Was tun bei Hitze am Berg?
Hohe Temperaturen und körperliche Anstrengung bedeuten: großes Risiko. Im heutigen Berg-Know-How: Zu den Folgen von Hitze und was wir dagegen tun können. Die Sicherheitsexperten Peter Plattner und Walter Würtl klären auf.

Während eine Erfrierung analog zum Sonnenbrand eine lokale Schädigung des Gewebes bedeutet, entsprechen der allgemeinen Unterkühlung systematische Probleme wie Hitzekollaps, Hitzeerschöpfung oder Sonnenstich. Dabei handelt es sich um Reaktionen des Körpers, welche mitunter fatale Konsequenzen haben können. Es gilt also, diese Reaktionen bereits präventiv durch richtiges Verhalten zu vermeiden.

Temperaturregulation des Körpers
Unser Körper funktioniert, wenn die Körperkerntemperatur etwas unter 37° Celsius liegt. Steigt diese Temperatur über circa 42°, hat das massive Auswirkungen und kann letztendlich zum Versagen mehrerer Organe führen. Beim Bergsteigen kommt zu hohen Temperaturen dann auch noch die körperliche Anstrengung hinzu. Durch verschiedene Arten des Wärmeaustausches versucht unser Körper die „Hitze“ wieder loszuwerden. Hauptsächlich kommt es zur Bildung von Schweiß und mit seiner Verdunstung zu einem kühlenden Effekt auf der Haut. Damit einher geht aber auch eine verstärkte Durchblutung der Haut, wodurch die Herzfrequenz steigt und letztlich der Kreislauf belastet wird.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Luftfeuchtigkeit, denn ab circa 35° Celsius ist die Wärmeabgabe durch Schweißbildung am wichtigsten. Je höher aber die Luftfeuchtigkeit ist (das heißt: je mehr sie bereits mit Wasserdampf gesättigt ist), desto schlechter kann der Schweiß verdunsten und somit Wärme abführen. Deswegen ist weniger die absolute Temperatur als vielmehr der Taupunkt (dann ist die Luft zu 100% gesättigt) für unser Wohlbefinden und die Belastung auf den Körper entscheidend. Aus diesem Grund halten wir es in der trockenen Wüste bei 45° besser aus als im feucht-tropischen Regenwald bei 34° Celsius.

Da am meisten Schweiß durch Kopf und Oberkörper abgegeben wird, sollte besonders an diesen Stellen möglichst luftige Kleidung getragen werden, um einen optimalen Wärmeaustausch zu befördern. Auf einer langen sommerlichen Klettertour in einer Südwand sollte also ein gut durchlüfteter Helm verwendet werden. Übrigens beschleunigt Wind die Verdunstung des Schweißes auf der Haut, was eine kühlende Wirkung hat.
Wer sich über einen längeren Zeitraum in heißen Gebieten aufhält, wird einen Gewöhnungseffekt bemerken. Nach 10-14 Tagen wird der Kreislauf weniger belastet und die Leistungsfähigkeit steigt, unter anderem weil der Körper mit einer höheren Schweißbildung reagiert. Schweiß besteht aus Elektrolyten und Wasser. Die Schweißproduktion geht auf Kosten des Blutplasma-Volumens – der Körper kann bei extremer Hitzebelastung zunächst bis zu vier Liter Schweiß pro Stunde produzieren, später noch bis zu einen Liter pro Stunde. Das kann dramatische Flüssigkeitsverluste bedeuten! Ähnlich wie beim Höhenbergsteigen empfiehlt sich daher eine langsame Gewöhnung, in unserem Fall: an die Hitze.

Flüssigkeitszufuhr
Regelmäßiges Trinken ist beim Bergsteigen immer gut. Während es bei uns in den Alpen zumeist ausreicht vor und nach der sportlichen Betätigung ordentlich zu trinken, ist in heißen Gebieten regelmäßiges, über den Tag verteiltes Trinken notwendig, um den Wasser-Elektrolyt-Haushalt im Normbereich zu halten. Die notwendigen Elektrolyte werden normalerweise durch die Nahrung aufgenommen, sodass ergänzende Tabletten nicht notwendig, teilweise sogar kontraproduktiv sind. In heißen Gebieten sollte Wasser, eventuell gesüßt mit Fruchtsäften, unseren Durst stillen, nur in Ausnahmefällen muss auf Elektrolytgetränke zurückgegriffen werden. Keinesfalls sind Experimente mit oft schlecht verträglichen Pülverchen zu empfehlen! Achtung: Man kann auch zu viel trinken und den Körper überlasten. Vor allem Wanderer mit riesigen Trinkblasen sind hier mitunter gefährdet.
Hitzeschäden
Beim Bergsteigen können folgende Hitzeschädigungen auftreten:
- Dehydratation als Folge einer Störung des Wasser-Elektrolyt-Haushaltes. Man fühlt sich zwar ausgelaugt und erschöpft, ist aber noch ansprechbar und orientiert. Der Puls ist hoch, aber die Körperkerntemperatur normal. Beginnt man nicht rasch zu trinken, steigt die Gefahr eines Hitzschlags. Auch können Koordinationsprobleme (Absturzgefahr) und Muskelschmerzen auftreten.
- Hitzeschlag als Folge einer Störung der Temperaturregulation, oft als Folge einer Dehydratation. Man fühlt sich erschöpft und ist „verwirrt“. Der Puls und die Körperkerntemperatur sind hoch. Wird der Körper nicht rasch aus der Sonne gebracht und abgekühlt, kann er mit Krämpfen und Bewusstlosigkeit reagieren. In letzter Konsequenz kann es zum Herzversagen kommen. Dem „echten“ Hitzschlag geht meist die sogenannte Hitzeerschöpfung voraus. Es gilt: das eigene Verhalten sowie das seiner Bergkameraden aufmerksam beobachten – und lieber zu früh als zu spät reagieren.
- Sonnenstich als Folge einer Reizung der Hirnhäute durch intensive kontinuierliche Sonneneinstrahlung auf den nicht geschützten Kopf- und Nackenbereich. Man bekommt Kopfschmerzen und einen roten Kopf, einhergehend mit Übelkeit und Desorientieung. Werden Kopf und Nacken nicht gekühlt und der Körper aus der Sonne gebracht, drohen Koma und Hirnödem.

Was tun?
Es gibt verschiedene Aspekte, die auf die Wärmebelastung des Körpers wirken. Dabei muss zwischen folgenden Faktoren unterschieden werden:
- Wetter: Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur, Wind.
- Mensch: allgemeiner Gesundheitszustand, Fitness, Akklimatisation, Flüssigkeitszufuhr.
- Tätigkeit: Aktivität/Anstrengung, Bekleidung (Helm, Kappe), Belastung (Rucksack).
Davon abhängig empfiehlt es sich bereits präventiv auf die steigende Hitzebelastung zu reagieren:
- Mehr und längere Pausen als sonst einlegen.
- Mehr als üblich trinken.
- Die körperliche Belastung geringer halten.
- Erst bergsteigen gehen, wenn man ausreichend hitze-akklimatisiert ist.
- Touren im Schatten bevorzugen.
- Schützende Kleidung tragen.
Tatsächlich tritt Durstgefühl oft erst auf, wenn es bereits zu spät ist. Je nach Hitze und Belastung werden in echten Hitzegebieten zwischen 0,5 und 1 Liter pro Stunde empfohlen. Bergsteiger sollten sich in solchen Gebieten nur in Ausnahmefällen bewegen, denn diese Flüssigkeitsmengen mitzuschleppen ist praktisch nicht möglich. An besonders heißen Tagen sollte jedoch durchaus mehr Flüssigkeit als gewohnt mitgeführt werden. Insbesondere vor der Tour sollte ausgiebig getrunken werden, mindestens einen halben Liter sollte man zum Frühstück aufnehmen – was übrigens vor jeder Bergtour eine gute Idee ist.

Bei (drohendem) Hitzschlag gilt es den Körper zu kühlen, also in den Schatten zu bringen und – wenn möglich – die Haut feucht zu halten (beispielsweise mit einem feuchten Halstuch). Dazu sollte in vernünftigen Mengen getrunken werden. Ein ausgeprägter Hitzschlag ist ein lebensbedrohlicher Zustand, daher gilt es die Rettungskräfte zu alarmieren! Bei auftretender Bewusstlosigkeit muss entsprechend des Erste-Hilfe-Schemas vorgegangen werden.
Ein Sonnenstich kann durch entsprechende Schutzbekleidung von Kopf und Nacken verhindert werden. Vor allem am Gletscher sind Sonnenhut und hochgestellter Hemdkragen oder Halstuch Pflicht – einige schwören in wüstenähnlichen Gebieten übrigens auch auf einen Sonnenschirm.