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Eiger Extreme

Interview: So bereitest du dich auf den Eiger vor!

• 27. März 2018
3 Min. Lesezeit

Wie bereitet man sich auf alpine Großprojekte vor? Am Beispiel der Eiger-Besteigung über den Mittellegigrat geben der Schweizer Profi-Alpinist Stephan Siegrist und Andrin Lingg von der Mammut Alpine School wertvolle Hinweise zu Vorbereitung und Training.

Eiger in der Schweiz: Bergsteiger am Mittellegigrat
Foto: mauritius images / Andy Teasdale / Alamy
Eiger (3.967 m): Bergsteiger am Mittellegigrat
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Im Rahmen unseres „Eiger Extreme“-Projekts haben wir gemeinsam mit Mammut drei Kandidaten für die Besteigung des Eigers über den Mittellegigrat gesucht. Die Tour wird kommenden Sommer in Angriff genommen. Wir haben bereits jetzt mit zwei Experten über Vorbereitung und Herausforderungen einer solchen Tour gesprochen. Andrin Lingg von der Mammut Alpine School und der Schweizer Profi-Alpinist Stephan Siegrist geben hilfreiche Tipps im Interview.

Über unser Eiger Extreme-Projekt:

  • Bergwelten: Wenn man einen Berg wie den Eiger besteigen möchte: Wann sollte man mit der Vorbereitung darauf beginnen?

    Stephan Siegrist: Die Besteigung des Eigers über den Mittellegigrat erfolgt zumeist zwischen Juli und August. Es macht Sinn, drei Monate davor mit einem Grundkonditions-Training zu beginnen. Weiters ist es für die Besteigung hilfreich, bereits auf 4.000 Metern unterwegs zu sein. Ist man schwindelfrei und sowohl in der Seilhandhabung als auch in leichter Kletterei schnell unterwegs, bedarf es darüber hinaus keiner technischen Vorbereitung mehr. Man muss sich aber bewusst sein: Der Mittellegigrat ist eine körperliche und konditionelle Langzeitbelastung.

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    Andrin Lingg: Die Form der Vorbereitung ist natürlich stark abhängig von der persönlichen Verfassung. Auf jeden Fall sollte man frühzeitig mit dem Training beginnen und die Tour nicht unterschätzen.

    Welche Form des Trainings würdet ihr als Vorbereitung empfehlen?

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    Stephan Siegrist: Bergläufe stellen eine gute Vorbereitung dar. Generell gilt: Ausdauerndes, intensives Training ist besser als schnell abgespultes. Länge schlägt Schnelligkeit.

    Andrin Lingg: Laufen und Radfahren halten fit. Darüber hinaus ist aber ein spezifisches Bergtraining wichtig. Es empfehlen sich ausgedehnte Bergtouren in entsprechender Höhenlage. Intervall-Trainingseinheiten – Puls hoch und tief – dürfen sicherlich auch nicht fehlen.

    Stephan Siegrist bei Kishtwar im Himalaya
    Foto: Mammut
    Der Schweizer Profi-Alpinist Stephan Siegrist bei Kishtwar im Himalaya

    Wie oft sollte man in der Woche Sport betreiben, um sich bestmöglich in Form für die Tour zu bringen?

    Stephan Siegrist: Zwei bis drei Mal pro Woche wären optimal. Zu Beginn der Trainingsperiode darf es auch nur ein Mal Sport pro Woche sein, sofern man den Takt danach kontinuierlich steigert.

    Andrin Lingg: Ich kann mich Steph nur anschließen. Die Kontinuierlichkeit des Trainingsplans – und natürlich seine Einhaltung – sind sicherlich entscheidend. Auch was die Einheiten anbelangt, stimme ich zu: Zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche sind ein guter Anfang.

    Gibt es einen groben Richtwert für die jeweilige Länge der einzelnen Trainingseinheiten?

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    Stephan Siegrist: Das Training sollte mindestens eine Stunde lang dauern. Besser wären drei Stunden mit geringerer Intensität bei wechselnder Belastung.

    Andrin Lingg: Hier gibt es für mich zwei wichtige Regeln. Erstens: Ruhetage dürfen in einem Trainingsplan nie fehlen. Zweitens: Lieber oft und kurz als selten und lang.

    Worin bestehen die größten Herausforderungen einer solchen Tour?

    Stephan Siegrist: Die Tour ist lang, Durchhaltevermögen ist darum wichtig. Zusätzlich bewegt man sich auch noch lange in einer Höhe von knapp 4.000 Metern. Schnelles und sicheres Klettern im Fels sowie eine gute Steigeisentechnik sind Voraussetzung.

    Andrin Lingg: Bei solchen Projekten entsteht schnell ein großer Druck. Die mentale Herausforderung darf man nicht unterschätzen. Mit einem zielorientierten Training und einer positiven Einstellung lässt sich das aber gut bewältigen.

    Andrin Lingg im Furka-Massiv mit Blick auf das Gross Bielenhorn
    Foto: Andrin Lingg
    Andrin Lingg von der Mammut Alpine School im Furka-Massiv mit Blick auf das Gross Bielenhorn (3.210 m) in der Schweiz

    Abgesehen vom Sport: Welche Bausteine gehören noch zur Vorbereitung?

    Andrin Lingg: Der technische Aspekt darf nicht außer Acht gelassen werden: Seilkunde, Sicherungstechniken und alpine Rettungskunde spielen bei einer solchen Besteigung eine große Rolle. Gewisse Situationen erfordern rasches Handeln, technische Abläufe müssen daher eingeübt werden.

    Habt ihr noch einen ganz persönlichen Trainingstipp für unsere Eiger-Aspiranten?

    Stephan Siegrist: Unternehmt im Vorfeld selbstständig Bergtouren im kombinierten Gelände!

    Andrin Lingg: Ich habe gleich zwei Tipps. Erstens: Setzt euch Zwischenziele, zum Beispiel einfachere alpine Touren. So realisiert ihr laufend, wie es um euren persönlichen Fortschritt bestellt ist. Zweitens: Fokussiertes und zielorientiertes Training ist unabdingbar.

    Lese-Tipp

    Vor einem Jahr sicherten sich Thomas Huber, Roger Schäli und Stephan Siegrist übrigens die bislang zweite Begehung der legendären Kletterroute Metanoia von Jeff Lowe an der Eiger-Nordwand. Hier könnt ihr mehr dazu lesen: Jeff Lowes Metanoia.

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