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Hike&Fly am Achensee

Per Gleitschirm zurück ins Tal

• 4. Juli 2016
4 Min. Lesezeit
von Lea Hajner

Insgeheim wünschen wir uns wohl alle ab und zu einen kleinen Schirm, mit dem wir einfach vom Gipfel zurück ins Tal fliegen können. Ein Privileg der Gleitschirmflieger? Nicht unbedingt – am Achensee in Tirol ist Hike&Fly ab sofort auch für Flug-Laien möglich. Lea Hajner hat es ausprobiert.

Hike&Fly am Achensee
Foto: Lea Hajner
Unterwegs mit dem Gleitschirm: Blick aus der Luft auf den Achensee
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Für viele Gleitschirmflieger ist Hike&Fly – die Kombination aus Wandern und Gleitschirmfliegen – das eigentliche Ziel ihres Flugscheins. Mit dem mittlerweile ultraleichten Equipment am Rücken lässt es sich ohne Probleme einige Stunden zu entlegenen Startplätzen gehen. Für den Flug wird der Rucksack dann einfach zum Sitzgurt umgewandelt. Höhen oder Streckenflüge macht man damit nicht, aber sicher abgleiten lässt es sich wunderbar. Der ein oder andere neidische Blick ist einem dabei fast immer garantiert.

Mike Küng ist einer der besten Gleitschirmflieger und – so sagt man es ihm nach – ein wenig verrückt. „Mad Mike“ nennt er sich selbst auf seiner Webseite. Dabei erscheint mir seine neueste Idee, die er gemeinsam mit dem befreundeten Bergführer Andreas Nothdurfter geboren hat, eher genial als verrückt. Und vor allem ideal für Menschen wie mich, die gerne wandern und Klettersteig gehen, aber keinen Paragleit-Schein besitzen. Mit Hike&Fly kommen auch Laien in den Genuss dieses Erlebnisses.

Auf dem Weg zum Hike&Fly-Startplatz

2 Tage Action am Achensee

Wir treffen uns an der Talstation der Rofanseilbahn zur Materialvergabe und zum Umpacken. Denn auch die Mitflieger müssen einen (nicht ganz kleinen) Teil der Ausrüstung tragen und packen dafür ihre eigenen Sachen in einen Rucksack um, der später als Sitzgurt im Tandem dienen wird. Zusätzlich kommen auch noch ein Klettergurt, ein Klettersteigset, Handschuhe und ein Helm mit in den Rucksack. Dann bleibt gerade noch Platz für eine Regenjacke, eine Kamera und eine kleine Jause.

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Der Zustieg zum Klettersteig aufs Spieljoch ist gemütlich, der etwas größere Rucksack hängt sich jedoch an. Für die leichten Kletterpassagen (A-B) lassen wir uns Zeit, mit großem Rucksack und bei den teils noch nassen Wänden und erdigen Schuhen ist das auch notwendig. Nicht ganz so erfahrene Kletterer in der Gruppe sichert Bergführer Andreas mit einem zusätzlichen Seil.

Bereit machen zum Abflug

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Geschafft! Am Startplatz warten bereits die Piloten, die den normalen Wanderweg hinaufgegangen sind. Das Wetter zieht zu, wir müssen uns sputen. Ich schlüpfe in die lange Hose, ziehe die Regenjacke über und als Artur, mein Pilot, mir die letzten Anweisungen gibt, heben bereits die ersten über der schrägen Wiese ab. „Alles gut bei dir?“, will Artur wissen. Alles bestens bei mir! Ob ich Lust auf ein bisschen Action habe oder mal selbst lenken möchte? Na klar, aber die Action hebe ich mir lieber für morgen auf. Heute genieße ich es einfach in der Luft zu schweben. Oder eher zu fliegen – und das ganz schön kurz, wie sich herausstellt. Viel zu kurz für meinen Geschmack, ich hätte es noch eine ganze Weile dort oben ausgehalten. Aber morgen steht ja noch ein weiterer Flug am Programm.

Tag 2: Wilde Flug-Akrobatik – ohne Handy

Am zweiten Hike&Fly-Tag will ich es wissen. Wie es ist, mit jemandem zu fliegen, der seinen Schirm so unter Kontrolle hat, dass er damit aus über 10.000 Metern Höhe eine Punktlandung hinbekommt. Der österreichische Gleitschirmakrobat Mike Küng ist so einer. Das Wetter spielt heute nicht ganz so schön mit wie am ersten Tag, aber wir sind flexibel und ziehen das Fliegen im Programm vor – der Klettersteig wird am Nachmittag nachgeholt. So kommen wir garantiert zum Fliegen und das schneller als gedacht, nur wenige Minuten von der Bergstation und der Erfurter Hütte entfernt liegt der Startplatz.

Erfurter Hütte
Foto: Lea Hajner
Die Erfurter Hütte liegt direkt an der Bergstation

Wieder zieht das Wetter zu und die Wolken kommen näher. Der Start geht schnell und ohne Probleme. Nur einem ist es zu viel: mein Handy entscheidet sich auszusteigen. Shit.

Aber da das Handy wohl längst am Boden ist und ich nichts daran ändern kann, außer mich über mich selbst zu ärgern, schiebe ich das einfach mal beiseite. Denn jetzt kommt der Teil auf den ich gewartet habe: Wingover, Looping und Schwerelosigkeit. Ich bin erst ein Mal in meinem Leben Achterbahn gefahren und definitiv kein Freund der Schleifen. Aber hier in der Luft mit dem großen Schirm, Mike, der ihn steuert und ich unten dran – das ist richtig geil. Das Adrenalin schießt mir ins Blut, ich will mehr. Soll ich kriegen.

Und dann müssen auch wir zurück zum Boden. „Stehend bitte, weil sitzend sieht scheiße aus“, findet Mike. Gut, dann also stehend. Punkt, Landung, Stillstand.

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Und jetzt? Ich kann niemanden anrufen und habe auch kein Foto zum Posten. Das werde ich später nachholen, wenn der kleine Suchtrupp ausgerückt ist und mittels „Find My Phone“ das Handy im Wald wiedergefunden hat – und das sogar fast unversehrt.

Den Klettersteig holen wir jetzt, wo die Wolken sich doch wieder etwas verzogen haben, nach. Und siehe da: am Gipfel der Hochstellwand öffnen sich doch noch einmal die Wolken und geben ein Startfenster frei, das Mike und zwei andere Piloten nutzen können.

Da ist er wieder. Dieser ungeheure Flugneid. Vielleicht wäre es doch an der Zeit etwas dagegen zu unternehmen und den Schein selbst zu machen. Oder sich einfach nochmal zwei Hike&Fly-Tage zu gönnen. In den kommenden Monaten bietet sich ausreichend Gelegenheit dazu.

Mike Krüger in der Luft

Kommende Hike&Fly-Termine am Achensee:

17. & 18. September 2016

22. & 23. Oktober 2016

05. & 06. November 2016

Weitere Termine auf Anfrage 

Voraussetzungen: gute Kondition, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit

Kosten: 399€ für 2 Tage

Links:

Webseite Mike Küng

Achensee: Hike&Fly

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