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Schweizer Pioniere

Placidus a Spescha auf dem Rheinwaldhorn (3.402 m)

• 21. August 2018
3 Min. Lesezeit

1789 gelang Placidus a Spescha mit dem Rheinwaldhorn (3.402 m) eine der ersten nachweisbaren Besteigungen eines 3.000ers in den Alpen. Nicht die einzige Erstbegehung des furchtlosen Benediktiner-Paters aus Disentis, der lieber in den Bergen als in seinen Pfarren war.

Rgeinwaldhorn Aduls
Foto: mauritius images/ Raphael Weber
Der Gipfel des Rheinwaldhorns (3.402 m) in der ersten Morgensonne
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Es mag an der Ausrichtung seines Lebens auf das „Himmlische“ liegen – der 1752 in Trun geborene Benediktinerpater und Kartograph Placidus a Spescha war einer der ersten, der versuchte, die Welt von oben zu betrachten. In einer Zeit, als das Bergsteigen noch in den Kinderschuhen steckte.

Seine Leidenschaft für das Bergsteigen stieß in der Klostergemeinschaft jedoch größtenteils auf Unverständnis. Bergtouren, Kartenzeichnen und Kristalle sammeln seien eines Mönches unwürdig, ließ ihn der Abt wissen. Da half es auch nichts, dass Placidus im Zuge seiner alpinen Reisen stets bemüht war seine priesterlichen Pflichten zu erfüllen. Die Gemeinde Vals in Graubünden – eine seiner vielen Seelsorgestellen – zog ihm angeblich sogar Teile seines Gehalts wegen der häufigen Ausflüge in die Berge ab.

Placidus wurde 1752 als ältester von fünf Söhnen eines Bauern als Giuli Battesta (Julius Baptist) Spescha in Trun geboren. Bis zu seinem 13. Lebensjahr arbeitete er als Viehhütebub, ehe er unter die Fittiche des Churer Hofkaplans Thomas Romanin kam, der ihn in Latein und Musik unterrichtete. Am 11. Juli 1771, dem Tag des Klosterpatrons Placidus, trat Spescha in die Klosterschule Disentis ein, drei Jahre später wurde er in die Benediktinerabtei aufgenommen und 1782 zum Priester geweiht.

Blick in die Cadi bei Disentis

Im selben Jahr erhielt der junge Pater im Hospiz Sogn Gion am Lukmanierpass seine erste Seelsorgestelle. Von dort aus erkundete er die prächtige Landschaft der oberen Surselva und legte eine umfangreiche Mineraliensammlung an. Etwa seit dieser Zeit hielt er seine Bergbesteigungen auch kartographisch fest. Seine mit Feder und Bleistift gezeichneten Karten nannte Spescha „Handrisse“. Als das Kloster Disentis 1799 von französischen Truppen in Brand gesteckt wurde, verbrannte seine bis dahin bereits umfangreiche Kartensammlung beinahe vollständig.

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Karte der Surselva (1819) von Placidus a Spescha, Original im Klostermuseum Disentis
Foto: Wikipedia
Karte der Surselva (1819) von Placidus a Spescha, Original im Klostermuseum Disentis

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Allein aufs Rheinwaldhorn

Die „Ersteigung des Valrhein“, wie das Rheinwaldhorn auf Rätoromanisch genannt wird, war Speschas elfte Bergreise. Eigentlich half er nur drei Doktoren aus, die sich auf der Suche nach dem Ursprung des Hinterrheins an den Hängen des Bergs verirrten. Der furchtlose Pater kannte sich im Bündner Oberland bestens aus, hatte er dort doch insgesamt 19 Gipfel – die meisten davon alleine – als erster erklommen. Nur der Tödi blieb ihm verwehrt. Bei seinem sechsten und letzten Versuch im Jahr 1824 fehlte bereits die Kraft – Spescha musste seine Begleiter alleine ziehen lassen.

Zum noch unbestiegenen, höchsten Punkt der Adula-Alpen machte sich der Pater neben den drei Ärzten mit einem Schäfer von der Alp Zapport und einem Einheimischen aus dem Dorf Hinterrhein auf, wo die Sechsergruppe an einem frühen Juli-Morgen des Jahres 1789 aufbrach. Der Hinterrheiner gab dann auch als erster auf, gefolgt von den Doktoren, von denen einer ausgerutscht war und von Spescha gerade noch festgehalten werden konnte. „Sie wurden von diesem Zufall so abgeschröckt, dass sie um kein Schritt weiters zu bringen waren“, notierte der Pater in seinem Bericht.

Blick vom Rheinwaldhorn nach Osten zum „Ursprung“ und in Richtung Hinterrheintal

Als letzter stellte Schäfer Antonio seinen Dienst ein. „Mi no“, hatte der Hirte vor dem Firngrat zum Gipfel verängstigt gesagt und blieb einfach im Schnee hocken. Dem Pater blieb nichts anderes über, als die Sache selbst in die Hand zu nehmen: „Es war also, um den Giebel gänzlich zu ersteigen, der weder hoh noch gefährlich mehr schien, nicht anderst als ihn allein zu erreichen.“ Das gelang ihm auch. Die Aussicht ist überwältigend – auf dem 3.402 m hohen Gipfel wähnte er sich in dem „Mittelpunkt der höchsten Alpengebirge versetzt“. Er gibt ihm den Namen Piz Valrhein.

„Bergsteigermönch“ und Pionier

Auf dem Abstieg wurde der schlotternde Schäfer wieder eingesammelt. Beide kamen heil im Tal an, allerdings hatte sich Spescha einen veritablen Sonnenbrand eingefangen. Als sich seine Haut an Händen und Gesicht abzuschälen begann, sah er so „abscheulich“ aus, dass eine Wirtstochter in Versam vor ihm wegrannte und ihm der Abt einige Tage Ausgehverbot verordnete. Erst da dachte er „ernstlich an einen Flor, um das Gesicht zu verdecken“ nach. Nicht der einzige Tipp aus seiner um 1800 publizierten „Anleitung zur Unternehmung von Bergreisen“, der bis heute seine Gültigkeit bewahrt hat.

Der „Bergsteigermönch“ Placidus a Spescha
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Placidus a Spescha

  • Geboren: 8. Dezember 1752 in Trun (Graubünden).
  • Leben: Bauernsohn, Benediktiner-Pater, Kartograph und Geograph, Naturforscher, Alpinist, Bergsteiger-Pionier.
  • Publikationen:

„Anleitung zur Unternehmung von Bergreisen“ (um 1800)

„Beschreibung der Alpen, vorzüglich der höchsten“ (1823)

„Entdeckungsreisen am Rhein. Genaue geographische Darstellung aller Rheinquellen im Kanton Graubündten nebst der Beschreibung vieler Gebirgsreisen in dieser wenig besuchten und erforschten Alpengegend“ (1789-1815), Chronos Verlag.

  • Weitere Erstbesteigungen (Auswahl):

1782: Piz Cristallina (3.128 m), Adula-Alpen (ein Gipfel in unmittelbarer Nachbarschaft ist nach dem Pater benannt:„Piz a Spescha“, 2.994 m).

1793: Oberalpstock (3.328 m), Glarner Alpen.

1806: Güferhorn (3.379 m), Adula-Alpen.

Rheinwaldhorn

  • Weitere Namen: Adula (italienisch), Piz Valrain (rätoromanisch)
  • Höhe: 3.402 m
  • Gebirge: Adula-Alpen
  • Kanton: Grenze Tessin/ Graubünden
  • Erstbesteigung: 1789

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