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Hirsch, Gams und Co.

Wildtiere: Achtsam unterwegs im Winter

• 16. Januar 2024
3 Min. Lesezeit
von Christina Schwann

Der Winter ist für Wildtiere eine herausfordernde Zeit. Rehe, Hirsche, Gämsen und Raufußhühner müssen mit ihren Reserven sparsam umgehen und sind auf Ruhe angewiesen. Werden sie im Winter häufig aufgeschreckt, bedeutet das aber nicht nur Stress für die Tiere, sondern hat auch weitreichende Folgen für den Schutzwald. Mit ein paar einfachen Verhaltensregeln kannst du dazu beitragen, Tiere und Wald zu schonen, ohne auf dein Naturerlebnis zu verzichten.

Gämsen sind gut an die winterlichen Bedingungen im Hochgebirge angepasst.
Foto: Josef Kirchmair
Gämsen sind gut an die winterlichen Bedingungen im Hochgebirge angepasst.
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Skitouren oder Schneeschuhwanderungen in unberührter Naturlandschaft sind etwas ganz Besonders und bereichern unser Leben. Allerdings betreten wir dabei den Lebensraum von Wildtieren, die vor allem im Winter auf Ruhe angewiesen sind. Oft merken wir gar nicht, dass unsere Anwesenheit sie in Bedrängnis bringt, weil sie ausweichen, bevor wir sie zu Gesicht bekommen. Mit der Einhaltung dieser einfachen Empfehlungen können wir aber vermeiden, unabsichtlich zum Störfaktor zu werden:

Bei Skitouren sollte man auf Wildtiere Rücksicht nehmen
Foto: Rudi Wyhlidal / Red Bull Media House Publishing
Bei Skitouren im freien Gelände sollte man auf Wildtiere Rücksicht nehmen

1. Ausgewiesene Wildruhezonen rund um Fütterungen nicht betreten oder befahren.

In Österreich werden Hirsche und Rehe im Winter gefüttert. Wie dies genau abläuft, ist in den einzelnen Jagdgesetzen der Bundesländer geregelt. Die Sinnhaftigkeit der Fütterung und der zum Teil sehr hohe Wildbestand in Österreich werden immer wieder heiß diskutiert. Dennoch gibt es gute Argumente für die Fütterung: Rot- und Rehwild würde normalerweise den Winter in den Auwäldern der Talregionen verbringen. Diese gibt es aber zum größten Teil nicht mehr, weil dort wir sind. D.h. die Tiere müssen im Bergwald bleiben. Um an Nahrung zu kommen, schälen sie die Rinde von Bäumen und beißen junge Triebe und Knospen ab. Das führt vor allem im Jungwald zu massiven Schäden – die Bäume sind verkrüppelt oder sterben ab – der für ins Menschen so wichtige Schutzwald erneuert sich nicht und bietet keinen ausreichenden Schutz vor Lawinen und Muren mehr.

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Die Fütterung soll den „Wildverbiss“ vermindern und die Tiere von sensiblen Waldgebieten fern halten. Da die Tiere aber regelmäßig gefüttert werden, fahren sie ihren Stoffwechsel nicht so weit herunter, wie das sonst üblich wäre. D.h. sie brauchen diese täglichen Futterrationen dann auch tatsächlich. Werden die Tiere an der Fütterung gestört, kommen sie oft tagelang nicht zurück. Weil sie aber Hunger haben, machen sie genau das, was man eigentlich mit der Fütterung verhindern wollte – sie schädigen den Wald.

Hirsche kommen täglich zur Fütterungsstelle. Sie hier zu stören, ist auch für den umliegenden Wald schlecht.
Foto: Josef Kirchmair
Hirsche kommen täglich zur Fütterungsstelle. Sie hier zu stören, ist auch für den umliegenden Wald schlecht.

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2. Von Strauchgruppen sowie Kuppen und Graten möglichst fern halten.

Schneehühner leben weit oberhalb der Baumgrenze und nutzen – wie die Gämsen – abgewehte Grate, auf denen sie letzte Beeren und Gräser finden. Sie lassen sich einschneien und vertrauen auf ihr weißes Winterkleid als perfekte Tarnung. Kommt man ihnen zu nahe, fliegen sie in letzter Sekunde auf und lassen sich in einigen Metern Entfernung unterhalb wieder nieder. Sie sind schlechte Flieger und müssen danach mühsam zu Fuß wieder zu ihrem Versteck aufsteigen. Häufige Störungen schwächen die Tiere oder führen sogar zum Tod. Ähnliches gilt übrigens auch für Schneehasen, die sich gerne in Strauchgruppen verstecken.

Hinter Graten und Kuppen verbergen sich gerne Schneehühner, die sich einschneien lassen und auf ihr weißes Federkleid vertrauen.
Foto: Ch. Schwann, ökoalpin
Hinter Graten und Kuppen verbergen sich gerne Schneehühner, die sich einschneien lassen und auf ihr weißes Federkleid vertrauen.

3. Nicht von oben in ein Rudel Gämsen fahren.

Gämsen werden nicht gefüttert, man kann sie daher nicht an einer Fütterung stören. Dennoch haben sie ihre Einstandsgebiete, in denen sie sich im Winter bevorzugt aufhalten und sich sicher fühlen. Für sie ist die „Gefahr von oben“ eine ständige Bedrohung, sei es aus der Luft durch einen Adler oder durch einen Beutegreifer, der sie im steilen Gelände von oben her angreift. Skifahrer, die sich mit großer Geschwindigkeit von oben nähern, bewirken daher eine rasante Flucht der Tiere, die in kurzer Zeit sehr viel Energie verbraucht. Wiederholte Störungen schwächen die Tiere sehr und können zum Ausbruch von Krankheiten beitragen oder sogar zum Tot durch Erschöpfung führen.

Gämsen reagieren vor allem auf die „Gefahr von oben“ besonders sensibel.
Foto: Josef Kirchmair
Gämsen reagieren vor allem auf die „Gefahr von oben“ besonders sensibel.
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4. Auf nächtliche Touren mit Stirnlampe verzichten.

Unsere Wildtiere sind eigentlich tagaktiv. Tatsächlich haben sie aber ihre Fresszeiten auf die Morgen- und Abendstunden verlegt, um uns nicht in die Quere zu kommen. Wenn nun aber die Störung nicht nur örtlich passiert, sondern zusätzlich auch noch zeitlich – sprich auch in den sehr frühen Morgen- oder späten Abendstunden, dann wird der verfügbare Raum für Wildtiere noch kleiner. Vor allem Stirnlampen haben mittlerweile eine extreme Leuchtqualität, der Lichtkegel reicht weit in alle Richtungen. Das beunruhigt das Wild sehr und ihre dringend notwendigen Fress- und Ruhezeiten werden weiter beschnitten.

5. Wo vorhanden, Lenkungsmaßnahmen beachten.

In vielen Regionen in Österreich, Deutschland, Südtirol und der Schweiz gibt es bereits gute Lenkungsmaßnahmen, die die verschiedenen Interessen am Berg (Grundeigentum, Schutzwald, Jagd, Wild und Freizeitsportler) zu vereinen suchen. Es wird auf Information und Sensibilisieren sowie auf Empfehlungen anstelle von Verboten gesetzt. Zusätzlich erhält man auch gleich eine Routenbeschreibung, die die Tourenplanung erleichtert und uns das sichere Gefühl gibt, dass wir nicht unabsichtlich zum Störfaktor für Wildtiere werden. Hier findet ihr die wichtigsten Lenkungsprojekte:

Auf dieser Tafel im Tourengebiet Praxmar im Sellraintal in Tirol wird im Rahmen des Projektes „Bergwelt Tirol - Miteinander erleben“ auf die Wildruhezonen hingewiesen.
Foto: Christina Schwann, ökoalpin
Auf dieser Tafel im Tourengebiet Praxmar im Sellraintal in Tirol wird im Rahmen des Projektes „Bergwelt Tirol - Miteinander erleben“ auf die Wildruhezonen hingewiesen.

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