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Hüttenportrait

Edmund-Graf-Hütte: Eine andere Welt

• 25. Juli 2018
4 Min. Lesezeit
von Christina Schwann

„Wie in einer anderen Welt“, so sieht es aus da oben auf rund 2.400 m über dem Malfontal in der Verwallgruppe. Einsam und ruhig steht die Edmund-Graf-Hütte an der Kante des Kessels mit Welskogel und Hohem Riffler im Rücken, gerade voraus Hochkar- und Rendelspitze. Christina Schwann hat diese exponierte und wichtige Schutzhütte des Touristenklubs Innsbruck des Österreichischen Alpenvereins besucht.

Die Edmund-Graf-Hütte auf 2.375 m
Foto: Christina Schwann, ökoalpin
Die Edmund-Graf-Hütte auf 2.375 m
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  • Standort: östlich oberhalb des Malfontals in der Verwallgruppe; Pettneu am Arlberg, Tirol
  • Höhe: 2.375 m
  • Pächter: Andrea und Peter Raneburger
  • Geöffnet: Mitte Juni bis Mitte September
  • Zustieg von Pettneu: 4 Stunden

„Wir haben eine Hütte gesucht, die hoch genug liegt, um vor allem von Bergsteigern besucht zu werden. Die sind irgendwie - hmm - einfacher, haben keine so hohen Ansprüche“, so Hüttenwirtin Andrea, die gemeinsam mit ihrem Mann Peter 2011 die Hütte übernommen hat. „Bei uns gibt es weder Pommes noch Eis - beides würde viel zu viel Strom brauchen, den wir schlichtweg nicht haben. Auch Duschen gibt es keine für die Gäste und warmes Wasser nur begrenzt.“ Aber die Hütte entspricht eben einer klassischen Schutzhütte in exponierter Lage, trägt das Umweltgütesiegel des Alpenvereins und ist wichtiger Stützpunkt auf der Verwallrunde. 

Es sind die vielen Einzelheiten, um die sich Andrea mit Sorgfalt kümmert und die Hütte mit einem unglaublichen Charme erfüllen: Blumen an den Fenstern und auf den Stufen, die zum Eingang führen, eine gemütliche Sonnenterrasse, der Brunnen von blühendem Eisenhut eingerahmt, die Sanitäreinrichtungen, die Lager und Zimmer extrem sauber und in der Stube Vorhänge, die eigenhändig (!) von Peter bestickt wurden!

Direkt neben der Hütte liegt der perfekte Spielplatz für Kinder: Ein Teich, ein plätschernder Bach und ein kleines Wasserrad aus Holz. Sogar eine Kapelle gehört dazu, die schon das ein oder andere Mal für eine Hochzeit auf der Hütte gesorgt hat. 

Peter und Andrea Raneburger bewirtschaften die Hütte seit 2011

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Bereits im Jahr 1884 suchte die Sektion Touristenklub Innsbruck zur Verwirklichung eines Hüttenprojektes nach einem passenden Grund in der Verwallgruppe. Dieses fanden sie in bester Aussichtslage oberhalb des Malfontales und errichteten eine einfache Hütte. Maßgeblich daran beteiligt war Edmund Graf, der damalige 2. Vorsitzende der Sektion, der allerdings nur ein Jahr nach der Eröffnung der Hütte in den Sarntaler Alpen tödlich verunglückte. Ihm ist die Hütte gewidmet und trägt seither seinen Namen.

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Naturkatastrophen, Bauvorschriften und Umweltstandards

„Auf so einer Hütte ist immer was zu tun, fertig ist man nie“, berichtet Walter Kolp, der Hüttenwart der Sektion Touristenklub Innsbruck. Sieht man sich die Vergangenheit an, dann hat er absolut recht und seine Aussage gilt nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Geschichte der Hütte. Schon 40 Jahre nach der Eröffnung musste die Hütte erweitert werden. Mehrmals gab es massive Probleme durch lange Winter mit viel Schnee und Lawinen, die den Zustieg durch das Malfontal unmöglich machten.

Besonders hart traf die Sektion der Lawinentod des damaligen Wirtes, Hartl Schweiger, im Frühling 1991, was auch die bereits begonnenen Arbeiten an einer neuen Quellfassung, der Küche und neuen WC-Anlagen verzögerte. 

1992 übernahm die Familie Lorenz die Hütte, hatte allerdings auch gleich zu Beginn zu kämpfen: zuerst wurde wieder einmal in die Hütte eingebrochen, Probleme mit der Quelle und der Wasseraufbereitung bereiteten dem Hüttenteam ebenfalls Kopfzerbrechen und die Sanierung der Materialseilbahn sorgte für noch mehr Arbeit. 

Richtig ungut wurde es im Jahr 1998, als die Seilbahn durch eine Lawine zerstört wurde. Sie konnte erst zwei Jahre später, 2000, wieder in Betrieb genommen werden. Zwei Sommer lang leistete die Familie Lorenz unvorstellbar anstrengende Arbeit, in denen sie alle Lebensmittel zu Fuß zur Hütte trug. 

2002 musste die Kläranlage an vorgegebene Bauvorschriften angepasst werden, eine Fotovoltaikanlage und eine Solartherme für Warmwasser wurden installiert. Das brachte der Hütte in Summe immerhin 2003 das Umweltgütesiegel des Österreichischen Alpenvereins ein.

2009 griffen neue Vorgaben des Brandschutzes und es musste vor allem für das Stiegenhaus eine Lösung gefunden werden. Gleichzeitig mit dem Pächterwechsel begannen 2011 die Arbeiten am letzten Zubau, was der Familie Raneburger gleich eine harte erste Saison bescherte. 

2003 erhielt die Hütte das Umweltgütesiegel des Österreichischen Alpenvereins
Foto: Christina Schwann, ökoalpin
2003 erhielt die Hütte das Umweltgütesiegel des Österreichischen Alpenvereins
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Die Frage der Finanzierung

Wilfried Connert, Hüttenreferent des Touristenklubs Innsbruck: „Für eine relativ kleine Sektion wie den Touristenklub Innsbruck mit insgesamt vier Hütten (Patscherkofel-Schutzhaus, Innsbrucker Hütte, Peter-Anich-Hütte, Edmund-Graf-Hütte) sind die vielen Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten aufgrund behördlicher Auflagen eine riesige Herausforderung.“

„Wir geben jährlich 10 - 11 Millionen Euro für Hütten und Wege aus," so Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten, Wege und Kartografie des Österreichischen Alpenvereins. „Rund 4 Millionen sind Fördergelder, wobei davon ca. 2,1 Millionen vom Bund kommen. Den Großteil des Geldes müssen aber die Sektionen berappen, sprich Mitgliedsbeiträge und Einnahmen auf den Hütten. Umgerechnet kann man pauschal sagen: Jedes Mitglied zahlt durch den Mitgliedsbeitrag 9.- Euro pro Jahr für den Erhalt von Hütten und Wegen."

Just im Jahr 2011, als die großen Umbauten auf der Edmund-Graf-Hütte anstanden, kam die Firma Handl Tyrol auf den Alpenverein zu. Man vereinbarte eine Partnerschaft, deren Ziel es sein sollte, die alpine Infrastruktur zu fördern. Die Edmund-Graf-Hütte wurde damit zum ersten großen Projekt, das unter anderem mit Geldern der Firma Handl Tyrol umgesetzt werden konnte. Eine Tafel in der Hütte weist auf diese Kooperation hin und anlässlich des 65. Geburtstages des Firmengründers Karl Handl taufte der Alpenverein den Steig auf den Hohen Riffler „Karl-Handl-Steig“. 

„Uns geht es aber nicht um eine reine Marketingkooperation. Es ist viel mehr. Seit dem Jahr 2011 überlegen wir uns jedes Jahr gemeinsame Projekte, die Sinn machen. Dabei packen wir sogar selber mit an. Z.b. haben wir unsere Mitarbeiter schon einmal für die Sanierung eines Alpenvereinsweges zur Verfügung gestellt“, betont Dirk Preuss, Marketingleiter von Handl Tyrol. 

Der Karl-Handl-Steig führt auf den Hohen Riffler

Die Chefin: Andrea

Eine hält auf der Hütte alles zusammen - das ist offensichtlich: Hüttenwirtin Andrea. „Ja, einer muss ja Chef sein und das bin ich, weil ich immer hier bin, jeden Tag.“ Hüttenwirt Peter muss unter der Woche arbeiten, ist aber für den Hütteneinkauf zuständig. Marion, Julia und Lisa  die drei Mädels  sind für Service, Küchendienst und Zimmer bzw. Lager eingeteilt. Koch Roman gehört die Küche. Gelegentlich helfen die Söhne aus. Eine klare Einteilung und Regeln brauche es laut Andrea auf jeden Fall, wenn man drei Monate auf sehr engem Raum lebt und arbeitet. 

Wir wünschen der Familie Raneburger und ihrem Team auf jeden Fall eine gute Saison. Für euch haben wir noch ein paar Impressionen von der wunderschönen Umgebung der Hütte eingefangen  weit weg vom Alltag, nämlich 4 Stunden zu Fuß von Pettneu  wie in einer anderen Welt. 

Arnika mit der Hütte im Hintergrund

Die Edmund-Graf-Hütte im Detail

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