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Reise

Myanmar – Wandern im Land der tausend Tempel

• 8. Juni 2020
4 Min. Lesezeit
von Gerald Valentin

Das geheimnisvolle Myanmar lockt immer mehr Reisende. Zu entdecken gibt es einiges: Zwischen den Eisriesen des Himalayas im Norden und einer tropischen Inselwelt im Süden beeindruckt das südostasiatische Land mit einer Vielfalt an Landschaften und Volksgruppen. Gerald Valentin hat seine Wanderschuhe geschnürt und sich auf den Weg zu Pagoden und anderen magischen Orten gemacht.

Ein markanter Duft zieht durch die dünnen Wände des Guesthouse. Seit einer Stunde ist aus der Küche eifriges Werken zu hören, unterbrochen vom Lachen und der angeregten Unterhaltung der Frauen. Auch beim Bergvolk der Pa-O wird das burmesische Nationalgericht schon zum Frühstück verzehrt. Für Europäer ist die Mohinga, eine deftige Fischsuppe, am frühen Morgen gewöhnungsbedürftig. Doch nach zweitägiger Wanderung ist der Hunger zu groß, um wählerisch zu sein. Der 75 km lange Trek führte uns von Kalaw, dem ehemaligen Luftkurort der englischen Kolonialherren, durch die Shan-Berge zum Inle-See.

Wer auf dieser Tour das alpine Abenteuer sucht, ist fehl am Platz. Vielmehr kann man bei der Wanderung durch das Hügelland Teeplantagen, Reisterrassen und Chilifelder bestaunen. Die ethnische Vielfalt von Myanmar – wo sich 135 Volksgruppen in über 100 Sprachen verständigen – offenbart sich schon wenige Stunden nach Kalaw. Hinter den ersten Hügeln leben die Paulang, die mit der Hauptethnie der Region, den Shan weder sprachlich verwandt sind, noch sonst in engerer Verbindung stehen. Mit einem heimischen Guide bietet sich die Gelegenheit, diese und andere Volksgruppen in den Dörfern zu besuchen und auf authentische Art und Weise kennen zu lernen. Der Besuch einer Schule oder die Einladung zu einem Familienfest bleiben wegen der außergewöhnlichen Gastfreundschaft und Offenheit der Menschen eindrücklich in Erinnerung.

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Auf dem Trek von Kalaw zum Inle-See

Land der 100 Sprachen

Das Ufer des Inle-Sees wird von den Intha bewohnt. Die Häuser sind auf Pfählen gebaut, das Gemüse wird auf Feldern bestellt, die auf einem Gemisch aus Erde und Wasserhyazinthen schwimmen. Ein begehrtes Fotomotiv sind die Fischer, die mit artistischem Geschick auf einem Bein auf dem Boot stehend rudern, während sie mit dem anderen Bein den Fangkorb fixieren. Tagelang könnte man dem Treiben auf dem See, den Feldern, den Märkten oder in den Tempeln zusehen.

Von seiner schönsten Seite zeigt sich der quirlige See aber von oben. Dazu empfiehlt sich eine Wanderung an der Bergkette des Ostufers. Fast 800 Höhenmeter geht es hier auf die höchsten Punkte. Doch aufgepasst, markierte Wege oder Wanderkarten sind in Myanmar unbekannt. Es gilt über Google Maps Wege zu finden und auf diese Weise die Tour zu planen. Um nicht im dichten Bambuswald die Orientierung zu verlieren, empfehlen sich ein paar steile und steinige Straßen für den Aufstieg. Oder noch besser: man bucht um wirklich wenig Geld einen ortskundigen Führer. Im Gegensatz zu unserer Wanderkultur steht für die Einheimischen nicht die Besteigung des Gipfels im Vordergrund. Und so kann es sein, dass die Tour bei einer Pagode auf halber Höhe endet. Die sensationellen Tiefblicke und das Gesamterlebnis wiegen aber mehr als am höchsten Punkt gestanden zu sein.  

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Eine Frau der Pa-O bei der Chiliernte

Bei der Bootsfahrt vom Inle-See zum Phekon-See lernt man die Gegend abseits des Tourismus kennen. Behäbige Wasserbüffel, in ihrem Tun versunkene Fischer und blühende Lotusblumen soweit das Auge reicht. Ein perfektes Paradies auf Erden, wenn man nicht ab und zu durch das laute Knattern der Longtail-Boote aus der meditativen Beobachtung gerissen würde.

Im Kayah-Staat sind Ausländer noch eine Seltenheit. Das Volk der Padaung beginnt sich gerade nach außen zu öffnen, über regionale Kooperativen werden Führungen durch ihre Dörfer und Wanderungen in der Umgebung angeboten. Berühmt sind die Padaung-Frauen für ihren langen Hals, der mit Gold- oder Silberringen geschmückt ist. Im Erwachsenenalter kann die Halsspirale bis zu 15 kg wiegen. Doch es ist nicht der Hals, der gedehnt wird. Vielmehr drückt die Last die Schulterblätter nach unten, wodurch der Eindruck eines verlängerten Halses entsteht.

Landidylle am Phekon-See

Stadt der tausend Tempel

Zu den Höhepunkten einer Myanmar-Reise zählt zweifellos der Besuch der historischen Königsstadt Bangan. Die über zweitausend Tempel und Pagoden zeugen von der tiefen Religiosität der Menschen. Buddhisten erhoffen sich durch Spenden bei der Errichtung oder Erhaltung eines solchen Baus ein besseres Leben nach der Wiedergeburt.

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Das 40 km² große Tempelareal lässt sich am besten mit dem Fahrrad und unter Führung eines lokalen Guides erkunden. Bewegungshungrigen ist die Wanderung zur Tant Kyi Taung Pagode empfohlen. Eine gute Stunde dauert der Anstieg und da die überdachten Stufen Teil der religiösen Anlage sind, muss dieser Weg ohne Schuhe beschritten werden. Die goldene Pracht der Pagode sowie der Blick hinunter zum Ayeyarwady-Fluss entschädigen für alle Mühen des Aufstieges. Will man noch höher hinauf, empfiehlt sich der 50 km entfernte Mount Popa zur Besteigung. Dieser inaktive Vulkan ragt von der umgebenden Tiefebene 1.000 m in die Höhe und ist ein beliebtes Wanderziel. Wieder zurück in Bangan verleihen die letzten Sonnenstrahlen den unzähligen Kuppeln einen warmen Glanz und versetzen den Betrachter in sprachloses Staunen.

Unterwegs in den Bergen um die Tempelstadt Bangan

Auch eine Bootsfahrt am Ayeyarwady zählt zu den Must-Does in Myanmar und ist eine gute Gelegenheit den Beinen Ruhe zu gönnen. Der über 2.000 km lange Fluss wird von den Gletschern des Himalayas gespeist und ist eine Lebensader des Landes. Auf einem Boot im Kolonialstil, wie wir sie durchgeführt haben, ist die mehrtägige Kreuzfahrt von Bangan nach Mandalay besonders faszinierend. Im Sonnenuntergang am Deckchair und mit einem Scotch in der Hand: wie könnte man besser die großartigen Eindrücke der Reise Revue passieren lassen?

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Infos und Adressen: Myanmar

Anreise: Mit einem Zwischenstopp in Bangkok ist Myanmar am besten über den Luftweg zu erreichen.

Beste Reisezeit: Die Monate November bis Februar sind trocken und weisen durchschnittliche Temperaturen von 20 bis 30°C auf.

Visum:  Hier gehts zur eVisa Myanmar.

Öffentliche Verkehrsmittel: Man kann das Land gut mit öffentlichen Bussen erkunden. Für längere Fahrten ist eine Reservierung erforderlich (entweder im Hotel oder im Reisebüro).

Fluss-Kreuzfahrten: Myanmars Flüsse sind über eine Länge von 8.000 km schiffbar und für den Warentransport von großer Bedeutung. Auf einer Kreuzfahrt (z.B. mit der stilvollen Sanctuary Ananda) kann man das faszinierende Land aus einer besonderen Perspektive genießen und auf Exkursionen die Dörfer, Pagoden und Klöster entlang des Ayeyarwady kennenlernen.

Literatur:

  •  „Myanmar“, Stefan Loose, 2020
  • „Tage in Burma“, George Orwell, 2003
  • „Der Glaspalast“, Amitav Ghosh, 2006

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