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Vanlife Dolomiten: Teil 1

Vom Camper auf die Große Zinne

• 5. September 2022
5 Min. Lesezeit
von Daniel Kubera

Die Drei Zinnen in den Sextner Dolomiten zählen zu den berühmtesten Felsformationen der Welt. Bergwelten-Redakteur Daniel Kubera und sein Berg-Buddy Patrick haben sich einen langjährigen Traum erfüllt und den höchsten Punkt des Massivs, die Große Zinne (2.999 m), über den Normalweg bestiegen.

Die Drei Zinnen von Süden aus betrachtet
Foto: Daniel Kubera
Die Drei Zinnen von Süden aus betrachtet. Von links nach rechts: Westliche Zinne (2.937 m), Große Zinne (2.999 m) und Kleine Zinne (2.857 m)
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Als ich zum ersten Mal vor den Drei Zinnen stand und ihre gewaltigen Felswände hochblickte, packte mich ein Gedanke, der mich seither nicht mehr losließ: „Da muss ich rauf!“ Heute, gut acht Jahre später, ist es soweit.

Tag 1: Dolomiten-(Vor-)Glühen auf 2.300 m

Unsere Reise beginnt mit einem Blick in den Kalender. Als ich einen verschobenen Termin rausstreiche, öffnet sich plötzlich ein kleines Zeitfenster. Sofort checke ich das Bergwetter: top Verhältnisse bei den Drei Zinnen. Jackpot! Manchmal passt einfach alles – und so ergattere ich auch noch den letzten Miet-Van bei Roadsurfer. Mein Berg-Buddy Patrick, alias Pazi, hat ebenfalls Zeit. Keine 40 Stunden später cruisen wir in einem komfortablen VW California Richtung Südtirol.

Die Betten der Auronzohütte (2.333 m) direkt unterhalb des berühmten Dreigestirns sind oft wochenlang im Voraus ausgebucht, einen Stellplatz für den Bus bekommt man in ihrer unmittelbaren Nähe hingegen so gut wie immer – zumindest wenn man wartet, bis die Tagesgäste abgereist sind. Und weil ich es selbst kaum glauben konnte: Ja, man darf hier ganz offiziell im Auto übernachten.

Mautstraße zur Auronzohütte
Foto: Daniel Kubera
Die Mautstraße zur Auronzohütte (rechts im Bild) – links davon erkennt man die Parkterrassen

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So schlängeln wir uns gegen 19.00 Uhr die Mautstraße zu den Drei Zinnen hoch. Oben angekommen, werden wir von den letzten Sonnenstrahlen des Tages empfangen. Ich schieße noch schnell ein paar Fotos, bevor wir mit einem kalten Dosenbier in unseren Campingstühlen versinken und den Sonnenuntergang genießen.

Unser Stellplatz auf 2.300 m in der Nähe der Auronzohütte

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Die Parkterrassen hier zählen zu den höchstgelegenen Stellplätzen der Alpen. Das hat neben dem grandiosen Panorama zwei praktische Nebeneffekte: Erstens ist eine Übernachtung auf der Höhe gut für die Akklimatisierung. Zweitens schlafen wir fast am Wandfuß und müssen zum Einstieg der Kletterroute nur noch wenige Höhenmeter zusteigen.

Die Dolomiten glühen für uns

Darum können wir heute auch ein wenig länger sitzen bleiben und der Milchstraße beim Aufgehen zusehen. So einen Sternenhimmel habe ich direkt vor einem Van noch nie geboten bekommen.

Milchstraße bei der Auronzohütte
Foto: Daniel Kubera
Nächtliche Aussicht: Aus unseren Campingsesseln heraus können wir die Milchstraße mit freiem Auge sehen. Unter uns: eine weitere Parkterrasse

Tag 2: Großes-Zinnen-Kino

Der Wecker läutet, es ist 05.15 Uhr. Standheizung sei Dank haben wir trotz einer Außentemperatur von gerade einmal 7 °C richtig gut geschlafen. Nach zwei schnellen Milchbrötchen schnappen wir unsere Kletterrucksäcke und treffen um 06.00 Uhr unsere Bergführerin Lisi Steurer vor der Auronzohütte. Da, wo es untertags wuselt, sind wir jetzt allein unterwegs.

Geröllfeld mit Bergsteigern bei den Drei Zinnen
Foto: Daniel Kubera
Einsam marschieren wir über das Geröllfeld zum Einstieg der Kletterroute in die Scharte zwischen Großer und Kleiner Zinne
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„Heute haben wir einen richtig feinen Tag mit toller Fernsicht“, befeuert Lisi unsere Vorfreude, während wir uns das steile Geröllfeld zum Einstieg in die Kletterroute hochkämpfen – dieser liegt in der Scharte zwischen Großer und Kleiner Zinne.

In der Scharte zwischen Großer und Kleiner Zinne

Da die Nordwände den absoluten Profis vorbehalten sind, haben wir den Normalweg durch die Südostwand gewählt. Doch selbst die einfachste Tour auf die Große Zinne ist eine ernst zu nehmende alpine Herausforderung! Immerhin muss man dafür sicher im unteren IV. Schwierigkeitsgrad klettern können und eine solide Grundkondition für sieben Stunden Gehzeit mitbringen. Von Schwindelfreiheit und Trittsicherheit ganz zu schweigen. Möchte man die Große Zinne alleine bewältigen, sind die Wegfindung und alpine Absicherung der Route ebenfalls zu berücksichtigen.

Genussvolle Kletterei auf die Große Zinne

Wir haben zum Glück Lisi dabei und so bleibt uns umso mehr Zeit, die Kletterei voll und ganz auszukosten und Fotos zu machen. Seillänge um Seillänge werden die Aus- und Tiefblicke imposanter – und wir unsicherer, ob wir alleine den richtigen Weg runter finden würden.

Gehgelände auf dem Band im oberen Bereich der Großen Zinne

„Von mir aus könnte es ewig so weitergehen“, höre ich Pazi schwärmen, während wir das Band im oberen Bereich entlang spazieren. „Ich befürchte nur, wir sind bald oben“, murmel ich vor mich hin. Wir überwinden genussvoll ein paar weitere Aufschwünge und plötzlich – als hätte ich es verschrien – taucht es auf: das Gipfelkreuz.

Der erste Blick zum Gipfelkreuz der Großen Zinne (2.999 m)
Foto: Daniel Kubera
Der erste Blick zum Gipfelkreuz der Großen Zinne (2.999 m)

Zwei Seilschaften machen sich gerade zum Abstieg bereit und überlassen uns den Gipfel. Im Gehgelände bezwingen wir die letzten Meter zum höchsten Punkt und nach drei Stunden stehen wir tatsächlich auf der Großen Zinne – die Köpfe über der 3.000-Meter-Marke, die Füße darunter. Es ist absolut windstill, die Morgensonne wärmt unser Gesicht. Ich höre nichts außer die Rufe einer Seilschaft in der benachbarten Westlichen Zinne. Ich kann es kaum glauben, ein Traum wird wahr.

Am Gipfel der Großen Zinne

Eine viertel Stunde genießen wir komplett allein die Ruhe vor dem Ansturm. Als die ersten Seilschaften hochgeschnauft kommen, die wir beim Aufstieg überholt haben, räumen wir das Feld und beginnen mit dem Abstieg.

Und der hat es in sich! Ausgesetzte und für uns komplexe Stellen müssen abgeklettert werden, an einigen Passagen seilen wir uns ab. Ich muss gestehen: Ein bisschen mulmig ist mir schon, als ich mich über eine Kante hinaus lehne und in den Abgrund blicke, in den ich gleich 60 Meter vertikal runtergelassen werde. Aber ich vertraue Lisi voll und ganz.

Abstieg von der Großen Zinne

Auf halber Höhe verlassen wir den bereits bekannten Weg und queren auf dem mittleren Terrassenband Richtung Westliche Zinne. Wir klettern in die Scharte und gelangen schließlich über das steile Geröllfeld zurück zum Ausgangspunkt.

Am mittleren Terrassenband der Großen Zinne
Foto: Daniel Kubera
Am mittleren Terrassenband der Großen Zinne. Rechts die Auronzohütte

Nicht ganz sieben Stunden nach unserer Begrüßung sitzen wir auch schon wieder auf der Terrasse der Auronzohütte und bedanken uns mit einem Bier bei Lisi für das Erlebnis. Wir verabschieden uns herzlich und legen uns für ein kleines Nachmittagsschläfchen in den Van – schließlich ist es erst 14.00 Uhr.

Geweckt werde ich von einem vertrauten Duft. Pazi hat unsere Akku-Kaffeemaschine angeworfen. Gerade für uns ein besonders praktisches Teil, weil wir hier mit unserem Camper autark stehen (danke Makita an dieser Stelle). Bei dem Blick durch die offene Heckklappe bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich noch träume oder ob es hier wirklich so postkartenschön ist.

Makita Kaffeemaschine in den Drei Zinnen
Foto: Daniel Kubera
Danke Makita für die praktische Akku-Kaffeemaschine – im Hintergrund links: der Monte Campedelle

Bei einer zweiten Tasse Muntermacher erspähen wir gegenüber einen kleinen Hügel. Ein Blick auf die Karte verrät, dass uns da der Monte Campedelle (2.362 m) anlacht, der in guten 30 Minuten erwandert werden kann. „Von dort müsste man doch einen super Blick auf unsere heutige Tour haben“, meint Pazi. Grund genug, dass wir einen kleinen Rucksack packen und zum Sonnenuntergang hinüberspazieren.

Abendstimmung am Monte Campedelle (2.362 m)

Einen Gegenanstieg später stehen wir auch schon auf der anderen Seite. Der Blick auf die ikonischen Felstürme im Norden sowie in die Cadini-Gruppe im Süden ist fantastisch. Gekrönt wird die Szenerie von einer magischen Lichtstimmung. Mit unserem Fernglas (danke Swarovski Optik fürs Ausstatten) versuchen wir die Route nachzuzeichnen, die wir heute geklettert sind.

Swarovski-Fernglas
Foto: Daniel Kubera
Mit unserem Swarovski Optik-Fernglas suchen wir unsere heutige Route

Genau in dem Moment wird mir klar, dass mein jahrelanges „Da muss ich rauf“ heute zu einem „Da war ich oben“ geworden ist – ein tiefes Gefühl von Dankbarkeit macht sich breit. Demütig stoßen wir bei den letzten Sonnenstrahlen auf unseren Gipfelerfolg an und machen uns ein kleines Stück zufriedener auf den Weg zurück.

Morgen steht mit der Paternkofel-Überschreitung das zweite Highlight unserer Tour an. Wie es uns dabei ergeht, lest ihr im zweiten Teil der Geschichte:

  • Danke an Roadsurfer, Swarovski Optik und Makita für die Ausstattung für diesen Trip.

    Die Tour und Hütte im Detail

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