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Ab in den Süden

Slowenien – Piran, Höhlen und unterirdische Canyons

• 13. Juni 2022
5 Min. Lesezeit
von Frank Eberhard

In einer Höhle fährt die einzige „U-Bahn“ des Landes und in unterirdischen Canyons fließt das Wasser bis an die Adria. Frank Eberhard hat Slowenien rund um Piran auf ganz besondere Weise kennengelernt.

Bericht: Frank Eberhard

Die Adria plätschert in der Dunkelheit an den schmalen Kiesstreifen unterhalb der Klippen. Hell erleuchtet sticht der freistehende Glockenturm der Georgskathedrale über dem Städtchen in den Nachthimmel. Spaziergänger steigen, nachdem sie die Aussicht lange genug genossen haben, zum Tartini-Platz ab. Während sie über die in Jahrhunderten glatt geschliffenen Pflastersteine schlendern, zieht die offene Tür eines Ateliers ihre Blicke an. Der Maler darin hat es sich im warmen Licht mit Buch, Pfeife und einem Gläschen Rotwein gemütlich gemacht.

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Piran – italienisches Flair am Balkan

Was nach alldem klingt, wofür Reisende aus aller Welt Italien lieben, bietet auch ein kleiner Staat am Nordende des Balkans – viele kennen ihn nur als Transitland. Die Einheimischen nennen den Glockenturm Stolna Sv. Jurij. Und der zentrale Platz des Städtchens Piran, das sich auf einer Halbinsel ins Blau des Mittelmeers schiebt, heißt bei ihnen Tartinijev trg. Er ist einer der schönsten Plätze Sloweniens. Grund genug, das kleine Stück des ehemaligen Jugoslawiens nicht nur auf seine Straßenverbindung nach Kroatien und seine geografische Lage als Ostpfeiler der Alpen zu reduzieren.

Piran: Slowenische Stadt mit italienischem Flair

An heißen Tagen ist auf dem Platz selbst wenig los, nur das überlebensgroße Bildnis des Komponisten Giuseppe Tartini trotzt auch der Mittagssonne. Wer auf Reisen ist oder nicht arbeiten muss, macht es sich unter einem der Sonnenschirme der Gastronomen oder an der Promenade bequem. Wie die Küste Piran umsäumt, wird vor allem von der Stadtmauer aus deutlich. Diese schirmt den Ort vom Hinterland ab. So schweißtreibend der Weg hinauf auch ist, er lohnt sich: Die Wehranlage aus dem 15. Jahrhundert steht auf mehreren hundert Metern gut erhalten da. Sie bietet den besten Blick auf die gesamte Halbinsel mit ihrem schmucken Platz, unzähligen roten Dächern und den Türmen. Von dieser Warte aus wird deutlich, woher die Stadt ihren Charme hat. Der Zvonik, also Glockenturm, ist ein Nachbau des San Marco in Venedig. Tatsächlich gehörte Piran vom späten 13. Jahrhundert bis Ende des 18. Jahrhunderts zur damaligen Stadtrepublik auf der anderen Seite der Adria.

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Piran: Tartini-Platz und Stadtmauer-Panoramen

Jenseits der Mauer liegt die Bucht Fiesa mit einem Campingplatz. Auf dem weitläufigen Areal bieten sich Wiesen als Liegeplatz an und der lange Kiesstrand zieht sich gut einen Kilometer bis nach Piran. Auch an heißen Tagen lockert sich die Besucherschar also angenehm auf.

Bucht Fiesa

Höhlen und unterirdische Canyons

Wem es trotzdem zu heiß oder am Strand ganz einfach zu müßig wird, der kann eine Autostunde landeinwärts ein ganz anderes Slowenien kennenlernen. Dort schlängeln sich die kilometerlangen Schächte der Postojna-Höhle in den Karst der bis zu 1.200 Meter hohen Berge. „Hier fährt auch Sloweniens einzige U-Bahn“, scherzt Matjaž, ein einheimischer Höhlenführer, dessen Deutsch irgendwie alt und akademisch klingt. Schließlich gehörte Slowenien in seiner wechselvollen Geschichte auch mal zu Österreich-Ungarn. Mit „U-Bahn“ meint er den elektrischen Mini-Zug, der auf einer 3,7 Kilometer langen Strecke im Höhlensystem verkehrt. Er bringt die Besucher – sogar vorbei an einem Kronleuchter – in eine riesige, von Stalagmiten und Stalaktiten umrahmte Halle. Dort startet die Erkundung zu Fuß. Es ist kühl und feucht. Der Weg führt ungefähr in Form einer Acht durch spektakuläre Gänge, vorbei an Kalkkaskaden und bunt beleuchteten Tropfsteingebilden, die die Fantasie anregen. Sein Ende findet er an einem zweiten unterirdischen Bahnhof und schon bald vertreibt die Sonne des Mittelmeerraums wieder die Kälte aus den Knochen.

In der Postojna-Höhle

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Auf halben Weg zwischen Küste und Postojna liegt der unterirdische Canyon von Škocjan. Obwohl er sogar zum Welterbe der UNESCO gehört, ist dort weit weniger los. Der Fluss Reka verschwindet an dieser Stelle unvermittelt unter der Erde. Sein Wasser lässt sich erst viel später wieder an der Adria blicken. Auf dem Weg formt es eine archaische Unterwelt. Der Canyon verengt sich, wird wieder breiter, gleicht mal einem Saal, mal einem Schacht. Wer vom Besucherzentrum aus in einer Gruppe dorthin aufbricht, durchquert zuerst schönen Wald. Ein betonierter künstlicher Eingang macht die raue Unterwelt zugänglich. Gibt es anfangs noch ein paar Kalkformationen zu sehen, wird bald der Unterschied zur Postojna-Höhle deutlich: In diesem dunklen Reich regiert nicht die Schönheit, sondern die Gewalt des Wassers. Der größte Saal, den es ausgespült hat, misst 308 Meter in der Länge, ist 123 Meter breit und bis zu 146 Meter hoch – fast würde also der Kölner Dom hineinpassen.

Wandern durch Unterwelten

Kühn schlängelt sich der Besucherweg an den Felswänden der unterirdischen Schluchten entlang – wer den „Hobbit“ gesehen hat, erwartet dort Horden von Orks. Doch Slowenien ist nicht Mittelerde und das Donnern der Reka bleibt die einzige Gewalt im Bauch des Berges. Stück für Stück nähert sich der Weg dem Strom an. An der Cerkvenik-Brücke rauscht der Fluss noch 45 Meter unter den Füßen der Besucher. Später werden sie fast auf Tuchfühlung zu seiner sprühenden Gischt gehen. Wieder ans Tageslicht gelangen sie durch den Einsturztrichter einer riesigen Doline. Das Grün der Bäume, die sich an die hellen Kalkwände klammern, wirkt nach nur knapp zwei Stunden unter der Erde geradezu verschwenderisch.

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Der Canyon von Škocjan

Nach ein paar schönen Minuten entlang der steilen Abbrüche, führt ein Queraufzug wieder zur wohlvertrauten Oberwelt zurück. Einer kleinen Welt am Rand des Balkans, die weit mehr zu bieten hat, als nur die Julischen Alpen und eine weitere teure Vignette auf dem Weg nach Kroatien.

Infos und Adresse: Slowenien, rund um Piran

Slowenien Karte
Foto: Wikipedia/ Bergwelten
Slowenien Karte
  • Lage: Piran liegt auf einer kleinen Halbinsel im äußersten Südwesten Sloweniens. Bis zur kroatischen Grenze sind es rund elf, nach Italien gut 25 Kilometer. Insgesamt ist die slowenische Adriaküste nur 47 Kilometer lang. Škocjan liegt etwa 50 Kilometer entfernt, nach Postojna sind es 75 Kilometer.
  • Anreise: Piran ist aus dem gesamten deutschsprachigen Raum bequem mit dem Auto zu erreichen: Von Wien aus führt der Weg durch Slowenien über Maribor und Ljubljana (500 km). Von München aus geht es an Salzburg vorbei und über das Kreuz Villach/Klagenfurt nach Ljubljana und von dort aus über das Höhlengebiet ans Meer (520 km). Von Zürich über Mailand und an Venedig vorbei (730 km).
  • Beste Zeit: Für einen Trip an die Slowenische Adria eignet sich die Zeit zwischen Anfang Juni und Mitte Oktober am besten. Dann ist das Meer in der Regel warm genug, um darin zu baden. Die Temperatur in den Höhlen ist ganzjährig konstant kühl (acht bis zwölf Grad), sodass auch bei 30 Grad Außentemperatur wärmere Kleidung dabei sein sollte.
  • Unterkunft: In Piran gibt es eine Reihe komfortabler Hotels mit Doppelzimmer-Preisen um die 90 Euro pro Nacht. Für Reisende mit kleinerem Budget bieten sich ein Minihotel (DZ ab 60 Euro) oder eine Unterkunft für Rucksackreisende (DZ ab 44 Euro) an. An der nahegelegenen Bucht Fiesa liegt der gleichnamige Campingplatz nur wenige Schritte vom Meer entfernt. Allgemein hat sich das Preisniveau in Slowenien an das mitteleuropäische angepasst.

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