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Touren und Infos

Kalabrien: Biken und Wandern an Italiens Stiefelspitze

• 24. Januar 2022
4 Min. Lesezeit

Kalabrien, die Region an der italienischen Stiefelspitze, ist bisher eher Strand- und Resorturlaubern ein Begriff. Dabei hat die wunderbare Gegend auch Bergsportlern einiges zu bieten – vor allem in den Wintermonaten. Kristina und Andrea Gallo stellen die schönsten Bike- und Wandertouren in Kalabrien vor und geben praktische Tipps für Sportkletterer und Wanderer.

Calabria Bike Resort
Foto: Calabria Bike Resort
Calabria Bike Resort
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Von Kristina und Andrea Gallo

November bis April sind die idealen Monate, um die nur ansatzweise erschlossenen Möglichkeiten für Biker und Felskletterer in Kalabrien zu erkunden. Die Vorteile der kühlen Monate sind: Es ist nicht zu heiß, es sind keine stechenden Insekten unterwegs und (zur besseren Orientierung beim Biken durch dichte Kastanien- und Buchenwälder nicht unerheblich) es gibt weniger Belaubung. Mit Blick auf den Wetterbericht ist es ratsam, die Reise in den Süden nur anzutreten, wenn keine Regenwochen und kalten Phasen vorhergesagt sind. Bei trockener Witterung und Sonnenschein klettert und radelt es sich dann bei angenehmen Temperaturen und die Daunenjacke muss man erst fürs den Aperitivo auspacken.

Moutainbiken mit Meeresblick

Idealer Ausgangspunkt für Biketouren ist die Gegend rund um die Küstenstadt Amantea und die Ortschaft Belmonte Calabro. Die Tracks führen, je nach Seehöhe, über Schotterpisten und Almwiesen, durch Pinien- und Kastanienwälder oder durch Oliven- und Orangenhaine.
Auf dem Weg nach unten kommt man durch verwinkelte mittelalterliche Städtchen, die auf schmalen, steilen Graten balancieren: Amantea, Belmonte Calabro, Longobardi, Fiumefreddo. Keine Ortschaft ohne Piazza, keine Piazza ohne Bar, und damit gibt es auch reichlich Gelegenheit für einen Stopp auf einen Espresso oder Aperitivo. Und am Ende wartet der Sandstrand, wo bei Schönwetter bis Ende November und ab April sogar ein Sprung ins Meer möglich sein könnte.

Impressionen der Bike-Routen in Kalabrien

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Klettern und Wandern im Süden

Kalabrien ist nicht nur eine Mountainbike-Destination mit Zukunft, auch kletter- und wandermäßig hat die Region einiges zu bieten. Die drei interessantesten Gebiete rund um die Ortschaften Scalea, Frascineto mit der Raganello-Schlucht und Stilo verteilen sich auf die gesamte Region.
Wer also die Ambition hat, alle drei zu besuchen, erkundet dabei gleichzeitig die gesamte Stiefelspitze von der Westküste über die Gebirgszüge im Landesinneren bis zur Ionischen Küste weit im Süden. An allen drei Orten gibt es lohnende Ausflugs- und Wanderziele. Kletterfamilien finden plaisirmäßige Gebiete mit übersichtlich erschlossenen Klettergärten im unteren bis mittleren Schwierigkeitsgrad vor.

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Ein absolutes Highlight in der Region ist Stilo, eine mittelalterliche Stadt an der Südostküste Kalabriens. Sie liegt in einer Gegend, die aufgrund der Besiedelung durch die Griechen in der Antike als „magna grecia“ bezeichnet wird. Die griechischen Wurzeln sind noch heute an den archäologischen Ausgrabungsstätten in Monasterace und der byzantinisch-orthodoxen „Cattolica“, einer kleinen Kirche aus dem 9. Jahrhundert, ablesbar. Über der Stadt thronen die Ruinen einer Normannenburg aus dem 12. Jahrhundert, dazwischen liegen die Kletterfelsen.

Noch ein Geheimtipp – Biken in Kalabrien
Foto: Calabria Bike Resort
Noch ein Geheimtipp – Biken in Kalabrien

4 Tourentipps

1. Biketour: Dal cielo al mare – Vom Himmel bis ans Meer

Die Königstour! Über 55,4 km lang, mit 860 positiven Höhenmetern und 2.084 Metern Downhill führt diese Tour auf Schotterwegen vom Gipfel des Monte Cocuzzo (1.541 m) bis zum Sandstrand von Belmonte Marina. Den Ausgangspunkt erreicht man am besten mit dem Shuttle (siehe praktische Tipps unten). Nach dem Anstieg zum Gipfel des Monte Cocuzzo geht es weiter entlang der Bergkette zum Pietra del Corvo bis zur Ortschaft Lago. Immer mit Blick aufs Meer beginnt ab dort ein Downhill-Ride der Superklasse bis hinunter zur Küste. Die letzten Kilometer radelt man dann gemütlich von Campora San Giovanni bis Belmonte Marina am Strand entlang.

2. Biketour: Alisea

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Diese Biketour ist ein Black-Diamond-Single-Track, der sich auf einer Länge von 1,2 km und über 152 Höhenmeter durch den Bikepark im Pinienwald an den Hängen des Monte Cocuzzo schlängelt. Enduro-Erfahrung pur, bei der Fans des Genres voll auf ihre Kosten kommen: „Alisea“ und die zahlreichen anderen Enduro-Trails in diesem Sektor wurden zum Teil mit Drops und Jumps verschärft, die aber alle umfahrbar sind.

3. Wanderung: Gole di Ragenello – Raganello-Schlucht

Die Raganello-Schlucht ist ein beeindruckender Canyon über 17 km Länge und mit einer Tiefe von 600 bis 700 Meter. Die Schlucht kann nicht durchwandert werden, es gibt allerdings einen gut beschilderten Wanderweg mit Ausgangspunkt in der Ortschaft Civita, der in die Schlucht hinein- und über die mittelalterliche Brücke Ponte del Diavolo auf die andere Seite führt (8 km). Besonders empfehlenswert ist es, den wilden, kaum frequentieren oberen Teil der Schlucht von der Ortschaft San Lorenzo Bellizzi aus zu erwandern (9 km).

4. Wandern & Klettern: Stilo – Monte Consolino

Schön und abenteuerlich, vor allem mit Kindern, ist die Erwanderung des Monte Consolino (701 m) über Stilo. Ausgangspunkt ist der Parkplatz am Friedhof von Stilo, von dort der Schotterstraße bergauf folgen. An der fünften Kehre zweigt links der Steig zu den Klettersektoren ab. Wer zur Burgruine will, wandert auf der Straße weiter, die wenig später zum gut ausgebauten Steig wird und direkt bis zu den gut erhaltenen Ruinen der Normannenburg aus dem 12. Jahrhundert führt. Der Ausblick über Stilo, das Ionische Meer und die Bergketten des Aspromonte ist atemberaubend!

Praktische Tipps

Klettern
Kletterführer von Graziano Montel & Pietro Radassao: A Sud. Sport Climbing in Molise, Puglia, Basilicata, Calabria. Edizioni Versante Sud, 2014. Routenupdates online

Orientierung
Alle, die gerne auch mal selbst einen Trail anlegen oder einfach nur wandern wollen, sollten bedenken, dass die Gegend touristisch kaum erschlossen ist. Es gibt zwar Wegmarkierungen und das ein oder andere rot-weiße Hinweisschild mit Orts- und Wegbezeichnungen, aber meistens sind die Wege schlecht gewartet und nicht durchgehend beschildert. Stattdessen sind die bewaldeten Hänge und Hügel, die sich die gesamte Westküste Kalabriens hinunterziehen und sich zum Landesinneren hin bis auf den Monte Pollino (2.248 m) aufschwingen, von Forststraßen und asphaltierten Sträßchen durchzogen, auf denen man sich von Ortschaft zu Ortschaft mit ein bisschen Geschick und Orientierungssinn und mithilfe von GoogleMaps, Trailforks, Outdooractive und anderen GPS-Systemen der Wahl ganz gut zurechtfindet.

Sicherheitshinweise
Biken und Klettern sind in Süditalien nach wie vor Nischenaktivitäten, auf die sich die örtliche Vorsorgestruktur noch nicht eingestellt hat. Eine mit Österreich, Schweiz, Frankreich oder auch Norditalien vergleichbare Bergrettung gibt es nicht, ein Unfall kann daher schnell zum Ernstfall werden.

Deshalb: lieber Risiko rausnehmen. Sinn für Abenteuer und Flexibilität gehören immer dazu, wenn man außerhalb der Erschließungszone des Calabria Bike-Teams unterwegs ist: Straßen, die zu Schlammpisten werden oder im Brombeerdschungel enden, sind keine Seltenheit.

Noch ein Sicherheitshinweis: Wo Schafherden sind, sind auch potenziell bissige Hirtenhunde nicht weit entfernt, diese deshalb am besten meiden und im Zweifelsfall umdrehen.

Tourenanbieter
Seit einigen Jahren erschließt rund um Amantea eine Gruppe von Enthusiasten Trails und Enduro-Bike-Tracks, die von Gipfelhöhe des Monte Cocuzzo bis zum Strand von Belmonte Marina reichen. Das Calabria Bike Resort bietet Unterkunft und Shuttle- und Guide-Services an.
Per Shuttle oder Muskelkraft kommt man zum Startpunkt der Trails. Zumindest für die ersten Tage ist es eine gute Idee, einen der ortskundigen Guides des Calabria Bike Resorts zu buchen.

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