Das Parpaner Rothorn
Vom Erzlieferanten zum Pistentraum: Eingebettet in die Gipfelwelt um Lenzerheide, ist das Parpaner Rothorn für viele Skifahrer der spannendste Berg der Region.
Uta de Monte für das Bergweltenmagazin Dezember/Januar 2018/19 aus der Schweiz
Peng. Einatmen, laden, ausatmen. Peng. Yes! Fünf Schuss, fünf Treffer. Ich schnappe meine Stöcke, die auf der Bodenmatte liegen, verlagere mein Gewicht auf die Knie, dann auf die Füße, stehe wieder auf beiden Skiern. Eine 400-Meter Runde durch die Biathlon-Arena – dann heißt es schießen im Stehen. Ich schnaufe. Mein Oberkörper bewegt sich durch die starke Atmung zu heftig. Das Gewehr lässt sich nicht ruhig abstützen. Alle Schüsse gehen daneben. Nach der aufgebrummten Strafrunde zurück auf den Hauptkurs, Gas geben, ein paar schwungvolle Stockschübe – Ziel, geschafft!
Franco Züger freut sich mit. Nach einer ausführlichen Theorielektion und intensivem Schiesstraining hat uns der technische Leiter der Anlagen der Biathlon-Arena in Lenzerheide spüren lassen, wie sich diese anspruchsvolle Kombinationssportart wirklich anfühlt. Mit 30 Zielscheiben ist die Biathlon-Arena in Lenzerheide nicht nur die größte Anlage des Landes – sondern sie bietet auch ein imposantes Alpinambiente: Im Westen wird das Hochtal vom Kamm zwischen Piz Scalottas (2.324 m) und Stätzer Horn (2.575 m) begrenzt, im Osten ragen dann Lenzer Horn (2.906 m) und Parpaner Rothorn (2.896 m) steil und wuchtig in den Himmel.

Am nächsten Tag werden die schmalen gegen die breiten Bretter getauscht. Wir wechseln in die Vertikale. Mit der Rothornbahn geht es auf das Parpaner Rothorn hinauf – der höchste und für viele Alpinfahrer spannendste Punkt der Region Lenzerheide: Auf über 2.800 Meter Höhe spuckt die geräumige Gondel ihre Mitfahrer auf einer kleinen Plattform aus.
Ab hier gibt es genau zwei Wege: entweder ins Panoramarestaurant mit seinem fantastischen Ausblick über die Weite der Alpengipfel, die einen hier oben umgeben wie die Spitzen unzähliger Grashalme auf einer weiten Wiese; oder auf der zum Teil rasanten, steilen Piste nach unten. Die Piste führt gleich nach wenigen hundert Metern durch eine direkt in den Hang hinein gebaute Galerie. Zugegeben, diese ist mit ihrem Bretterverschlag und den Metallgeländern nicht sonderlich schön – sie macht aber das Skifahren am Parpaner Rothorn attraktiv, wenn nicht sogar überhaupt erst möglich. Um die Notwendigkeit der Galerie zu verstehen, hilft ein Blick in die Geschichte.
Dem Bau der Rothornbahn gingen rege Diskussionen innerhalb der Gemeinde voran, die Gründung einer Aktiengesellschaft zur Finanzierung wurde hoffnungsfroh und großen Mutes vollzogen. Es ging um viel: der Vorsprung, den Lenzerheide und Valbella gegenüber den benachbarten Kurorten Davos, Arosa oder Sankt Moritz hatte, war – so berichten Zeitdokumente – Ende der Fünfzigerjahre verlorengegangen. Ein visionäres Konzept musste her, um den touristischen Erfolg wieder in Schwung zu bringen.
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Von der Piste in den Pulver
Was also der Erzabbau in der früheren Geschichte des Rothorns war, sollte von nun an die Bergbahn sein: gewinnträchtig. Der erste Winter der Rothornbahn (1963/64) war ein voller Erfolg. Der milde Winter lockte Skifahrer in die neu erschlossenen Höhenlagen. Das Folgejahr jedoch war prekär – wegen starker Schneefälle und Lawinengefahr konnte die Nordflanke des Bergs während eines Drittels der Betriebszeiten nicht befahren werden.
Man handelte schnell: Gleich im darauffolgenden Sommer bauten die Bergbahnen die Galerie in den Lawinenhang am oberen Drittel des Bergs. Dies erhöhte die Sicherheit der Gäste und verlängerte gleichzeitig die Skisaison um einen Monat. Wer heutzutage in die Lenzerheide zum Alpinskifahren kommt, der folgt dem Verlauf der Sonne: Sie zeigt sich morgens als Erstes am Piz Scalottas, auf der Gegenseite des Parpaner Rothorns, schiebt sich nachher über den Grat zum Stätzer Horn und wandert am Nachmittag auf der Westseite des Hochtals über die steilen Abfahrten des Parpaner Rothorns.

Mit einer Skitour in den frühen Morgenstunden lassen sich die Sonnenstrahlen maximal auskosten. Die Seite des Piz-Scalottas ist dafür ein ideales und wegen seiner eher flachen Lage relativ sicheres Gelände. Frühaufsteher, die an der Talstation Valbella einsteigen, haben morgens noch alle Hänge für sich allein und können nach einigen hundert Metern von der frisch präparierten Skipiste links auf den licht bewaldeten Hang abbiegen. Tourenführer Alexander Blaesi legt ein rassiges Tempo vor.
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Der 55-jährige Lenzerheidner ist ausgebildeter Skilehrer und führt mehrere Sportgeschäfte rund um Lenzerheide und Valbella. Er ist ein Urgestein der Region, kennt jeden Felsen am Berg und jeden Baum am Hang. „Als ich klein war, war es noch freier. Die Baumgrenze ist in den letzten Jahrzehnten sichtbar nach oben gewandert, die unteren Hänge sind dichter bewachsen“, redet sich der junggebliebene Sportler warm. „Und das hier“, er zeigt auf die vielen Ferienwohnungen und Parkplätze an der Talstation, „war auch noch nicht.“

Was die Schotten hier suchen
Die Briten, erzählt Alexander weiter, hätten dafür gesorgt, dass die Region zur großen, international beliebten Urlaubsdestination wachsen konnte: dank Erschließung der Skipisten über die Bergbahnen in den Dreißigerjahren. Einem stillen und charismatischen Zeitzeugen begegnet man auf der Tour gute 700 Höhenmeter und zweieinhalb Stunden weiter oben, nur wenige Minuten unterhalb der Bergstation Scalottas und etwa 50 Meter von der Piste entfernt – die heimelige June-Hütte.
Sie wurde 1937 zu Ehren des schottischen Mädchens June erbaut. Warum eine schottische Familie ausgerechnet hier ihr privates Feriendomizil wählte, wird schnell klar. „Das ist der Grund“, erklärt Hüttenwirtin Monika Stadler mit vier Worten, zwei weit ausgestreckten Armen und einem strahlenden Blick. Man könnte meinen, sie wolle die gegenüberliegende Bergkette heftig umarmen und nie wieder loslassen. „Diese Kulisse ist einfach das Beste, was einem Menschen je passieren kann“, präzisiert die 53-Jährige mit Blick auf die vom Parpaner Rothorn dominierte Szenerie. Treffender kann man es nicht sagen.
Vor sanftem blauem Himmel reiht sich ein Gipfel an den nächsten. Und die markanten Felsstrukturen verleihen dem Panorama eine ungeheure Tiefe.
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Eine Kulisse, die hungrig macht. Monikas Berghütte empfängt ihre Gäste schon vor der hölzernen Eingangstür mit dem Duft eines gerade gefeuerten Ofens. Liebevoll dekorierte, holzgerahmte Fenster in einer rustikalen Steinwand hatten bereits von außen verraten, dass die Gaststube mit ihrer niedrigen Decke und der vollständigen Holzvertäfelung urchig-gemütlich ist. Duftender Kaffee, mächtige Frühstücksplatten mit regionalem Alpkäse und Salsiz.
Aus den Gesprächen mit Tischnachbarn und Einheimischen kristallisiert sich schnell heraus: Das Herz der meisten ortskundigen Skifahrer schlägt für den Ostkamm zwischen Piz Scalottas bis Stätzer Horn. Hier sind die Pisten vielseitig und abwechslungsreich, das komplette Hochtal liegt einem bei allen Abfahrten zu Füssen.
Im Fünf-Minuten-Takt laden gemütliche Bergwirtschaften zum Pausieren auf der Sonnenterrasse ein. Viele schätzen zudem das ausgeklügelte System aus Sesselbahnen und Schleppliften, das die komplette Breite zwischen den beiden Gipfeln erschließt. Nach dem Frühstück führt uns Alexander die letzten wenigen Höhenmeter auf den Piz Scalottas hinauf.
Der Rundblick zeigt Lenzerheide als Einheit von sanften Zügen und imposanten Gipfeln, dazu ein gelungenes Zusammenspiel alpiner Möglichkeiten auf engem Raum. Eine clevere Kombination aus rauer Bergwelt und moderner Entwicklung. Und am heutigen Tag: die perfekte Harmonie von sportivem Aufstieg und genussvoller Abfahrt. Ein Volltreffer eben.