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Sicherheitsthema: Kommunikation am Berg

Smartphone am Berg

• 3. Februar 2021
6 Min. Lesezeit

Das allmächtige Smartphone – für viele nicht mehr „nur“ ein Handy, sondern ein elektronischer Allzweckgegenstand, der das Leben 24 Stunden am Tag begleitet. Was ihr allerdings beim Umgang mit dem Smartphone am Berg beachten müsst oder wie ihr einen Notruf ohne Empfang absetzt und vieles mehr erfahrt ihr hier.

Was tun bei einem Notfall am Berg und keinem Empfang?
Foto: mauritius images
Was tun bei einem Notfall am Berg und keinem Empfang?
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Text von Riki Daurer 

Sicherheitsfalle Handy

Wie im Alltag sind wir es auch am Berg gewohnt, unser Smartphone vielseitig einzusetzen: um Fotos und Videos aufzunehmen, unseren Anstieg in einer Karten-App zu verfolgen, die Tour als GPS-Track aufzuzeichnen oder um einfach erreichbar zu sein. Das Smartphone ist immer dabei und stets in Griffweite.

Die Gefahr besteht nun darin, sich zunehmend auf die Technik des Smartphones zu verlassen. Vor allem bei sicherheitsrelevanten Aspekten, wie heruntergeladene Karten, die GPS-Funktion zur Navigation und Standortbestimmung oder natürlich die Alarmierung der Rettungskräfte in einer Notsituation – das Smartphone wird schnell zur zentralen Lösung für (fast) alle Probleme.

Doch erstens ist die beste Technik nur so gut wie ihre Anwenderin und zweitens funktioniert sie nur unter gewissen Voraussetzungen: wenn genug Energie vorhanden ist (sprich der Akku ausreichend geladen ist), wenn nichts kaputt ist (weder mechanisch noch elektronisch) und wenn eine Netzabdeckung in der für die Anwendung entsprechenden notwendigen Qualität vorhanden ist. Vor allem der letzte Punkt kann bei schlechter Netzqualität die Funktion vieler Apps einschränken. Ist überhaupt kein Netz vorhanden, ist das Absetzen eines Notrufes schlicht und einfach nicht möglich.

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Sicherheitsfalle Smartphone
Foto: mauritius images / Westend61 / 27exp
Sicherheitsfalle Smartphone

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Drei häufige Probleme im Umgang mit dem Smartphone am Berg

Netzabdeckung

Wir verlassen uns gerne darauf, dass wir immer ein verfügbares Mobilfunknetz und somit zumindest die Möglichkeit zum Telefonieren haben, denn fast überall ist heutzutage eine schnelle 4G- oder LTE-Datenverbindung Standard. Am Berg allerdings – außerhalb von Siedlungsräumen oder Skigebieten – kann es jedoch in Österreich und anderen Alpenländern immer wieder vorkommen, dass es gar keine Netzabdeckung gibt. Und somit auch keine Möglichkeit, einen Notruf mit dem Smartphone abzusetzen! Auch wenn eine Siedlung oder ein Skigebiet in Sichtweite ist, bedeutet das nicht automatisch, dass ein Netz zur Verfügung steht, um den Euro-Notruf abzusetzen

Energie

Die vielen Funktionsoptionen machen ein Smartphone schnell zum Energiefresser: Je mehr Funktionen, Apps, Push-Nachrichten und Einstellungen (WLAN, Bluetooth etc.) aktiviert sind, desto mehr arbeitet es (unbemerkt) im Hintergrund, versucht verschiedenste Verbindungen aufzubauen und mindert dabei sukzessive die Akkuleistung.

Kälte

Kälte schwächt jeden noch so starken und modernen Handy-Akku. Der Kälteeinfluss kann sogar dazu führen, dass sich das Gerät nicht einmal mehr einschalten lässt. Wer sein Smartphone auf Tour tiefen Temperaturen aussetzt und dabei im Hintergrund noch zahlreiche Anwendungen laufen lässt, der darf nicht überrascht sein, wenn das Akkusymbol bald rot aufleuchtet.

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Was kann ich tun?

Wofür nehme ich mein Handy mit?

In erster Linie gilt es abzuklären, was man mit dem Handy oder Smartphone auf Tour machen möchte bzw. für welche Zwecke man es mitnimmt: Als Kamera, GPS-Navigationsgerät, Mail-Provider oder Kommunikationsmittel in einer Notsituation?

Tipp: Lieber weniger Wetter- und Karten-Apps installieren, diese aber regelmäßig verwenden, sodass man sie souverän bedienen kann!

Ein rechenstarkes aber großformatiges Business-Smartphone ist zum Bergsteigen weniger gut geeignet als ein robustes Modell mit vernünftig großem Display, das auch noch gut verstaut werden kann.

Wie kann ich Energie sparen?

Indem ich das Gerät warm halte! Also tiefe Temperaturen vermeiden und das Smartphone bei -12° nicht einfach eingeschaltet in die Deckeltasche des Rucksacks packen. Ideal für eine lange Akkuleistung sind ca. 20°, d.h. im Winter das Handy am Körper tragen und es eventuell zusätzlich in eine Schutzhülle stecken. In Notsituationen ist es wichtig, das Telefon griffbereit zu haben (Stichwort: Brusttasche). Viele Anoraks und Softshells sind inzwischen mit eigenen (innenliegenden) Handytaschen ausgestattet.

Je nachdem, wo das Smartphone verstaut wird, muss auch die Trageweise des Lawinen-Verschütteten-Suchgeräts (LVS) angepasst werden: Dieses sollte mindestens 30 cm vom Handy (und anderen elektronischen Geräten) entfernt aufbewahrt werden, also entweder auf der anderen Körperseite im Tragesystem oder in einer gesicherten Hosentasche.

Für das Smartphone selbst empfehlen sich folgende Einstellungen, um Akkuleistung zu sparen:

  • WLAN, Bluetooth, Push-Meldungen und weitere Dienste ausschalten! Das passiert inzwischen bei vielen Handys automatisch mit der Aktivierung der Funktion „Batterie-Sparmodus“ (ev. zusätzlich den Ton ausschalten, weil das Klingeln auf Tour echt nerven kann). Man kann auch einen Schritt weiter gehen und den Flugzeugmodus aktivieren, wobei man sich dann zwar aus dem Telefonnetz ausloggt, aber z.B. die GPS-Funktion bei Bedarf noch verwenden kann.
  • Das Smartphone ausschalten, wenn man keine Apps oder andere Funktionen benötigt und auf diese Weise am meisten Akku sparen.
  • Aktiv von LTE auf 2G/GSM umschalten.
  • Handyaktivitäten im Freien reduzieren – hierzu gehören auch Selfies!
  • Premium-Apps statt kostenloser Werbeversionen verwenden: das Laden von Werbeeinblendungen z.B. bei Wetter-Apps benötigt eine Datenverbindung und damit Energie.
  • Einen externen Akkupack zum Aufladen im Gelände (damit können, wenn notwendig, auch die Stirnlampe und andere Geräte geladen werden)
  • Ein großer Energiefresser ist das Display, insofern sollte die Displayhelligkeit auf Maximum eingestellt ist (bei Sonnenschein sieht man sonst ohnehin nichts) aber es dafür nur kurz verwendet werden

Tipp: Ein kleines Headset (Kopfhörer mit Mikrofon) in der Smartphonetasche ist auf Tour eine gute Idee. Ersten kann man so bei schlechter Netzabdeckung das Handy so ausrichten, dass man sieht, wie viele Balken angezeigt werden. Zweitens kann man bei widrigen Bedingungen (z. B. bei starkem Wind) besser telefonieren und hat auch beide Hände frei, wenn man etwa auf einen Rückruf wartet oder von der Leitstelle Anweisungen zu Erste-Hilfe-Maßnahmen bekommt. Das hat auch den Vorteil, dass das Smartphone weiter in der warmen Brusttasche bleibt und dadurch Akkuverbrauch spart.

Das Mobiltelefon wird immer griffbereit am Körper getragen
Foto: mauritius images / Westend61 / 27exp
Das Mobiltelefon wird immer griffbereit am Körper getragen

Wie gehe ich mit dem Thema Netzabdeckung um?

Eine gute Idee ist es sich im Vorfeld zu informieren, wie es auf der geplanten Tour mit der Netzabdeckung aussieht. Dazu gibt es im Internet entsprechende Netzabdeckungs-Karten der verschiedenen Anbieter, wo man sich über folgende drei Möglichkeiten informieren kann:

  • Das Heim- bzw. ein Roaming-Netz des SIM-Karten-Anbieters steht zur Verfügung: Perfekt, man kann mit seinem Mobiltelefon wie gewohnt jede beliebige (Notruf-)Nummer anrufen und zurückgerufen werden.
  • Ein Fremd-Netz steht zur Verfügung: Das Handy-Display zeigt die Info „Nur SOS/Notruf möglich“ an und es kann nur der Euronotruf 112 gewählt werden, ein Rückruf ist nicht möglich.
  • Kein Mobilfunk-Netz steht zur Verfügung: Das Display zeigt die Info „Kein Netz“ und somit kann nicht telefoniert werden (auch der Euronotruf 112 ist nicht erreichbar).

Ohne Netzabdeckung verschärft sich jede Notsituation und man hat folgende Möglichkeiten, um die Rettungskräfte zu alarmieren:

  • Einen Ort mit Netzabdeckung suchen und von dort einen Notruf absenden. Das bedeutet in den meisten Fällen, zu einem höher gelegenen Ort bzw. einem Punkt mit „freier Sicht“ zu gehen (diese Positionen kennt man aus der Netzabdeckungs-Karte bzw. vom Hüttenwirt oder Locals).
  • Ist das keine Option, wird jemand von der Gruppe ins Tal oder zur nächsten Hütte abfahren/aufsteigen müssen, um Hilfe zu holen – idealerweise nicht allein! 

Apps und Einstellungen, die bei einem Notruf unterstützend wirken

  • Notruf-App:
    Die verschiedenen Notruf-Apps kennen die beste Notruf-Nummer, ermitteln den Standort und übermitteln diesen bei einem Anruf bzw. einer SMS an die Leitstelle gleich mit oder man kann seine Position ablesen bzw. als SMS mitschicken. Die meisten dieser Apps funktionieren aber nur im Heim-/Roaming-Netz.
  • Notruf via SMS
    Bei schlechter Heim-/Roaming-Netzabdeckung ist manchmal kein Sprachanruf möglich, aber eine SMS kann unter Umständen übermittelt werden. Hier helfen einige der Notruf-Apps bzw. kann man in manchen Ländern solche Notfall-SMS an bestimmte Notrufnummern schicken (in Österreich z.B. an den Gehörlosen-Notruf / 0800133133), wo sie bearbeitet werden.
  • Einmalige oder permanente Standortfreigabe über Google Maps, WhatsApp, Facebook, Wo ist? und andere Dienste, die es ermöglichen, den aktuellen Standort mit anderen zu teilen. Im Notfall können dann Freunde oder Familienmitglieder schauen, wo sich das Smartphone aktuell befindet bzw. wo es bis zum Abbruch der Netzverbindung war.

Kommunikation ohne Mobiltelefon-Netz: via Satellit

Ist man regelmäßig in Gebieten ohne Netzabdeckung unterwegs, bieten moderne Notfallsender (sog. SAT-Messenger, z.B. Garmin InReach, Spot …) die Möglichkeit, SMS- und Mail-Nachrichten via Satellit zu senden und (teilweise) auch zu empfangen. Mit dem Smartphone gekoppelt oder auch nur mit dem Messenger können Notrufe inkl. GPS-ermittelter-Koordinaten an internationale Leitstellen oder Freunde abgesetzt und beantwortet werden. Damit ist eine wechselseitige Kommunikation zu deutlich günstigeren Konditionen als mit einem vollwertigen Satellitentelefon möglich – allerdings ohne Sprache, sondern nur via Textnachrichten. Aber auch ohne Notsituation kann damit schnell und von überall eine Nachricht an jeden beliebigen Empfänger geschickt werden, z.B. um mitzuteilen, dass es etwas später wird oder man ein Taxi benötigt. Für etwas höhere Kosten kann über einen Link die Position des Messengers live mitverfolgt werden.

Welche Möglichkeiten habe ich zusätzlich?

  • Karte immer auch analog/ausgedruckt mitnehmen.
  • Ebenso empfiehlt es sich ein Ausdruck der Tourenbeschreibung mitzuführen.
  • Geladenen Akkupack mit passendem Ladekabel mitführen.
  • Bei häufiger Nutzung lieber eigene Digitalkamera bzw. eigenes GPS verwenden als alles mit dem Smartphone zu machen, um Akkuleistung zu sparen und ein Backup zu haben.
  • Bei abgelegenen und exponierten Touren ein alternatives Kommunikationsmittel (SAT-Messenger/Telefon, Funk) einpacken.
  • Notfallszenarien ohne Netzabdeckung vorab mit allen thematisieren.
  • Familie/Freunde vorab über die Tour und den Zeitplan informieren.

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