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Hüttenportrait

Rojacher Hütte: Die Einfachheit des Seins

• 18. September 2017
4 Min. Lesezeit
von Christina Schwann

Nicht groß, aber absolut einzigartig ist die Rojacher Hütte (2.718 m) in der Salzburger Goldberggruppe: Christina Schwann hat einen genaueren Blick auf die kleinste bewirtschaftete Hütte des Österreichischen Alpenvereins geworfen.

Rojacher Hütte
Foto: Georg Unterberger
Die Rojacher Hütte auf 2.718 m sieht heute praktisch noch genauso aus wie 1898
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  • Standort: Ostgrat des Sonnblicks im Salzburger Teil des Nationalparks Hohe Tauern/ Goldberggruppe
  • Höhe: 2.718 m
  • Pächter: Manuela Lehrner und Patrick Meixner
  • Geöffnet: bis Ende September durchgehend

„Das Alleinstellungsmerkmal der Rojacher Hütte ist die einfache Raumkonzeption einer minimalistischen, an die ‚Gründerzeitjahre’ des Alpenvereins erinnernde Kleinst-Schutzhütte, welche als erlebbares und vor allem noch in Betrieb befindliches Zeitdokument sonst fast nicht mehr anzutreffen ist“, so Dipl.-Ing. Georg Unterberger, Abteilung Hütten und Wege des Österreichischen Alpenvereins, der sich gemeinsam mit der Sektion Rauris für die Unterschutzstellung der Hütte durch das Denkmalamt einsetzt.

Und wirklich, als Gast glaubt man es kaum: Die Hütte besteht nur aus einem kleinen Vorraum, der im Winter als Notlager dient, einem Gastraum mit einer winzigen Küche und einem Schlaflager im Dachboden, in dem gerade mal zehn Personen Platz finden. Genauso wurde die Hütte in den Jahren 1898/99 von ihrem Erbauer Wilhelm Ritter von Arlt, dem Begründer der Sektion Rauris, konzipiert. Lediglich 1992 wurde bergseitig ein kleiner Zubau, der als Lager dient, errichtet.

Eine Hütte in dieser Größenordnung zu bewirtschaften ist ebenso eine Herausforderung wie eine Hütte mit 150 Schlafplätzen, Seminarräumen und Kursangeboten. Nur eben anders. Hüttenwirtsleute Maunela Lehrner und Patrick Meixner haben aber alles voll im Griff: „Natürlich muss jeder Zentimeter Platz perfekt genutzt und genau geplant werden, welche Lebensmittel wir lagern können – Gefriersystem haben wir keines. Will man nicht jeden Tag Spaghetti auf den Tisch bringen, braucht es Kreativität und den ein oder anderen Schlechtwettertag, denn fürs Knödelmachen müssen wir den Gästetisch zusätzlich als Arbeitsfläche verwenden. Aber wir lieben diese Hütte eben wegen ihrer Kleinheit. Wie in einer Wohnküche können wir uns während wir kochen mit den Gästen unterhalten und es entwickeln sich oftmals interessante Gespräche, die weit über den üblichen Smalltalk hinausgehen.“

In der Küche der Rojacher Hütte wird gekocht, gebacken, abgewaschen und kommuniziert

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Ignaz Rojacher – Ein Rauriser Goldbaron

In bescheidenen Verhältnissen als Sohn eines Bergzimmermanns im Gaißbachtal geboren, legte der Namensgeber der Hütte – Ignaz Rojacher – eine beachtliche Karriere hin: Bereits mit 12 Jahren schuftete er in einem Goldbergwerk in Rauris, erlernte das Zimmererhandwerk und arbeitete sich im Goldbergbau nach oben. 1876 wurde er Pächter der Bergbauanlagen in Kolm-Saigurn, in denen damals immerhin noch über 15 kg Gold und über 38 kg Silber pro Jahr aus rund 470 Tonnen Erz gewonnen wurden. 1880 kaufte Ignaz Rojacher um 4.500 Gulden den gesamten Goldbergbaubetrieb in Kolm-Saigurn, brachte den Strom ins Tal, ließ eine Rollbahn vom Radhaus zum Knappenhaus errichten und legte eine Telefonleitung zu eben diesem. 

Als 1879 Meteorologen aus aller Welt in Rom tagten, war auch der hervorragende Wetterbeobachter Ignaz Rojacher nicht weit. Er traf auf Julius Hahn, einen Wiener Meteorologen, und gemeinsam entstand die Idee, auf dem Gipfel des Hohen Sonnblicks eine Wetterstation zu installieren. Das heutige Zittelhaus beherbergt das 1886 von Rojacher und Hahn initiierte und mitfinanzierte Sonnblickobservatorium, welches noch heute eines der bedeutendsten Wetter-, Klima- und Umweltobservatorien der Alpen darstellt.  

Rojacher Hütte
Foto: Georg Unterberger
Reste der Rollbahn vom Radhaus zum Knappenhaus sind auch heute noch zu sehen

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Wie kommt die Rojacher Hütte zu ihrem Namen?

Wie kommt nun aber diese kleine, bescheidene Hütte am Ostgrat des Sonnblicks zu diesem bedeutenden Namen? Ignaz Rojacher verstarb 1891 im Alter von 47 Jahren, konnte den Bau der Hütte also nicht mehr begleiten. Tatsächlich war es aber sein jahrelanger Gönner und Wegbegleiter Wilhelm Rittler von Arlt, der Begründer der Sektion Rauris, der die Idee einer einfachen Schutzhütte für die Träger am Weg zum Sonnblick verwirklichte. Die Umsetzung war praktikabel und genial zugleich: von Arlt ließ eine Holzhütte, die seinerzeit von Rojacher gebaut wurde und als Mühle in Kolm in Verwendung war, abbauen und auf 2.718 m wieder aufstellen. Der Grund wurde von der Goldberggewerkschaft gepachtet, Adam Waggerl, Wirt des Zittelhauses, übernahm den Materialtransport und spendete selbst noch Zirbenholz. Finanziert wurde die Hütte ausschließlich aus eigenen Mitteln von Wilhelm Rittler von Arlt.

Rojacher Hütte
Foto: Archiv ÖAV-Sektion Rauris
Die Rojacher Hütte um 1900

Nachdem die Hütte anfangs nur für die Träger und Vereinsmitglieder zugänglich war, wurde später zumindest ein Raum geöffnet und mit einem eisernen Herd beheizbar gemacht. 1920 ging die Hütte in den Besitz der Sektion Salzburg über, die auch Eigentümer des Zittelhauses war. Beide Hütten wurden um 1925 von der Sektion Halle an der Saale aufgekauft. Obwohl die Sektion Halle die Hütte ab 1935 in den Sommermonaten (Juni bis September) als einfache Jausenstation bewirtschaftete, mussten sie sich Anfang der 1980er Jahre doch eingestehen, dass sie räumlich zu weit von den Hohen Tauern entfernt waren, um die beiden Hütten optimal zu betreuen. Also wurden sowohl das Zittelhaus am Hohen Sonnblick als auch die Rojacher Hütte zum Verkauf ausgeschrieben. Es gab viele Interessenten, vor allem für das Zittelhaus, aber es war schließlich die Sektion Rauris, die sich durchsetzte und 1984 beide Hütten zurückkaufen konnte. Nach einer kleinen Renovierung 1994 wurde die Rojacher Hütte feierlich neu eingeweiht.

Gerlinde Eidenhammer, Vorsitzende der Sektion Rauris, hat eine ganze besondere Beziehung zur Rojacher Hütte, die in ihre Jugendzeit zurückreicht: „Die Hütte stand immer für ihre Einfachheit und ihre Bescheidenheit. Auch heute erlebe ich, dass Besucher gerade dies schätzen: fernab des Luxus des Alltages finden sie ein Stück zurück zu sich selbst, zum Mensch-sein, zur Gemeinschaft, aber auch zur Erkenntnis, dass wir nur ein Staubkorn im Universum sind. Ein wenig Demut gesellt sich zu einem stillen, inneren Frieden.“ Auch Hüttenwirtin Manuela Lehrner bestätigt, dass in letzter Zeit öfter Familien mit Kindern kommen und über Nacht bleiben. Offenbar wollen einige Eltern ihren Kindern zeigen, dass ein Weniger an Luxus durchaus ein Vielmehr an Erlebnis bedeuten kann. 

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Die letzten Meter zur Hütte

Neben der Bewahrung des Geistes der „Gründerzeiten“ ein weiteres gewichtiges Argument, die Rojacher Hütte in ihrer Ursprünglichkeit zu erhalten. Auch wenn sie wie ein Zeitfenster in die Vergangenheit wirkt, stellt sie ein höchst zeitgemäßes Symbol für die Unbeschwertheit eines luxusfreien Lebens in unvergleichlicher Naturkulisse dar. Es bleibt zu hoffen, dass die Hütte mit Hilfe des Denkmalschutzes in ihrer bisherigen Einfachheit weitergeführt werden kann.

Die Rojacher Hütte im Detail

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