln sich oftmals in rasantem Tempo ab. Umso wichtiger ist ein gutes Basiswissen zu den wichtigsten Wettererscheinungen, um die Zeichen auf Tour richtig deuten zu können. Walter Zörer führt in die Grundlagen ein. -
Interview
Alastair Humphreys: „Geh raus und such das Abenteuer!“
Alastair Humphreys ist ein britischer Abenteurer, Autor und Vortragender. Und er ist ein Experte für epische Expeditionen. Er hat vier Jahre lang mit dem Rad die Welt umrundet, ist über den Atlantik gerudert und zu Fuß quer durch Indien gegangen. Jetzt sucht er das Abenteuer vor seiner Haustüre. -
Seegelboot-Aussteiger
Christian Schiester: „Jede Insel ist auch ein Berg“
Christian Schiester gilt als einer der besten Extremläufer der Welt. Das Wettkampflaufen hat er aber an den Nagel gehängt – und sich stattdessen ein neues Ziel gesetzt: Gemeinsam mit seiner Freundin Daniela will er in 7 Jahren um die Welt segeln und die abgeschiedensten Inseln der Meere zu Fuß erkunden. Von Griechenland zu den Seychellen und weiter. Mit uns sprach er über das Leben als Aussteiger und wo auf der Welt es sich am schönsten laufen lässt.