Vom Gipfel bis zum Fjord: Skitouren in Nordnorwegen
Unverspurte Pulverschneehänge, Abfahrten vom Gipfel bis zum Fjord und dann mit dem Boot zurück zur Lodge wo der Whirlpool und selbstgebackene Kuchen warten. Hendrik Morkel berichtet uns von einer fantastischen Woche Skitourengehen im nordnorwegischen Lyngen.
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Samstag, kurz nach 12 Uhr mittags: Gerade bin ich mit dem Flieger in Tromsø gelandet und habe vom Fenster aus schon die schneebedeckten Berge, Fjorde und den Atlantik beobachtet. Meine Vorfreude auf die Woche hier oben in Nordnorwegen ist groß. Denn im Gegensatz zu meiner Heimat an der finnischen Westküste ist hier immer noch Winter. Gerade im Frühling hat die Saison oft die beste Kombination zu bieten: sonnige Tage und perfekte Schneeverhältnisse. Am Ausgang wartet schon der Fahrer der uns zu unserer Unterkunft – die Lyngen Lodge am prächtigen Lyngenfjord, rund 2,5 Autostunden von Tromsø entfernt – bringen wird. Hier treffe ich auch schon einige andere Gäste: Björn und seinen Sohn Mikael, die schon zum siebenten Mal in der Lyngen Lodge absteigen, und Mikaels Frau Liisa die wie ich zum ersten Mal hier ist. Lustigerweise sind wir alle in Finnland daheim, und so unterhalten wir uns auf der Fahrt gen Norden in Finnisch über das Skitourengehen und die Berge. Beides kann man zwar auch in Finnland haben, aber bei weitem nicht so spektakulär wie hier im Norden von Norwegen.
In Djupvik am Lyngenfjord angekommen heißt uns Graham, der Eigentümer der Lyngen Lodge, willkommen und zeigt uns unsere Zimmer. Abends treffe ich dann auch die restlichen Gäste: Timo und Nora aus Helsinki, Wolfram und Christian aus Stuttgart, Robin und Nicole aus San Francisco und Alan und Brent aus Salt Lake City. Dazu lernen wir unsere Guides kennen: Andreas und Stefan, beide aus Innsbruck, die schon seit Jahren zusammen mit Graham hier in der Lodge als Führer arbeiten.
Prognose: Sonne und Pulverschnee
Das Rundum-sorglos-Konzept der Lyngen Lodge beginnt schon am Morgen. Nach dem Frühstück werden wir über anstehende Touren samt Wettervorhersage und Schneekonditionen informiert. Mit selbstgeschmierten Broten und einer vollen Thermoskanne im Gepäck schlüpfen wir alle in unsere Skiklamotten, laden unsere Rucksäcke und Ski ins Auto und fahren runter zum Hafen, wo wir in die Spirit of Lyngen II einsteigen. Unser Kapitän zeigt uns auf der Landkarte, wo er uns heute hinbringen und später abholen wird – es wird ein langer Tag werden!
Niemand weit und breit
Eine halbe Stunde später – auf Uløya – haben wir wieder Festland unter den Skistiefeln. Unser Plan: Eine Traverse der Insel von Süden nach Norden, mit zwei Gipfeln, herrlichen Aussichten auf den Fjord und den Atlantik und natürlich richtig gutem Schnee! Wir verlassen das klitzekleine Dorf mit seinen langen Stockfisch-Gestellen und schon geht es durch den Wald in Richtung Gipfel. Die Sonne scheint vom blauen Himmel und es weht ein leichter Wind. Unsere Gruppe aus fünf Leuten und einem Guide ist schnell unterwegs und schon bald sitzen wir am ersten Gipfel und essen eine kleine Mahlzeit. Weit und breit ist kein anderer Skitourengeher zu sehen. Auch keine Autos, keine Flugzeuge, nicht einmal andere Boote fahren in diesem Moment durch den Fjord. Dafür genießen wir Aussichten wie aus einem Bilderbuch und mich wundert es ganz und gar nicht, dass Björn und Mikael schon seit sieben Jahren hierher kommen: Diese Landschaft hat etwas magisches, etwas das einen magisch anzieht. Dazu gehört wohl auch die Stille, die man in den Alpen und anderen Bergregionen immer seltener vorfindet.
Durch Pulverschnee zum Strand
Wovon wir natürlich als Skitourengeher auch nicht genug bekommen können ist Pulverschnee. Am steil abfallenden Grat geht es dem Hauptgipfel entgegen. Von dem wir dann doch etwas Abstand halten, da auf der Ostseite einige riesige Wechten herabhängen. Nach Westen hingegen sind die Aussichten besser: Ein breiter, 35 Grad steiler Hang fällt mit interessanten Formation zum Fjord ab. Dort unten liegt mittlerweile auch die Spirit of Lyngen II vor Anker, und wir sehen wie unser Kapitän auf dem Schlauchboot zum Ufer fährt. So idyllisch das auch sein mag – in dem Moment, als wir uns in die Abfahrt stürzen, können wir gar nicht anders als die Stille zu stören! Jauchzer und Freudenschreie gehen durch unsere kleine Gruppe während wir durch den Pulverschnee unsere Linien ziehen. Im Schlussteil führt die Route durch Birkenwald runter zum Strand. Unser Kapitän betrachtet zufrieden unsere Kunstwerke, die wir in den Schnee gezeichnet haben und reicht uns Bier und Salzstangen. Um das kleine Lagerfeuer am Strand stehend, mit strahlenden Gesichtern, lassen wir den Skitag noch einmal Revue passieren. Ja, wir haben geschwitzt beim Spuren, ja, es war anstrengend, aber der Pulverschnee und der herzliche Empfang am Strand waren es definitiv wert.
Mit dem Boot schippern wir zurück zum Hafen, eine kurze Autofahrt später sind wir zurück in der Lodge, wo Graham schon auf uns wartet. „Und, wie war es?“ fragt er uns mit einem wissenden Lächeln im Gesicht und wir berichten ihm mit Begeisterung von unserer Uløya-Traverse. Danach verschwindet jeder in seinem Zimmer, nur um kurz darauf die anderen wieder in der Sauna und im Whirlpool wiederzusehen. Später sitzen wir alle am langen Tisch und genießen unser 3-Gänge Menü. Andreas und Stefan erzählen uns von den anderen grandiosen Touren, die hier diese Woche noch auf uns warten. Schnell wird klar: Sechs Skitourentage im norwegischen Lyngen sind fast zu kurz – doch wir freuen uns auf jeden einzelnen davon.
Infos und Adressen: Skitourengehen in Lyngen, Norwegen
Beste Reisezeit: Das Skitouren-Programm der Lyngen Lodge wird von März bis Ende Mai angeboten und geht immer von Samstag bis Samstag. Im März ist es noch ziemlich kühl und dunkel, dafür hat man so gut wie jeden Tag Powder. Im April steht die Sonne schon über 12 Stunden am Himmel – die Chancen auf eine ganze Woche Traumwetter sind gut. Auch im April findet man noch unverspurte Pulverhänge. Im Mai ist es bis spät in den Abend noch hell und man kann auch um 22 Uhr noch Skitouren gehen und den herrlichen Frühlingsschnee genießen.
Rahmenprogramm: Sauna, Hot Tub, lesen und relaxen mit einem Glas Rotwein – das sind die beliebtesten Aktivitäten neben dem Skitourengehen in der Lyngen Lodge. Wer mag kann um die Lodge herum spazieren gehen – mit etwas Glück sieht man dabei auch Nordlichter am Firmament.
Anreise: Von Wien, München oder Frankfurt mit dem Flugzeug nach Tromsø, meist über Oslo oder Stockholm. Dort wird man am Flughafen von der Lyngen Lodge abgeholt und kann während der 2 bis 3-stündigen Fahrt bis zur Lodge schon die imposante Landschaft genießen.
Skitouren und Guides: Die Guides der Lyngen Lodge kommen häufig aus Österreich, Deutschland oder der Schweiz und haben in der Regel viele Jahre Ski-Erfahrung in der Region. Alle Guides sind ausgebildete Ski- und Bergführer und wählen täglich anhand des Wetters und der See die passende Tour für die Gruppen aus. Die Touren sind anspruchsvoll und man sollte schon Erfahrung im Skitourengehen haben.
Unterkunft: Die Lyngen Lodge hat 8 Doppelzimmer mit Einzel- und Doppelbetten und heißt pro Woche maximal 16 Gäste willkommen. Es wird ein reichhaltiges Frühstückbuffet angeboten von dem man sich Brote für die Tour mitnehmen darf. Nach einem Tag auf dem Berg warten in der Lodge Kuchen, Obst und Käse auf die Gäste, sowie eine warme Sauna und ein Hot Tub auf der Terrasse. Abends wird vom talentierten Chef täglich ein köstliches 3-Gänge Menü kreiert, danach kann man sich mit den anderen Gästen gemütlich vor dem Kamin austauschen und die grandiose Aussicht auf den Lyngenfjord genießen.
Link: Lyngen Lodge