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Berggedicht

Friedrich Hölderlin: „Der Spaziergang“

• 25. April 2018
1 Min. Lesezeit

Wir geben euch wieder ein Berggedicht mit in die Woche. Diesmal: „Der Spaziergang“ von Friedrich Hölderlin (1770-1843), einem der bedeutendsten deutschen Lyriker überhaupt.

Weizenfeld in Baden-Württemberg: Rund um Tübingen
Foto: mauritius images / Westend61 / Larissa Veronesi
Weizenfeld in Baden-Württemberg: Rund um Tübingen, der einstigen Heimat von Friedrich Hölderlin
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Der Spaziergang

„Ihr Wälder schön an der Seite,

Am grünen Abhang gemalt,

Wo ich umher mich leite,

Durch süße Ruhe bezahlt

Beliebt auf Bergwelten

Für jeden Stachel im Herzen,

Wenn dunkel mir ist der Sinn,

Auch beliebt

Den Kunst und Sinnen hat Schmerzen

Gekostet von Anbeginn.

Ihr lieblichen Bilder im Tale,

Zum Beispiel Gärten und Baum,

Und dann der Steg der schmale,

Der Bach zu sehen kaum,

Wie schön aus heiterer Ferne

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Glänzt Einem das herrliche Bild

Der Landschaft, die ich gerne

Besuch' in Witterung mild.

Die Gottheit freundlich geleitet

Uns erstlich mit Blau,

Hernach mit Wolken bereitet,

Gebildet wölbig und grau,

Mit sengenden Blitzen und Rollen

Des Donners, mit Reiz des Gefilds,

Mit Schönheit, die gequollen

Vom Quell ursprünglichen Bilds.“

Historische Darstellung von Johann Christian Friedrich Hölderlin
Foto: mauritius images / imageBROKER / H.-D. Falkenstein
Historische Darstellung des deutschen Lyrikers Johann Christian Friedrich Hölderlin (1770-1843)

Friedrich Hölderlin

Friedrich Hölderlin, geboren Johann Christian Friedrich Hölderlin, erblickte 1770 in Lauffen am Neckar in Baden-Württemberg das Licht der Welt. Nach einem Studium an den Universitäten Tübingen und Jena arbeitete Hölderlin sowohl als Hauslehrer als auch als Bibliothekar. Nebenbei versuchte er sich auch schon als Übersetzer.

1806 wurde Hölderlin aufgrund von „geistiger Verrückung“ zur Zwangsbehandlung ins Universitätsklinikum Tübingen verbracht. Fortan galt er seinen Zeitgenossen als wahnsinnig. Welcher Form des „Wahnsinns“ Hölderlin aufsaß, ist bis heute umstritten. Manch einer will glauben, Hölderlin habe nur simuliert, andere attestieren ihm rückwirkend Schizophrenie.

Gewiss ist: 1807 wurde Hölderlin als „unheilbar“ aus der Klinik entlassen und zur Pflege bei einem Tübinger Tischler und Bewunderer aufgenommen. Hölderlin nahm seine dichterische Arbeit wieder auf und unternahm regelmäßig ausgedehnte Spaziergänge. Wohl aus diesen Streifzügen durch die württembergische Landschaft konnte Hölderlin auch Inspiration für sein Schaffen ziehen. „Der Spaziergang“ legt davon eindrücklich Zeugnis ab.

1843 verstarb Hölderlin in Tübingen. Seine Poesie gilt bis heute als einer der unumstrittenen Höhepunkte der abendländischen Literatur.

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