Arlberg: Wer erfand das Skifahren?
Nein, das Skifahren wurde nicht am Arlberg erfunden – damit waren die Norweger den Österreichern eine Skilänge voraus. Doch es waren Arlberger, die den neuen Sport in Schwung brachten und die Fahrtechnik revolutionierten. Und auch heute findet man noch ruhige Seiten am Arlberg, die beinahe so einsam wie damals sind.
Im Frühjahr 1895 packte Johann Müller, der Pfarrer von Warth am Arlberg, zwei Meter lange Dinger aus einer Postsendung aus. Es waren Ski – jene seltsamen Geräte, die in Skandinavien für Furore sorgten. Er hatte sie sich aus Neugierde bestellt und wollte damit im Winter leichter über die verschneiten Wege von einer Gemeinde zur nächsten kommen. Doch wie man sie benutzte, davon hatte er keine Ahnung.
121 Jahre später sind Ski untrennbar mit der Region Arlberg verbunden. Sie gehören zum Arlberg genauso wie Royals und Russen, wie der Champagner auf den Skihütten und die Raclettebrote. Oder wie die jährliche Teuerung der Tagespässe beim Skilift sowie die Empörung darüber.
Ruhe wie damals
Im neuen Bergwelten-Magazin erkunden wir mit den Locals Melanie und Alois Bickel die ruhige Seite des Arlbergs. In Warth-Schröcken entdecken wir unverspurte Hänge und Flecken, an denen man sich beinahe so einsam wie im Jahr 1895 fühlt. Die aktuelle Ausgabe (Dezember 2022/Jänner 2023) samt Bergportrait und Touren-Tipps ist überall im Zeitschriftenhandel oder ganz bequem online als Einzelheft oder im Abo erhältlich.
Tourismusvermarkter bezeichnen den Arlberg heute gern als „Wiege des Skilaufs“. Selbst wenn das ein bisschen vermessen ist und Google insgesamt mehr „Wiegen des Skilaufs“ auswirft, als es vor 100 Jahren wahrscheinlich Skier und Wiegen gegeben hat, wird man tatsächlich wenige Regionen in den Ostalpen finden, die vom Wintersport so profitiert haben. Und das sehr früh.
Erste Skischaukel Österreichs
Bereits 1901 wurde hier der erste Skiclub gegründet, nur zwei Jahre später gab es die ersten Skirennen. Schon in den 1920er-Jahren konnten die Urlauber in Skischulen lernen, wie man das immer noch sehr neuartige Sportgerät benützen kann. Die ersten Skilifte wurden 1937 errichtet.
Historisches Video: Skifahren in Lech und Zürs am Arlberg
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Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg ging es am Arlberg munter weiter. Mit immer mehr Liften, immer mehr Pistenkilometern, mit der ersten Quasi Skischaukel Österreichs, dem heute noch berühmten „Weißen Ring“, mit immer mehr Hotels und Gästebetten. Seit mit dieser Saison die Flexenbahn eröffnet wurde und jetzt alle Arlberggemeinden mit Liften und Pisten verbunden sind, ist die Region das größte zusammenhängende Skigebiet Österreichs.
Zwölf Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften und sechs olympische Goldmedaillen wurden von Mitgliedern des Skiclubs Arlberg bisher gewonnen – von Egon Zimmermann in den 1960er- Jahren oder von Slalom-Ass Mario Matt, der 2014 olympisches Gold holte. Dass es nicht mehr wurden, liegt auch daran, dass der berühmteste Skifahrer vom Arlberg, Karl Schranz, 1972 von den Olympischen Spielen in Sapporo ausgeschlossen wurde.
Die Arlbergtechnik
Skifahren am Arlberg war immer von Ästhetik geprägt. In den 1920er-Jahren zum Beispiel war ein gewisser Hannes Schneider der Erste, der die gute Idee hatte, mit zwei kurzen Skistöcken statt einem langen Stab zu fahren. Die Schwünge wurden kürzer, man gewann deutlich mehr Körperkontrolle als bei den langen und langsamen Telemarkschwüngen der Norweger. Die Arlbergtechnik setzte sich in kürzester Zeit durch: Mit ihr waren einfach deutlich höhere Geschwindigkeiten zu erreichen – und viel mehr Spaß.
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Nicht nur die Fahrtechnik wurde am Arlberg revolutioniert: Menschen wie Anton Kästle entwickelten neue Skimodelle, Menschen wie Sepp Bildstein entwickelten neuartige Bindungen und – weil sie gerade dabei waren – gemeinsam mit Emil Doppelmayr auch neuartige Aufstiegshilfen.
Um diese Technik und die Schönheit des Fahrens, um die Suche nach dem perfekten Schwung ging es am Arlberg schon lange, eigentlich seit 1926. Damals wurde in St. Christoph, unweit des legendären Hospizes ein Zentrum für die Skilehrerausbildung gegründet – passenderweise vom Unterrichtsministerium. Seit damals werden in St. Christoph nicht nur Skilehrer ausgebildet (die sogenannten staatlich geprüften, und das ist in diesem Fall wirklich ein Qualitätsmerkmal), sondern es wird auch permanent an Stil und Methodik gefeilt.
Meilensteine des Skifahrens
Um 1860: Ursprünge in Telemark
Die Region Telemark in Norwegen gilt als Ursprung des Skifahrens, wobei die Frühform eng mit dem Skispringen verbunden war. Slawische Einwanderer haben die Ski vermutlich schon im 17. Jahrhundert aus Russland nach Europa gebracht.Ab 1891: Erste Skivereine
Norwegische Skier wurden importiert und Skivereine gegründet: in Deutschland 1891 in Todtnau, in der Schweiz 1893 in Glarus.1895 – 1897: Bau der Flexenstraße
Die Gemeinden Lech, Warth und Zürs am Arlberg waren bis zum Bau der Flexenstraße im Winter praktisch nicht zu erreichen.1901: Arlberg Ski Club wird gegründet
Am 3. Januar 1901 gründen 3 Freunde im Hotel Hospiz auf 1.800 m Seehöhe in St. Christoph den Ski Club Arlberg.1904: erstes Skirennen der Alpen am Arlberg
Die Strecke führte von der Ulmer Hütte über den Schindlerferner bis nach St. Anton in Tirol.1925: Skischule Lech wird gegründet
Die Skischule in Lech hatte anfangs nur 2 Skilehrer. Die Kursteilnehmer mussten zuerst zu Fuß auf den Berg steigen
1936: erster Schlepplift Österreichs in Zürs, 1939 in Lech
Mit der Eröffnung des ersten Skiliftes in Zürs war Skifahren nun erstmals ohne anstrengenden Aufstieg möglich. 1939 wurde auch der erste Skilift in Lech in Betrieb genommen.
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