Tipps vom Profi: Mit Kindern auf hohe Berge
Es muss ja nicht gleich der Mount Everest sein, um vom Höhenbergsteigen zu sprechen. Unser Körper zeigt bereits in mittleren Höhen ab ca. 2.000 – 2.500 m erste Auswirkungen der „dünneren“ Luft. Doch wie reagieren Kinder darauf? 4 Tipps von unserem Bergwelten-Profi Walter Zörer!
Der Mechanismus ist ganz einfach: Je höher wir steigen, desto geringer wird der Teildruck des Sauerstoffs in der Luft und damit kommt, vereinfacht gesagt, weniger Sauerstoff zu unseren Körperzellen. Wir werden höhenkrank. Um dies auszugleichen, muss der Körper ein paar Tricks anwerfen, aber das dauert natürlich seine Zeit. Und genau das ist unsere Akklimatisationsphase.
Wie merken wir, dass wir höhenkrank sind? Nun, das ist gar nicht so schwierig und vermutlich hat das eine oder andere Symptom schon fast jeder von uns erlebt:
- Die erste Nacht auf der Hütte schlecht geschlafen?
- Kopfschmerz?
- Wenig Appetit? Beim Treppen steigen schon außer Atem?
- Leichter Schwindel?
AMS - Acute Mountain Sickness
Kommt dir bekannt vor? Dann hattest du wahrscheinlich erste Anzeichen von akuter Höhenkrankheit (AMS – Acute Mountain Sickness). Die gute Nachricht vorweg: Von AMS stirbt man nicht, zumindest nicht gleich. Viele Bergsteiger leiden darunter jedes Jahr auf den hohen Gipfeln der Alpen à la Großglockner, Mont Blanc, Dom. Meist werden diese Berge in zwei Tagen gemacht, ohne vorherige Anpassungszeit über mehrere Tage in mittleren Höhen.
Durch die relativ kurze Exposition und den raschen Abstieg ins Tal kommt es nur selten zu weiteren Problemen. Wenn die Symptome aber negiert werden und ein weiterer Aufstieg mit größeren Schlafhöhen erfolgt, kann es zur Ausbildung eines Höhenlungen- oder Hirnödems kommen. Und das kann auch tödlich enden. Dies trifft vor allem bei Aufenthalten in den besonders hohen Gebirgen der Welt – Himalaya, Karakorum, Anden, etc. – zu. Im Alpenraum erleben wir vorwiegend AMS-Symptomatiken.
Und die Kinder? Kinder sind ab ca. 8 - 10 Jahren tadellos höhentauglich, auch kleinere Kinder können sich anpassen. Es gibt allerdings ein paar Dinge zu beachten.
4 Akklimatisations-Tipps
1. Tourenplanung, Anreise
Eine Anreise aus dem Flachland mit raschem Aufstieg zur Hütte am ersten Tag ist immer mühsam. Warum nicht mal besser den Urlaub bzw. die Bergtour mit Ruhe starten? Am ersten Tag gemütlich die paar Stunden Autofahrt abhaken und dann vor Ort erst mal „ankommen“. Nach einer gut geschlafenen Nacht im Dorfgasthaus steigt es sich am Folgetag gleich viel leichter und mit Spaß zur Hütte auf.
Dort bleibt dann oft auch am Nachmittag Zeit, ein bisschen herumzubummeln, einen nahen Bach zu erkunden und vieles mehr. Zugleich bekommt der Körper Gelegenheit, sich langsam anzupassen: an das Klima, an die Höhe. Der Geist entspannt sich ebenfalls und belastet den Körper nicht mit Stresshormonen, weil der Zeitplan wieder einmal zu eng gesteckt ist.
2. Langsam aufsteigen!
In mittleren Höhen werden täglich Aufstiegsraten von einer Schlafhöhe von nicht mehr als ca. 500 Höhenmetern pro Tag empfohlen. Da ist es kein Wunder, dass unser Körper rebelliert, wenn wir frühmorgens München verlassen und am Nachmittag auf einer Hütte in über 2.000 Metern Höhe einlaufen. Daher siehe oben: Lieber gemütlich anreisen.
Einmal auf Hüttenhöhe angelangt, finden wir in den Alpen meist ähnliche Schlafhöhen vor. Ausnahmen bilden lediglich ein paar höhere Hütten in den Westalpen oder in den Ostalpen am Großglockner. Am besten können wir den Körper bei der Höhenanpassung unterstützen, wenn wir ihn nur moderat fordern und uns nicht bei den ersten Gipfeltouren gleich komplett verausgaben. So gelingt mit langsamen Anstiegen und vernünftiger Belastung eine bessere Akklimatisation und wir können die Tourenwoche mit Freude genießen.
3. Schlafhöhe beachten!
Untertags erreichen wir auf unseren Bergtouren meist größere Höhen. Entscheidend für den Körper ist aber hauptsächlich die Schlafhöhe. Das heißt gleichzeitig auch, dass sich unser Körper bei geringerer Schlafhöhe leichter erholen kann. Fazit: Schlafhöhe nur langsam steigern, Tageshöhen darüber sind für die Akklimatisation förderlich, da sie für den Körper immer wieder einen Reiz setzen sich anzupassen.
4. Seilbahnfahrten mit kleinen Kindern
Rasche Auf- oder Abfahrten mit Seilbahnen stellen eine Belastung für unseren Gehörgang dar. Wenn dieser aufgrund einer Erkältung o.ä. etwas angeschwollen ist, kann ein Druckausgleich nicht immer leicht vorgenommen werden. Es kommt zu unangenehmen Druckgefühlen und Schmerzen. Besonders kleine Kinder sind aufgrund ihrer anatomischen Entwicklung im Gehörgang von Problem des nicht funktionierenden Druckausgleichs betroffen und dürfen daher nur langsam die Höhe ändern.
Tourentipp: Die erste Hochtour mit Kindern
Linker Fernerkogel (3.241m), Ötztaler Alpen, Tirol
Eine herrliche Hochtour auf einen imposanten Gipfel von der Braunschweigerhütte aus. Oben belohnt uns ein herrliches Panorama im Herzen der Ötztaler Alpen.
Ausgangspunkt ist die Braunschweigerhütte (2.759 m). Von der Hütte folgen wir dem Steig zum Rettenbachjoch und queren schon bald zur Gletscherzunge nach rechts. Nun in einem weiten Rechtsbogen weiter über den Gletscher hinauf, links von den steilen Wänden der Inneren Schwarzen Schneid flankiert. Etwas über der 3.000er Marke queren wir ganz nach rechts und steigen am Gletscherrand in Richtung Gipfel. Je nach Bedingungen ist der Bergschrund kurz unter dem Gipfel an passender Stelle zu queren. Die letzten Meter zum Gipfel legen wir in leichter Kletterei über die Felsen zurück.
Der Abstieg erfolgt über denselben Weg retour.
- Ausgangspunkt: Braunschweigerhütte (2.759m).
- Gehzeit (mit Kindern): ca. 5 Stunden.
- Tipp: Schon 1-2 Tage vorher nach Mandarfen anreisen und dort nächtigen! Bei netten Tageswanderungen rund um den Ort lässt es sich gut akklimatisieren.
Die Tour & Hütte im Detail:
Linker Fernerkogel von der Braunschweiger Hütte
Braunschweiger Hütte
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5 Dinge fürs Zelten mit Kindern
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Kinder ans Seil nehmen
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Tipps für mehr Sicherheit am Berg
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