Skitour Niederösterreich

Der erste Schnee: Worauf man achten muss

Sicherheit & Know How

4 Min.

03.11.2025

Foto: Roman Königshofer

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Es hat geschneit. Fanatische Skitourengeher:innen sind sofort nach diesem ersten Schneefall der Saison im Gelände gewesen und haben ihre Spuren gezogen. Bei aller Euphorie sollte man aber ein paar relevante Gefahren nicht außer Acht lassen. Die Bergwelten-Experten Riki Daurer und Peter Plattner verraten, worauf man zum Winterbeginn achten muss.

Inhalt

Von Riki Daurer und Peter Plattner


Irrtümer über geringe Schneehöhe

Dass viel Schnee eine hohe Lawinengefahr bedeutet und umgekehrt, stimmt nicht und sollte bekannt sein. Trotzdem ist es für viele schwierig, die Lawinengefahr bei herausschauendem Untergrund ernst zu nehmen und zu beurteilen. Dazu kommt, dass die Lawinenwarndienste ihre Arbeit oft noch nicht gestartet haben und es keine tägliche Prognose der Lawinengefahr gibt – es kann also auf keine Lawinengefahrenstufe und weitere Infos für die Planung zurückgegriffen werden. Für gut ausgebildete und erfahrene Tourengeher:innen kein echtes Problem. Einsteiger:innen und alle, die auf wahrscheinlichkeitsbasierte Methoden vertrauen, sind jedoch oft komplett überfordert.


Lawinengefahr

Warum es heuer – so wie jeden Winter – gleich nach dem ersten Schneefall Lawinenereignisse gegeben hat und worauf man im Gelände besonders achten sollte, im Folgenden:

Durch die geringe Schneedecke sind Steine etc. nicht gut überdeckt, und man sucht sich für Aufstieg und besonders Abfahrt das Gelände, wo am meisten Schnee liegt. Dort ist die Schneedecke aber meist deswegen mächtiger, weil der Wind, während oder nach dem Niederschlag, den Schnee dort hingeblasen hat. Diese verfrachteten Schneepakete nennt man Triebschnee. Auch wenn dieser Schnee meist recht gut zum Skifahren geht, ist er „gebunden“, das heißt, die Schneekristalle sind so dicht aneinander gepackt, dass sie auch als Schneebrett abgehen können. Nun ist eine solche Schneebrettlawine genau die Lawinenart, die für Tourengeher:innen am gefährlichsten ist.

Folgende Voraussetzungen braucht es dazu:

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  • eben das Schneebrett, also den gebundenen Schnee

  • eine darunterliegende, flächig vorhandene Schwachschicht, circa. im obersten Meter, deren meist locker aufgebauten Kristalle wir als Skifahrer sprichwörtlich zerbrechen

  • eine entsprechende Belastung, um diese Kristalle zu zerbrechen, was schon ein einzelner Skifahrer schaffen kann, aber leichter eine ganze Gruppe, die gemeinsam in einen Hang einfährt. Je nach Verhältnissen kann man eine solche Lawine bereits aus einiger Entfernung (fern-) auslösen oder man kann unmittelbar im Steilgelände die Schwachschicht stören

  • eine Hangneigung über 30°, damit das Schneebrett auf der gebrochenen Schwachschicht auch abgleiten kann – wenn es flacher ist, bleibt es einfach liegen

An den Übergängen von weniger zu mehr Schnee – also z.B. von einer Mulde auf einen Rücken – kommen diese Schwachschichten näher zur Oberfläche und lassen sich von uns nochmals leichter stören. Das ist das ganze Jahr über ein kritischer Bereich, in dem man Lawinen recht leicht auslösen kann, besonders bei geringer Schneelage wird man aber nicht umhin kommen, genau diese Stellen immer wieder zu begehen bzw. befahren.

Und bei wenig Schnee gibt es noch eine Besonderheit, was die Schwachschichten betrifft: Manche dieser Schichten können wirklich lästig und ein langandauerndes Problem sein, das aber nicht mehr relevant ist, wenn es mehr als ca. 1 Meter darüber schneit. Denn dann können einzelne Skifahrer:innen diese tief eingeschneite Schicht nicht mehr stören und keine Lawine auslösen. Schneit es im Frühwinter aber lange nicht mehr drauf, dann bleiben diese Schwachschichten lange störanfällig.

Und noch etwas passiert bei einer dünnen Schneedecke: Werden die Temperaturen zunehmend kälter, entsteht ein sogenannter „Temperaturgradient" zwischen dem immer ca. 0° Celsius „warmen“ Boden und der frostigen Lufttemperatur. Dieser Temperaturunterschied zwischen Boden und Luft ober der Schneeoberfläche ist umso größer, je geringer die Schneehöhe ist. Blöderweise ist ein großer Temperaturgradient aber der Motor für die sogenannte „aufbauende Umwandlung“, das heißt die Schneekristalle „wachsen“, werden größer, haben dann weniger Berührungspunkte zueinander, dafür entstehen mehr Hohlräume zwischen ihnen. Und diese locker aufgebauten Schneekristalle bilden dann genau die oben erwähnte, typische Schwachschicht, die bei Schneebrettlawinen meist relevant ist.


Gefahrenquellen zu Winterbeginn

Folgende Punkte sollte man bei Skitouren zu Saisonbeginn bzw. bei geringer Schneemenge nach den ersten Schneefällen berücksichtigen:


Sharks

Zum Glück sind Lawinen den ganzen Winter über ein recht seltenes Ereignis, und auch die Zahl der Lawinentoten ist in den letzten Jahren stetig gesunken. Doch es gibt noch einige andere Gefahren, die, was vor allem Verletzungen betrifft, wesentlich wahrscheinlicher als ein Lawinenabgang sind. Im Frühwinter bzw. bei geringer Schneedecke sind das allen voran mehr oder weniger gut sichtbare Steine und andere Hindernisse. Als Sharks, also Haie, bezeichnen Freerider solche Felsen, die wie eine Rückenflosse aus dem Schnee herausschauen oder knapp darunter versteckt sind. Stürze sind beim Tourengehen und Freeriden wenig überraschend die Verletzungsursache Nummer 1, und bei geringer Schneelage steigt nicht nur die Sturzgefahr, sondern auch die Konsequenzen sind ernster, weil anstelle der weichen Schneedecke der Untergrund mit Steinen, Baumstümpfen usw. wartet.

Dieses Fehlen von guten Sturzräumen betrifft bei wenig Schnee übrigens auch die Pistengeher:innen und -skifahrer:innen, die dann von der (Kunst-)Schneepiste in das unverschneite Gelände rutschen bzw. stürzen und sich teils massiv verletzen.

Bei solchen Verhältnissen ist also defensives und kontrolliertes Abfahren angesagt und ein Helm und eine Skibrille sind eine empfehlenswerte Schutzausrüstung. Die aber auch nicht überschätzt werden darf, denn der Schutz bei Verletzungen im Gesichtsschädel ist überschaubar – also am besten gar nicht stürzen und vorsichtig abfahren.


Gletscherspalten

Und weil zu Saisonbeginn eben wenig Schnee liegt, zieht es viele für die ersten Schwünge in ein Gletscherskigebiet. Weil es aber geschneit hat und man seine Spuren im Powder ziehen möchte, sind die frisch zugeschneiten Gletscherflächen verlockend.

Wenig überraschend gibt es dort abseits der markierten Pisten auch Gletscherspalten. Nach den ersten Schneefällen werden kleinere Spalten durch Windeinfluss zwar leicht zugedeckt, und man sieht viele dieser „Löcher“ nicht mehr, doch diese Schneebrücken sind noch fragil und können nachgeben, wenn ein Skifahrer darüber fährt. Stürzt man in eine Gletscherspalte, kann das fatale Folgen haben.

Bei wenig Schnee am Gletscher die Pisten zu verlassen, ist also nur dann eine gute Idee, wenn man das Gelände und die Situation der Spaltenüberdeckung extrem gut kennt – was in der Regel nur die Locals vor Ort tun.


Pistenskitouren

Zu Saisonbeginn ist es eine gute Idee, Pistentouren zu unternehmen. Auch dort gelten einige der oben genannten Gefahren, vor allem, wenn die Piste bzw. das Skigebiet noch nicht offen ist. Gefahrenstellen sind dann noch nicht abgesichert und Lawinen können unter Umständen auch die Piste erreichen. Außerdem muss auf die Wartungsmaßnahmen zum Eröffnen des Skigebietes geachtet werden, und Pistengeräte, Beschneiungsleitungen und Schneekanonen können zur Gefahrenquelle werden. Das ist ein Grund, warum diese Pisten dann gesperrt sind, was selbstverständlich auch von Tourengeher:innen zu beachten ist. Sobald die Skigebiete offen sind, gilt: Verwende nur die empfohlenen, geöffneten und ausgewiesenen Pistenskitouren-Anstiege. Informiere dich vorab, halte dich an alle Empfehlungen und Sperren des Pistenbetreibers und beachte die Pistenregeln.


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