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Die Großglockner Hochalpenstraße

• 30. Mai 2018
6 Min. Lesezeit
von Simon Schöpf

Die Großglockner Hochalpenstraße führt hinein ins Herz der Hohen Tauern und hin zum höchsten Berg Österreichs. Seit ihrer Eröffnung 1935 haben sich die vielen Haarnadelkurven durch diese Traumlandschaft zu einer der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Alpen entwickelt. Wir nähern uns der legendären Straße in 6 Kapiteln und beleuchten damit weit mehr als nur steilen Asphalt: Eine spannende Geschichte, die einzigartige Tierwelt und dazu noch ideale Ausgangspunkte für Wanderungen durch eine faszinierende Hochgebirgslandschaft, fernab aller Mobile.

1. Startschuss: Von der Entstehung einer Straßenschönheit

Dass eine Straße zum nationalen Wahrzeichen aufsteigt, da muss schon einiges passieren dafür. Und wenn die Kurven dann zum 80. Geburtstag auch noch unter Denkmalschutz gestellt werden, spätestens dann sollten wir fragen, mit welcher Sorte Asphalt wir es hier zu tun haben. Gestatten: Die Großglockner-Hochalpenstraße, Nord-Süd-Verbindung über die Alpen, Sehenswürdigkeit, Legende. Alles, nur keine normale Straße.

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Der Bau der Straße ist untrennbar mit einem Namen verbunden: Franz Wallack, Erbauer und geistiger Vater. Dem Wiener Bauingenieur war schon von Anfang an klar, dass die Großglockner Hochalpenstraße mehr sein wird als nur eine neue, schnelle Nord-Süd-Traverse des Alpenhauptkammes. Ein nationales Monument sollte hier geschaffen werden, ein Repräsentationsbau der Ersten Republik. Und nicht nur ein Mauerblümchen unter den Alpenstraßen sollte sie werden, sondern „der leuchtendste Stern von allen“, wie es Franz Wallack beschrieb.

Der Wiener Bauingenieur Franz Wallack
Foto: GROHAG
Der Wiener Bauingenieur Franz Wallack

Die Dimensionen des Prestige-Projekts kristallisieren sich bald heraus: Über 4.000 Männer – meist Wanderarbeiter, die der Arbeitslosigkeit entkommen wollten – schufteten ab August 1930 über 5 Jahre hinweg unter härtesten Bedingungen, um der Hochgebirgslandschaft diese Passstraße abzuringen. Die größte Baustelle Österreichs wurde zum Medienspektakel, die Verquickung von Hochkultur und Naturschönheit das oberste Ziel.

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Historische Aufnahmen zum Bau der Grossglockner Hochalpenstrasse

Im Mittelpunkt stand dabei immer der König: Großglockner, 3.798 Meter, höchster Gipfel Österreichs. Franz Wallack, selbst ein leidenschaftlicher Bergsteiger, war sich der Strahlkraft des Berges von Anfang an bewusst. „Harmonisch“, so Wallack, sollte sich die Straße „in das Landschaftsbild einfügen, denn es wäre vermessen, der Natur mit Mitteln der Technik den Rang abzulaufen.“ Eröffnet wurde die Hochalpenstraße am 3. August 1935, seitdem wurde sie von mehr als 65 Millionen Menschen besucht, befahren, bestaunt.

2. Fakten zur Hochalpenstraße

47,8 km lang, 36 Kehren, bis zu 12 % Steigung, eine Passhöhe von 2.576 Metern und damit die höchste befestigte Passstraße Österreichs. Von Bruck an der Großglocknerstraße bis Heiligenblut am Großglockner, als hochalpine Gebirgsstraße verbindet sie die beiden österreichischen Bundesländer Salzburg und Kärnten. Eine Abzweigung zur Edelweißspitze und ein modernes Museum auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe. Ein paar der Fakten zur Großglockner Hochalpenstraße. Ein wenig emotionaler drückt es dennoch Peter Embacher, der Betriebsleiter der Straße, aus: „Hier heroben ist definitiv meine zweite Heimat.“ Seit 38 Jahren ist der bei der Hochalpenstraße angestellt, „bisher war jeder Tag spannend. Ein Privileg, so einen Arbeitsplatz zu haben.“

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Wenige Menschen kennen die Straße und ihre Besonderheiten besser als Peter Embacher. So wie der Erbauer Franz Wallack gern schon vor Sonnenaufgang seiner Straße begutachtete, findet man auch Peter Embacher vor oder nach Arbeitsschluss auf den Wegen und Gipfeln unweit der Straße. „Den schönsten Sonnenaufgang gibt’s definitiv auf der Edelweißspitze, ein 360° Panorama und ein orange-rotes Farbenspiel am Glockner. Der Wahnsinn.“

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Das unumstritten Spannendste an seinem Job aber, so Peter Embacher, ist „jedes Jahr die größte Herausforderung: Die Schneeräumung.“

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Gut sechs Monate befindet sich die Straße im Winterschlaf, bis zu 10 Meter Schnee bedecken in der kalten Jahreszeit den Asphalt – der Rekord liegt bei 21 Metern, im Jahre 1953. Zwei bis drei Wochen dauern die Schneeräumarbeiten an, Anfang Mai soll die Straße immerhin jedes Jahr wieder befahrbar sein. 1936 arbeiteten noch 350 „Schaufler“ 10 Wochen lang an der Räumung, seit 1953 hilft dabei die Technik: 5 Rotationsfräßen – Ander, Oskar, Paul, Jörgen und der Eisbändiger – eigens konstruiert nach den Anforderungen der Straße, übernehmen die Räumung: rustikale, 60 Jahre alte Maschinen, die auch heute immer noch im Einsatz sind!

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3. Die sportliche Straße

Noch viel schöner, als einfach von Bruck nach Heiligenblut zu fahren, ist allerdings: Dazwischen möglichst oft stehen bleiben, aussteigen, Wanderschuhe schnüren, losmarschieren. Die Glocknerstraße ist ein einmaliges Eintrittstor in die Wunderwelt des Nationalparks Hohen Tauern, ihre Kehren ideale Ausgangspunkte für hochalpine Wanderungen und Spaziergänge. 3 Tourentipps für Aktive.

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1. Naßfeldsee und Pfandlschartensee (ca. 2h, 400 HM, als Runde über die Pfandlscharte: 4h, 700 HM)

  • Fühlt sich ein bisschen an wie auf Island: Wer das Auto am Naßfeld-Stausee stehen lässt und an dessen Ufern flaniert, kommt vorbei an tosenden Wasserfällen und friedlich grasenden Schafen. Eine schöne Wanderung führt über den Pfandlschartensee zur Unteren Pfandelscharte (2.663 m). Retour ist eine Variante über den Zentralalpenweg zum Glocknerhaus möglich (gut gekennzeichnet, 100 HM Gegenanstieg).
  • Ausgangspunkt: Kehre 3 an der Gletscherstraße (Naßfeld-Stausee, 2.248 m)
  • Anforderungen: Unschwierig (wenig begangene Route, nicht markiert)

Tour im Detail:

    2. Brennkogel vom Hochtor (2:30h für Anstieg, 640 HM)

    • Ein 3.000er soll’s sein? Bitteschön, Brennkogel, 3.018 m. Vom Südportal des Hochtors geht man hier vorbei an kristallklare Bergseen (Brettersee, 2h, 2.482 m) Richtung Gipfel, der auch „Goldberg“ genannt wird. Auch für Peter Embacher ist der Brennkogel einer der Lieblingsplätze, die von der Straße aus erreichbar ist, „der leichteste 3.000er im Gebiet, mit wunderbaren Überblick über die ganze Gegend.“
    • Ausgangspunkt: Hochtor Südportal, 2.504 m
    • Anforderungen: Häufig begangen, unschwierig

    Tour im Detail: 

    3. Gamsgrubenweg (2h, 410 HM)

    • Die vielleicht schönste Promenade der Ostalpen: Von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe startet diese Wanderung auf breiten Wegen schnurstracks auf den weißen Johannisberg zu, links unter uns die Pasterze und hoch darüber, der Großglockner. Landschaftlich ungemein reizvoll und leicht machbar, lohnt sich diese kleine Wanderung für ein unbeschwertes Füßevertreten nach langer Fahrt, geradeaus hinein ins Herz der Alpen.
    • Der Gamsgrubenweg kann auch mit dem Gletscherweg Pasterze kombiniert werden (siehe Tour im Detail)
    • Ausgangspunkt: Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, (2.369 m)
    • Anforderungen: Unschwierig, häufig begangen, geführte Wanderungen zum Wasserfallwinkel (täglich Anfang Juli – Anfang September)

    Tour im Detail: 

    4. Auf der Edelweißspitze

    Beim Fuscher Törl macht die Hochalpenstraße einen etwa 2 km langen Abstecher auf die Edelweißspitze (2.571 m). Diese hieß ursprünglich zwar Poneck, aber Franz Wallack entschied sich kurzerhand für eine wohlklingende Umbenennung: Marketing à la 20er Jahre. Die Edelweißspitze ist der höchste mit dem Auto erreichbare Punkt der Strecke. Bei gutem Wetter präsentieren sich hier die Gipfel von gleich 37 Dreitausendern nebeneinander: Petzeck, Brennkogel, Hohenwartkopf, Großes Wiesbachhorn. Und natürlich der Glockner selbst.

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    Blick auf Berge, Weite, Gletscherglanz – oder Kaspressknödel. In vierter Generation führt die Familie Lederer die Edelweißhütte (2.571 m) auf der Edelweißspitze, wer das 360°-Panorama inklusive Alpenglühen und Sonnenaufgang erleben will, reserviert sich am besten hier ein Zimmerchen. Als Verdauungsspaziergang empfiehlt sich der Weg vom Fuscher Törl (ca. 1h, 170 HM) oder, mit Start vom Parkplatz ganz oben, ein Flanieren über den Kamm in Richtung Kendlkopf (2.587 m).

    5. Oben auf der Franz-Josefs-Höhe

    Einen zweiten Abstecher macht die Straße zur Franz-Josefs-Höhe, zum wohl schönstgelegenen Parkhaus Österreichs. Hier, auf 2.369 Metern über dem Meeresspiegel, ist der Name Programm: Kaiser Franz Josef I und Elisabeth (Sisi!) kamen 1856 nach Heiligenblut, der junge Monarch wünschte, die Pasterze zu sehen. 1.100 Höhenmeter wurde samt Gefolge gewandert, bis zu ebenjedem Punkt. (Sisi ging es ein wenig gemütlicher an und ritt 800 Höhenmeter bis zum Bretterboden, heute als Elisabethrast bekannt.) Damals reichte der Gletscher noch knapp unter den heutigen Parkplatz, heute muss man nochmals gute 40 Minuten steil absteigen bis zum eben gar nicht so ewigen Eis.

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    Neben dem Besucherzentrum, Restaurants und dem Museum zum Thema Gletscher (Wasser.Leben) trifft man hier oben auch auf einen überdimensionalen Bergkristall. In der Wilhelm-Swarovski-Beobachtungswarte blickt Nationalpark-Ranger Stefan durch seinen Feldstecher Richtung Großglockner, sucht routiniert die Steilflanken ab und reicht einem nach wenigen Sekunden das Fernrohr. „Da, schau, rechts unter dem großen Block, zwei Steinböcke!“ Circa 150 gäbe es in der näheren Umgebung, „manchmal kommen die bis auf 20 Meter zuwa,“ meint Stefan. Auch einen Bartgeier habe man vor 3 Tagen von hier aus gesehen, mindestens 24 Exemplare fliegen seit der Wiederansiedlung 1986 wieder durch den im Nationalpark. „Und natürlich die Steinadler, die kommen öfter vorbei. Und hungrig. Bis zu 70 Murmelen fressen die im Jahr“, weiß der Ranger.

    70? Gefühlt so viele Murmeltiere tummeln sich auch zwischen den ganzen Besuchern auf der Franz-Josefs-Höhe herum, fast fühlt man sich hier ein wenig wie in einem alpinen Streichelzoo. Menschenscheue haben die Nager hier oben wohl schon lang abgelegt, so nah kommt man den Marmotas sonst wohl nie. Und die ganzen Menschen mit ihren schussbereiten Kameras sind wohl die beste Adler-Abwehr weit und breit. 

    6. Für alle, die ganz nach oben wollen

    Auch denn der Blick von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe auf den Großglockner sehr verführerisch ist, von Gipfel ist er noch um einiges besser, so viel ist klar. Für den Hochalpenstraße-Betriebsleiter Peter Embacher ist der Großglockner ein „Kraftberg mit ungemeiner Anziehung. Und wenn man bei der Straße arbeitet, dann ist es fast eine Verpflichtung, mal raufzusehen.“ Also gut möglich, dass sich auch bei so manchem Hochalpenstraßenbefahrer die markante Silhouette im Kopf festsetzt und er oder sie das nächste Mal mit Steigeisen und Pickel im Gepäck anreist. Wie fühlt es sich an, auf Österreichs höchstem Berg zu stehen? Wir waren mit Bergsteigerlegende Gerlinde Kaltenbrunner und 15 höhen-motivierten Bergwelten-LeserInnen ganz oben:

  • Was du draufhaben musst, um den Glockner zu besteigen und wie du richtig dafür trainierst?

  • LITERATURTIPPS

    • Franziska Lipp: Das große kleine Buch: Die Großglockner Hochalpenstraße anders erleben. Servus Verlag, 1. Auflage 2016 (ISBN-13: 978-3710400988)
    • Walter Mair: Großglockner Hochalpenstraßen: Die schönsten Wanderungen und Bergtouren. 65 Touren. Mit GPS-Daten. Bergverlag Rother, 1. Auflage 2017 (ISBN-13: 978-3763331826)
    • Johannes Hörl (Hrsg.): Die Großglockner Hochalpenstraße. Erbe und Auftrag. Böhlau Wien, 1. Auflage 2015 (ISBN-13: 978-3205796886)
    Bergwelten Juni/Juli 2018
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