Daheimgeblieben: Wie Bergführer kreativ werden
Von einem Tag auf den nächsten wurden die Bergführer ausgebremst. Wie kommt man als Guide aus dem Corona-Tal heraus? Indem man in der Zeit des Stillstands Dinge in eine ganze neue Richtung bewegt. Vier Bergführer erzählen von Dachzelten und Leinwänden, Kunstwerken und Kartoffeln – und geben Geheimtipps für den Heimaturlaub.
Aktuelle Meldung: Ab Anfang Mai werden die Bergführer in Österreich erste Touren wieder anbieten dürfen! In Deutschland ist die Lage noch ungewiss, am besten ihr werft regelmäßig einen Blick auf die Homepage des deutschen Bergführerverbands.

Michael Stricker
Der Bergführer, Industriekletterer und dreifache Familienvater aus Sistrans in Tirol war von heute auf morgen ohne Arbeit. „Nach einem Skitag haben hinter uns die Lifte zugemacht und dann ging alles Schlag auf Schlag: Touren abgesagt, Reiseziele weggebrochen, Grenzen geschlossen, Quarantäne und den Kunden das Geld zurückzahlen. Es ging von 100 auf 0.“ Aber schon kurze Zeit später wieder von 0 auf 180. Der gebürtige Zillertaler realisierte in wenigen Wochen eine Idee, die ihn schon länger umtrieb: Er gründete einen Online-Shop für Dachzelte.
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„Ich habe das selbst im vergangenen Jahr ausprobiert und mich hat es wirklich gepackt. Gerade jetzt sind Dachzelte optimal. Du bist flexibel und frei, kannst die Natur in vollen Zügen genießen. Und danach sehnen wir uns doch gerade alle: nach Raum zum Atmen.“
Ansonsten stellt er sein Bergführerangebot gerade um und arbeitet weitere Angebote in Österreich aus: Bike- und eBike-Touren, Wanderungen, Kletterrouten und Klettersteige. „Unsere Heimat bietet so viel“, sagt der Bergführer, „es ist an der Zeit, im Inland auf Entdeckertour zu gehen.“
Michaels Tipps für den Heimaturlaub
- Biken auf der Petzen in Kärnten
- Wandern im Salzkammergut um den Wolfgangsee
- Klettern in Oberried und Tumpen im Ötztal
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Bergführer im Portrait
Jürgen Reinmüller: „So draußen wie möglich“
Jürgen Reinmüller vereint viele Berufe in einer Person: Staatlicher Berg- und Skiführer, Alpinschulleiter, Sachverständiger für Alpinunfälle, Lawinensprengbeauftrager und Umweltsystemwissenschafter. Aber vor allem ist der 37-jährige Steirer aus dem Gesäuse eines: passionierter Kletterer. Ein Gespräch über die Faszination, die unterschiedlichen Facetten und die Zukunft des Berufswesens Bergführer. -
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Walter Zörer: „Ich arbeite im schönsten Büro der Welt“
Wenn man über den Beruf Bergführer berichten will, dann führt in Österreich eigentlich kein Weg an Walter Zörer vorbei. Der 49-jährige Osttiroler ist seit über 30 Jahren als Bergführer tätig und liebt seinen Beruf. Er hat Expeditionen auf die 8.000er-Gipfel des Himalaya geleitet, im Dienste der Wissenschaft die Antarktis erkundet und ist seit neuestem Präsident des Verbands der Österreichischen Berg- und Skiführer. Bergwelten hat ihn für die Portraitreihe „Bergführer der Alpen“ zum Gespräch getroffen. -
Portraitreihe Bergführer
Klaus Kranebitter: „Bergführer sind moderne Dienstleister“
Klaus Kranebitter, 46, ist Bergführer, Fotograf und Gründer der SAAC-Camps sowie der Initiative SnowHow. Der gebürtige Innsbrucker hat sich schon Früh für ein Leben in und von den Bergen entschieden. In seiner beruflichen Laufbahn hat er nicht nur ferne Länder bereist und entlegene Berge bestiegen, sondern auch gelernt, was den Beruf Bergführer wirklich ausmacht. Wir haben ihn zum Interview getroffen und eröffnen mit ihm unsere neue Portraitreihe auf Bergwelten.com, die sich den Bergführern unserer Alpen widmet.

Reiner Taglinger
Er ist der Vorstand der Ausbildung beim Verband Deutscher Berg- und Skiführer und ist mit seiner Bergschule Vips im bayerischen Allgäu zuhause. Derzeit allerdings genießt er es, „die Natur dabei zu beobachten, wie sie ein wenig durchatmen und sich erholen darf.“ Die vergangenen Wochen hat Reiner zudem genutzt, um noch mehr mit der Natur zu leben und die Selbstversorgung mit eigenen Lebensmitteln auszubauen. „Vor Jahren hat mich ein befreundeter Bauer gebeten, Kartoffelsorten aus den unterschiedlichen Ecken der Welt mitzubringen.“ Was als Mitbringsel begann, entwickelte sich zu Reiners eigenem Hobby.

„In den letzten Wochen haben wir mit dem Nachbarn einen internationalen Kartoffelacker angelegt. Mit heimischen Kartoffeln, aber auch Sorten aus Georgien, Swanetien, Südamerika, Nepal und Kasachstan. Damit können wir künftig locker drei Familien versorgen. Und in zwei Wochen kommen Schafe, die wir dann über den Sommer auf die Alpweide schicken und im Herbst für den Eigenbedarf schlachten werden.“
Außerdem hat Reiner am Heimatfluss Lech über die Jahre immer wieder Treibholz gesammelt. „Vor zwei, drei Wochen habe ich mir dann gedacht, dass man daraus eigentlich was machen sollte. Ich habe kleinere Skulpturen gefertigt und sie verschenkt. Jetzt ist plötzlich die Nachfrage so groß, dass sich daraus wohl mehr entwickelt – sei es für mich oder für einen guten Zweck.“
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Reiners Tipps für den Heimaturlaub
- Bike-Touren zwischen Nesselwang und Steingaden im Ostallgäu
- Einsame Wanderungen in den Ammergauer Alpen
- Klettertour im IV. Schwierigkeitsgrad über den Ostgrat zum Säuling in den Allgäuer Alpen

Vitto Messini
Der gebürtige Florentiner lebt seit seinem 10. Lebensjahr in der Nähe von Kals. In Osttirol arbeitet er als Bergführer und hat nebenbei den größten künstlichen Eiskletterpark Österreichs errichtet. Von den Lienzer Dolomiten bis nach Pakistan hat Vitto zig Routen erstbestiegen. Und aktuell? „Ich habe mir 10 Hühner zugelegt, damit wir frische Eier haben, für uns, die Eltern und die Nachbarn.“ Und der Ausbilder des Verbands der Österreichischen Berg- und Skiführer hat mit dem Imkern angefangen.

„Wie ich klein war haben wir schon Bienen gehabt und ein Kollege von der Bergrettung ist ein großer Imker und hat immer so viel erzählt. Jetzt dachte ich mir, bevor es mir langweilig wird, ist das genau die richtige Sache. Es taugt mir volle, es ist echt interessant. Du verfolgst den Werdegang der Natur ganz nah mit. Am Anfang waren die Völker klein und ruhig, jetzt ist die Blüte im vollen Gang und die Völker wachsen.“
Drei Völker hat Vitto aktuell, ein viertes wird wahrscheinlich dazukommen. Ende Juli ist dann im nördlichen Osttirol Zeit zu schleudern und den ersten Honig zu machen. „Ich muss mir schon alles neu erarbeiten, aber es macht eine Menge Spaß“, sagt Vitto. Der Imker-Anfängerkurs konnte natürlich nicht stattfinden, aber er studiert Fachbücher und fragt die erfahrenen Kollegen – und dann geht’s nach Gefühl…
Vittos Tipps für den Heimaturlaub
- Im Mai/Juni an den Faaker See zum Baden und Klettern in den Klettergärten am Kanzianiberg
- Im Sommer statt in die Westalpen in die westliche Venedigergruppe: Dort wartet eine wilde, einsame Gegend mit vergletscherten Gipfeln
- Bis spät in den Herbst kann man um Lofer und Wilder Kaiser an super Fels Mehrseillängenrouten klettern

Felix Tschurtschenthaler
Felix stammt eigentlich aus Sexten in Südtirol, lebt aber in der Osttiroler Heimat seiner Freundin. Hier in Lienz kam soeben auch ihr erstes Kind zur Welt. „Von daher“, sagt der 40-Jährige, „ist es auch recht gut, dass es gemütlicher zugeht und ich Zeit für die Familie habe.“ Zeit hat Felix allerdings auch für seinen eigentlichen Beruf. Er ist gelernter Holzbildhauer und hat in München an der Akademie der Bildenden Künste studiert. Erst nach dem Studium ist er Bergführer geworden. Die Kunst betreibt er in den Zwischensaisonen, inzwischen auch mit den Themen und Materialien des Alpinismus.
„Ich bin kein Schaf, kein Herdentier. Ich bin ein kritischer Geist und hinterfrage das gesellschaftliche und politische Leben. Solch eine radikale Situation, wie wir sie gerade erleben, gibt mir natürlich auch neue Einblicke und andere Spielräume für mich und meine Kunst.“

Felix Tipps für den Heimaturlaub
- In den Lienzer Dolomiten die Klettersteige um die Karlsbaderhütte und den Laserzsee
- Die Hohen Tauern für ambitionierte Individualisten
- Und eine Großglockner-Besteigung, weil dort weniger Verkehr sein wird bei geschlossenen Grenzen