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How to fahrRad

3 Gründe, warum man mit weniger Reifendruck mehr Spaß auf dem Rad hat

• 8. November 2023
4 Min. Lesezeit

In Sachen Reifendruck war unsere Autorin früher mit dem Motto „viel hilft viel“ unterwegs. Mehr Luft gleich weniger Rollwiderstand – dachte sie. Doch das ist ein Mythos. Nicht nur für den Fahrkomfort, auch für die Performance kann es schlau sein, Druck abzulassen.

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Foto: Julian Rohn
Bevor man zur Pumpe greift, sollte man wissen, wie viel Reifendruck überhaupt sinnvoll ist.
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Beitrag: Anke Eberhardt, Fotos: Julian Rohn

Gleich vorne weg: natürlich ist genug Luft im Fahrradreifen wichtig. Aufpumpen schützt zum einen gegen Pannen. Ausreichend Luft = weniger Platten. Denn wer mit zu wenig Druck unterwegs ist, riskiert Durchschläge auf die Felge, was den Schlauch einzwicken kann und dann ist der Reifen platt. Oder noch schlimmer: die Felge kaputt.

Mit ordentlichem Druck ist außerdem der Reifenverschleiß geringer. Wenn man mit zu wenig durch die Gegend eiert, beansprucht das den Gummi sonst ziemlich.

Und auch das Fahrverhalten des Rads leidet. Bei zu wenig Luft wird die Lenkung schwammig und gerade bei höheren Geschwindigkeiten oder in Kurven wird das Fahrgefühl instabil. Und irgendwann wird auch der Rollwiderstand zu groß. Das kostet Kraft und macht keinen Spaß.

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Foto: Julian Rohn
Zu wenig Luft ist nicht schlau, zu viel Luft kann aber nicht nur den Fahrspaß vermiesen.

In Innenstädten sieht man ständig Leute, die auf ihren City-Bikes mit zu wenig Reifendruck fast auf der Felge herumfahren, weil sie zu faul waren, die Standpumpe aus dem 4. Stock zu holen (ich bin ebenfalls schuldig!). Stattdessen gibt es in freier Wildbahn bei sportlichen Rädern sehr oft Menschen, deren Reifen bis zum Anschlag vollgepumpt sind. Und auch ich war einer davon – bis ich dank der Recherche für dieses Video herausgefunden habe, warum das wirklich nicht schlau ist.

Wer jetzt lieber zuhört als liest, klickt einfach auf Play.

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Weniger ist wirklich mehr

Noch da? Dann folgen hier drei gute Gründe für weniger Luft im Pneu:

1. Weniger Reifendruck = Mehr Bodenhaftung

Je weniger stark der Reifen aufgepumpt ist, desto mehr Material berührt den Boden. Logisch: weil der Reifen breiter heruntergedrückt wird. Mit weniger Luft wird die Auflagefläche des Reifens größer – wodurch es auch mehr Kontaktpunkte vom Profil gibt. Und dadurch bekommt der Reifen mehr Bodenhaftung. Was ja ein enormer Sicherheitsaspekt ist!

Beim Bremsen und in Kurven bringt weniger Reifendruck mehr Halt. Weil sich ein weniger voll aufgepumpter Reifen besser um Steine et cetera herumstülpt und nach einem Hindernis wieder schneller Kontakt zum Boden hat. Er „folgt“ dem Untergrund besser.

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Außerdem wird das Risiko geringer, dass der Reifen auf Unebenheiten springt und danach wegrutscht. Vor allem auf unebenem Untergrund. Gerade bei Mountainbikes heißt es in Sachen Reifendruck deswegen oft Limbo: How low can you go?

Aber auch Rennradfahrer lassen bei Regen gerne mal Luft raus, weil sich der Reifen dann besser mit dem Asphalt „verzahnen“ kann und die Gefahr geringer wird, dass man abschmiert.

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Foto: Julian Rohn
Nicht nur bei Hindernissen gilt: So viel Druck wie nötig, aber so wenig wie möglich.

2. Weniger Reifendruck = mehr Komfort

Der Reifendruck hat einen riesigen Einfluss darauf, wie bequem sich der Alu-, Stahl- oder Carbon-Esel fährt. Es ist schon ironisch, dass immer mehr Räder Federgabeln und Dämpfer haben, aber viele Leute trotzdem die Reifen bis kurz vor Platzen aufpumpen.

Luft funktioniert ja schließlich auch als Dämpfung!

Wenn ein Reifen nicht bis zum Anschlag vollgepumpt ist, dämpft er Schläge besser ab. Und wenn es einen nicht bei jeder Bordsteinkante bis ins Mark erschüttert, IST DAS UNFASSBAR GUT! Weniger Reifendruck heißt deswegen auch: mehr Komfort und das Rad läuft insgesamt ruhiger.

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Foto: Julian Rohn
Wenn ein Reifen Schläge dämpft, macht das Fahren mehr Spaß.

3. Weniger Reifendruck = weniger Rollwiderstand

Ich habe früher immer gedacht: je weniger Kontakt ein Reifen zum Untergrund hat, desto besser rollt er. Meine Logik war: viel Luft = weniger Auflagefläche = weniger Rollwiderstand.

Deswegen habe ich meine Reifen immer knallvoll gepumpt, weil ich dachte, dann bin ich schneller. Aber für das Video-Tutorial habe ich ein halbes Dutzend Reifen-Experten genervt und die sagen alle: ist Quatsch. In der Theorie stimmt das zwar, wenn man vom perfekten Untergrund ausgeht, der glatt ist wie ein Babypo. Oder eine Radrennbahn. Aber Straßen sind nicht perfekt!

Und wenn der Untergrund uneben ist, wie das selbst Asphalt nun mal ist, dann springen härter aufgepumpte Reifen mehr und dadurch wird der Rollwiderstand größer.

Reifen mit höherem Druck prallen ordentlich ab und müssen das Rad und das Gewicht des Fahrers über Hindernisse drüber heben. Das kostet Kraft und Zeit, bis der Reifen weiterrollen kann. Und auch bei kleinen Steinen oder Asphaltunebenheiten ist das nicht anders.

Reifen mit niedrigerem Druck schlucken Unebenheiten eher und brauchen weniger Energie, um sich um ein Hindernis herum zu verformen. Da rollt man mit weniger Unterbrechung und dadurch: schneller.

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Foto: Julian Rohn
Mit dem richtigen Reifendruck ist man schneller – das gilt fürs Gravelbike genauso wie fürs Tourenrad.

Je holpriger der Untergrund, desto stärker ist der Effekt und desto weniger Vorteile hat man vom prallvollen Reifen. Deswegen versucht man bei Mountainbikes und Gravelbikes schon lange mit so wenig Reifendruck wie möglich zu fahren. Aber auch beim Rennrad geht der Trend inzwischen zu weniger ist mehr. Weil man nicht nur bessere Bodenhaftung hat, sondern auch insgesamt flotter unterwegs ist.

Mehr Auflagefläche ermöglicht außerdem mehr Kraftübertragung, weil sich der Reifen besser „abstoßen“ kann. Also mehr Traktion und doppelter Grund für: schneller.

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Foto: Julian Rohn
Was der „richtige“ Reifendruck ist, hängt von Reifen- und Felgenbreite, Fahrergewicht und Terrain ab – und ist nicht zuletzt auch Geschmacksache.

Das Fazit

Und klar, die vorangegangenen Überschriften sind natürlich etwas provokant formuliert, weil man mit VIEL zu wenig Reifendruck natürlich auch wieder zu VIEL Rollwiderstand bekommt. Und man mit VIEL zu wenig Reifendruck in Kurven abschmiert. Und mit VIEL zu wenig Reifendruck riskiert man wieder Platten. Also klar: alles in einem bestimmten Bereich!

Aber dafür gibt’s im Video ja auch alle Tipps, wie man den richtigen Druck für sich und sein Rad findet. Und dann mit hoffentlich mehr Bodenhaftung, mehr Komfort und weniger Rollwiderstand fährt – und das heißt: mit mehr Spaß!

Also anschauen, ausprobieren und dann den persönlichen perfekten Reifendruck feiern!

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Foto: Julian Rohn
In diesem Sinne: Happy Cycling!

Weitere Tutorials zum Thema Radfahren, wie man ohne Anfängerfehler einen Schlauch wechselt und was ein Mini-Pony mit der Sattelhöhe zu tun hat: bei „How to fahrRad“. Der ersten Fahrrad-Tutorial-Serie, deren Kernkompetenz auf Inkompetenz beruht.

Hier geht’s zum YouTube-Kanal.

Und hier zum Instagram-Profil unserer Autorin – inklusive ihrer Online/Offline Bergwelten-Kolumne.

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