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Reise

Wandern in Myanmar: Auf den Gipfel des Mount Victoria

• 11. Mai 2017
4 Min. Lesezeit

Es duftet nach Rhododendrons und die Aussicht reicht bis Bangladesch und in die indischen Berge. Sarka Vackova hat sowohl auf Strom als auch auf Handynetz verzichtet und den zweithöchsten Gipfel Myanmars in Südostasien bestiegen.

Text: Sarka Vackova

Der niederländische Schriftsteller Cees Nooteboom sagte mal: „Vielleicht besteht das Glück darin, ein Land zu erleben, das so ist, wie andere Länder früher waren.“ Mit Myanmar öffnet nun ein goldenes, uraltes, fast 50 Jahre isoliertes Land die Grenzen.

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Die Sonne strahlt vom Himmel. Es ist 8:00 Uhr in Bagan und das Thermometer zeigt 32 Grad. Wir sitzen im Schatten und frühstücken Palatschinken mit Marmelade und frischen Früchten. Das traditionelle Frühstücksgericht Myanmars – warme Nudelsuppe mit Gemüse und frisch gehobelten Nüssen – lassen wir aus. Noch ein Schluck vom Tee und es kann losgehen.

Myanmar Reise
Foto: Sarka Vackova
Nüsse für die Suppe

Da hupt auch schon jemand hinter dem pinken Magnolienbusch. Wir hieven unsere Wanderrucksäcke auf den Rücken und eilen in den Hof. Dort steht ein grüner Jeep mit kaputter Frontscheibe und ein Mann in einem grünen Longyi – dem traditionellen Wickelrock. „Hi, I´m Usan.“ Seine Stimme klingt leicht nervös und unsicher – ob er Angst vor uns hat?

Mit dem Jeep unterwegs

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Zu Beginn bekommt jeder einen Mundschutz – bald darauf wissen wir warum. Der feine Staub der unasphaltierten Straßen deckt uns nach einer Weile dicht ein. Wir fahren von Bagan durch Chauk (Ayeyarwady-Überquerung), weiter nach Saw und ins Dorf  Kanpatlet. Nach acht verrückten Stunden steigen wir endlich aus – und sind nicht alleine. Zuerst denken wir, dass sich all die Dorfbewohner unseren vierradgetriebenen Jeep anschauen wollen, aber das ist falsch. Sie inspizieren uns! Touristen bekommen sie hier nämlich eher selten zu sehen, wie wir später von Usan erfahren.

Der Chin-Staat ist die ärmste Verwaltungseinheit in Myanmar. Die Bergregion war zur Zeit der Militärdiktatur nur mit Permit zugänglich. Es war keine schöne Zeit, Menschenrechte existierten nicht. Alles wurde strikt kontrolliert, die gewaltsame Niederschlagung von Protesten geheim gehalten. 1989 ordnete die Militärjunta einen neuen Staatsnamen an, um sich von der Kolonialzeit zu distanzieren: Aus Burma wurde „Myanmar“. Die Amerikaner, Engländer und diverse NGOs halten bis heute  an „Burma“ fest, während die Europäische Union und die UNO „Myanmar“ übernahmen.

Kinder bei der Arbeit im Chin-Staat

Usan´s Lampenfieber ist mittlerweile vorbei. Er fährt uns in ein abgelegenes Stammesdorf unterhalb des Mount Victoria. Dort leben die „Spinnennetzfrauen“ – Frauen mit großflächigen Spinnennetz-Tattoos auf ihren Gesichtern. Einer Legende nach tätowierten sich die Frauen der Region früher, damit sie der König nicht stahl – später während der Militärdiktatur taten es laut Usan viele, um sich unattraktiv zu machen und sich so vor dem Missbrauch durch Soldaten zu schützen. Die Chin-Tattoo-Frauen leben in Bambushütten, in denen oft ein Bild von „Aung San Sun Kyi“ (Abkürzung „Sun Kyi“) hängt. Die birmanische Friedensnobelpreisträgerin wurde im Jahr 2010 aus dem Gefängnis befreit, tritt für die gewaltlose Demokratisierung in ihrem Heimatland ein und ist heute als „Staatsberaterin“ und Außenministerin Myanmars politisch tätig.

„Spinnennetzfrauen“ im Chin-Staat

Plötzlich laufen uns 20 Kinder zu. Sie berühren uns und bewundern unsere weiße Haut. Ihre eigenen Hände sehen greisenhaft aus und weisen Risse auf den Handflächen auf. Mir geht ein Gedanke durch den Kopf: Wir sind zur besten Zeit hier – erleben noch ihr Staunen. Bald schon, wenn bessere Straßen gebaut sind, wird der Tourismus-Boom wohl auch diese Gegend erfassen und verändern. Wir verteilen Malbücher und bunte Stifte an die Kinder – sie sind begeistert.

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KInder mit Maulwurf-Malbuch

Später am Nachmittag handeln wir in der „Pina Wood Villa“ einen guten Preis aus: Eine Hütte für vier Personen kostet 70 Dollar die Nacht. Nach 18:00 Uhr stehen allerdings die Gebirgsregeln an der Tagesordnung: kein Strom und kein warmes Wasser. Eigentlich eine angenehme Zeit, die zum Nachdenken über unseren westlichen, von Konsum dominierten Lebesstil anregt.

Es geht los. Mit dem Sonnenaufgang wandern wir durch den Nationalpark Nat Ma Taung. Wir sind alleine, keine Touristen weit und breit. Es duftet nach Rododendrons. Die tropische Temperatur fühlt sich dank der Gebirgsluft durchaus angenehm an. Der Himmel ist klar und türkis, kein Nebel verstellt die Sicht. Was für ein Glück! Die imposante Landschaft zieht uns völlig in den Bann.

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Es geht los! Aufstieg zum Mount Victoria

Mount Victoria (auf Birmanisch „Natmataung“) wird als Mutter der Geister bezeichnet. Der zweithöchste Gipfel Myanmars ist 3.053 m hoch. Der Aufstieg führt über einen guten Wanderweg und ist nicht allzu schwer. Eines darf man vor dem Losgehen allerdings nicht vergessen: ausreichend Wasser kaufen. Unterhalb des Berges erstrecken sich Terrassen mit schneeweißen Reiskörnern und glänzenden Maisfeldern. Daneben Felder, auf denen Kartoffeln, Bohnen und Senf angebaut werden.

Wandern zum Mount Victoria: Zeit zum Nachdenken

Geschafft! Mit dem letzten Schritt eröffnet sich eine grandiose und atemberaubende Aussicht auf Myanmar – man kann sogar bis nach Indien und Bangladesch sehen. Im Osten liegt die Sagaing- und Magwe-Division, im Westen der Bundesstaat Mizoram in Bangladesch, im Norden der Bundesstaat Assam in Indien und im Süden der Rakhaing-Staat Myanmars. Ein faszinierender Anblick.

Buddha-Statue auf dem Gipfel des Mount Victoria

Der Gipfel des Mount Victoria zeigt sich so einzigartig und charmant wie sein Land Myanmar – der wirtschaftlich ärmste Staat in Nordost-Asien, der doch so reich an Naturschätzen ist.

Infos und Adressen: Mount Victoria, Nat Ma Taung Nationalpark, Myanmar

Map Myanmar
Foto: Wikipedia/ Bergwelten
Map Myanmar

Anreise: Mit dem Flugzeug ist es empfehlenswert über Bangkok anzureisen. Von Bangkok weiter mit Thai Airways oder AirAsia.

Visum: Kann man schnell und praktisch von zu Hause online erledigen (Kosten: 50 Dollar). Hier gehts zur eVisa Myanmar.

Beste Reisezeit: Die beste Reisezeit ist der birmanische Winter (November-Dezember). Die Termperaturen liegen dann bei 20-30 Grad.

Unterkünfte: muss man nicht im Voraus reservieren. Der Preis für ein einfaches Doppelzimmer liegt bei 20-25 Euro/Nacht.

Öffentliche Verkehrsmittel: Man kann sehr gemütlich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, vor allem mit den Bussen, durch das Land reisen. Für längere Fahrten ist es erforderlich, das Ticket rechtzeitig entweder im Hotel oder im Reisebüro zu reservieren.

Tipps und Wissenswertes:

  • Impfung gegen Hepatitis B und Typhus ist nötig.
  • Unbedingt ein Moskito-Netz und Anti-Moskito-Spray mitnehmen.
  • Die birmanische Woche besteht aus 8 Tagen.
  • Myanmar ist fast doppelt so groß wie Deutschland.

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