
Fit am Berg: Training für hohe Gipfel
Foto: Berghaus, Moritz Ablinger
von Klaus Haselböck
Wozu du zum Bergsteigen deine aerobe Schwelle kennen solltest, warum Kraft genauso wichtig ist wie Ausdauer und wie du am Training dranbleibst. Fünf Tipps vom amerikanischen Top-Alpinisten und Bergsport-Coach Steve House für das Training für hohe Gipfel.
Mit Bergwelten auf den Großglockner
Bergwelten-Redakteurin Kathi Löffler will sich 2025 einen Traum erfüllen: einmal auf den höchsten Berg Österreichs, den Großglockner, steigen. Sei hier und auf unserem Instagram-, Tiktok- und Facebook-Kanal dabei und erfahre, was man können muss, um auf den Großglockner zu gehen, wann man dazu einen Bergführer braucht, welche Route zu einem passt und welche Ausrüstung man dabeihaben sollte.
1. Die aerobe Schwelle bestimmen
Die meisten Menschen können den ganzen Tag auf flachem Boden in einem langsamen Tempo gehen. Das liegt daran, dass sie „aerob“ unterwegs sind: Dabei werden unter Verwendung von Sauerstoff vor allem Fette zu Energie umgewandelt. Läuft man hingegen einen steilen Anstieg in schnellem Tempo hinauf, ist dies für die meisten Menschen nicht mehr auf aerober Basis möglich. Der Sauerstoff reicht jetzt nicht mehr aus und der Körper greift zusätzlich auf Kohlenhydrate zurück, was die Muskeln – je nach Trainingszustand – schneller übersäuert und damit ermüdet. Den Puls-Bereich zu kennen, wann der Körper „umschaltet“, ist für die Trainingssteuerung essenziell: Dort kann man ansetzen, um die Sauerstoff-Aufnahme zu erhöhen und das Herz-Kreislaufsystem, also die körperliche Belastbarkeit, zu stärken. Bestimmen lässt sich dieser durch Laktattests wie ihn Sportwissenschaftler anbieten oder durch einen Selbsttest.

2. Ausdauer UND Kraft entwickeln
Um stundenlang im alpinen Gelände unterwegs zu sein, braucht es mehr als nur eine solide Ausdauer. Es gibt vor allem zwei gute Gründe, warum Kraft selbst in klassischen Disziplinen wie Wandern oder Hochtouren genauso wichtig ist: Zum einen hilft sie, Verletzungen vorzubeugen, zum anderen kann man erst durch gut entwickelte Kraftreserven sein volles Leistungspotenzial ausschöpfen.
So hängt beispielsweise Geschwindigkeit in hohem Maße von der Kraft ab. Um hohe Berge schneller zu besteigen, was auch ein Sicherheitsfaktor sein kann, muss man eine höhere Kraft in der Bewegungsmuskulatur erzeugen können. Genau diese gilt es durch gezielte Übungen zu entwickeln. Krafttraining im Bergsport ist allerdings nie Selbstzweck: So geht es nicht darum, bei einer bestimmten Übung im Fitnessstudio stärker zu werden, sondern den Körper optimal beim Besteigen von hohen Gipfeln zu unterstützen. Damit deine Beine (und da besonders die Knie) lange Abstiege gut aushalten, sind zum Beispiel Stabilisierungsübungen für die Beinachsen empfehlenswert: Damit verbesserst du dein dein Gleichgewicht und deine Trittsicherheit und beugst Verletzungen an Gelenken, Sehnen und Muskeln vor. Klassische Übungen dafür sind zum Beispiel der einbeinige Stand auf einer Balancematte, Ausfallschritte oder Kniebeugen.

3. Vier bis sechs Tage pro Woche trainieren
Wenn wir klettern, laufen oder Gewichte heben, setzen wir den Körper einer Belastung aus, die als „Trainingsreiz“ bezeichnet wird. Diese Belastung bringt einige Körpersysteme vorübergehend aus dem Gleichgewicht, weshalb man sich am Tag nach einem harten Training müde, steif oder wund fühlen kann. Wie bei einer Krankheit versucht der Körper, zur Homöostase (= einem Gleichgewicht der Körperfunktionen) zurückzukehren. Ein Erkältungsvirus kann dem Körper helfen, eine immunologische Resistenz gegen diesen Virus zu entwickeln. Das gleiche Phänomen nutzen Trainer und Sportlerinnen für das Training: Möglichst häufig wiederholte Stressoren in Form von körperlichen Reizen bewirken, dass sich der Körper an diese besondere Belastung anpasst. Steht irgendwann die große Tour an, so ist der Körper durch das Training schon gut angepasst und die Störung der Homöostase möglichst gering.

4. Die richtigen Schwerpunkte setzen
Jeder, der laufen kann, ist auch in der Lage mit dem Training für einen großen Berg zu beginnen. Möchtest du den Großglockner besteigen, ist der Startpunkt eine grundlegende Wanderfitness und eine solide Kraftbasis. Ab dann heißt es konsequent trainieren. Das will allerdings geplant sein:
Ob man ausgedehnte Spaziergänge oder gleich harte Trail-Runs macht, um die Ausdauer zu steigert, hängt ganz vom eigenen konditionellen Zustand ab. Je fitter man ist, desto schwieriger (und anstrengender) ist es, eine ausreichende Trainingsbelastung zu erzeugen. Daher müssen sich Sportler mit einer exzellenten Grundlagenausdauer oft wesentlich härter pushen, um die notwendige Belastung zu erzeugen. Statt 10.000 Schritte im Laufe eines Tages zwischen Büro und U-Bahn zu gehen, heißt es steile Wege zu laufen oder lange Wanderungen mit zusätzlichem Gepäck in kupiertem Gelände zu machen. Erst dann bewirkt das Training die gewünschte Anpassung.

In 6 Monaten fit für den Großglockner
5. Fortschritte protokollieren
Es gibt viele Anzeichen, dass die eigene Fitness besser wird. Eine gute Referenz sind Strecken, auf denen man schon oft unterwegs war: Wenn man auf seinem Hausberg normalerweise zwei Stunden zum Gipfel braucht und das nach vier bis acht Wochen in kürzerer Zeit, mit einer niedrigeren Herzfrequenz und dem Gefühl sich weniger anzustrengen gelingt, dann hat man sich ganz klar weiterentwickelt.
Eine körperliche Herausforderung weniger angestrengt zu verrichten ist ein allmählicher Prozess, der sich nicht von einem Tag auf den anderen ändert. Das hat viel mit der Konsequenz wie man einen Trainingsplan verfolgt, genauso wie mit Alter und genetischen Voraussetzungen zu tun. Um Fortschritte zu erkennen und zu steuern, empfiehlt es sich das Training mit GPS-Uhren oder Apps zu protokollieren. Dranbleiben zahlt sich aus: Ist das Training erst mal so sehr in den Alltag integriert, dass es zur Routine wird, kann man sich das Leben ohne kaum mehr vorstellen.
Bergwelten-Tipp: Ob Berglauf, Eiger Nordwand oder Großglockner – mit den Trainingsplänen von Steve House startet man gut vorbereitet ins nächste Bergabenteuer.
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