
Sportklettern in der Halle und am Fels: Die wichtigsten Unterschiede
Foto: Petzl
von Claudia Timm
Du beherrschst das Sichern, dein Vorstieg ist solide und jetzt zieht es dich raus an den Fels? Großartig! Doch beim Umstieg von der Halle in den Klettergarten gibt es einiges zu beachten. In diesem Beitrag zeigen wir dir die wichtigsten Unterschiede und erklären, worauf du dich beim Klettern am Fels einstellen solltest.
Inhalt
- 1. Keine Markierungen: Routen lesen statt Griffe zählen
- 2. Selbst einhängen: Expressen nicht vergessen
- 3. Fels und Haken nicht immer bombenfest: Sicherheit selbst beurteilen
- 4. Umbauen am Umlenker: Eigenverantwortung gefragt
- 5. Griffe und Tritte meist kleiner: Fußarbeit ist Trumpf
- Fazit: Draußen ist anders – aber es lohnt sich
- Sportklettern lernen mit Bergwelten: Von der Halle an den Fels
1. Keine Markierungen: Routen lesen statt Griffe zählen

In der Halle ist alles klar: Farbige Griffe zeigen dir den Weg, Schwierigkeitsgrade stehen übersichtlich auf Schildern, alle Routen sind gleich lang. Am Fels sieht das anders aus. Draußen sind Griffe und Tritte oft schwer zu erkennen, es gibt unterschiedliche Gesteinsarten und die Wände sind meist höher. Du musst deine Route mithilfe eines Kletterführers selbst finden, die Route lesen und komplizierte Bewegungsabläufe eigenständig entdecken. Das erfordert Übung, Kreativität und oft auch Geduld. All das macht das Klettern im Freien vielseitiger, aber auch deutlich anstrengender.
Tipp: Starte mit gut abgesicherten Klettergärten, deren Routen im Kletterführer detailliert beschrieben sind. So ersparst du dir unliebsame Überraschungen und kannst langsam Selbstvertrauen aufbauen.
2. Selbst einhängen: Expressen nicht vergessen

In der Halle hängen die Expressschlingen schon – draußen nicht. Du musst deine eigenen Expressschlingen mitbringen, diese vor dem Einstieg in die Tour abzählen und dann korrekt einhängen. Das heißt: mit dem verstärkten Karabiner nach unten und der Schnapperöffnung von der zu erwartenden Sturzrichtung weg. Dabei ist das Klippen am Fels oft anspruchsvoller: Die Einhängeposition ist nicht immer gut, die Bohrhaken sind höher gesetzt oder schwerer zu erreichen.
Tipp: Wenn du Zweifel hast, ob du die erste Exe ohne Sturz einhängen kannst, ist ein Clipstick die sichere Option.
3. Fels und Haken nicht immer bombenfest: Sicherheit selbst beurteilen

Ein großer Unterschied – und ein echter Sicherheitsfaktor – ist die Absicherung. In der Halle ist alles genormt: gleichmäßige Hakenabstände, regelmäßig geprüfte Sicherungen und definierte Sturzräume. Am Fels ist das nicht so. Die Abstände zwischen den Haken hängen von der Erstbegehung ab – mal eng, mal weit. Die Zustände der Haken sind unterschiedlich: Manche sind rostig, locker oder schlecht gesetzt. Dazu kommt: Griffe und Tritte können ausbrechen, Steinschlag ist immer ein Thema. Draußen musst du mögliche Risiken selbst einschätzen und darfst dich nicht blind auf das vorgefundene Material verlassen. Viele Klettergärten werden zwar regelmäßig gewartet, aber längst nicht alle – ein Helm sollte daher zur Standardausrüstung gehören.
Tipp: Warnungen zu potenziellen Sicherheitsrisiken findest du oft in Online-Kletterführern wie The Crag oder der Vertical-Life Climbing App. Dort kannst du auch eigene Sicherheitshinweise veröffentlichen.
4. Umbauen am Umlenker: Eigenverantwortung gefragt

Am Ende der Route wartet in der Halle ein Toprope-Umlenker mit Schrauben oder gegengleichen Karabinern. Einfach Seil einlegen – fertig. Am Fels sieht das anders aus: Oft endet die Route in einem Ring, einer Kette oder zwei Laschen. Du musst das Seil selbst umbauen und dich dabei mit einer Bandschlinge und einem Schraubkarabiner sichern. Dabei solltest du ganz genau wissen, was du tust. Unfälle beim Umbauen sind häufig und haben meist gravierende Folgen.
Tipp: Lerne das sichere Umbauen von einem erfahrenen Kletterpartner oder in einem Kletterkurs. Im Zweifel lieber doppelt prüfen als vorschnell abbauen.
5. Griffe und Tritte meist kleiner: Fußarbeit ist Trumpf

Hinzu kommt, dass im Freien die Tritte und Griffe meist viel kleiner sind als in der Halle. Statt griffiger Henkel erwarten dich draußen schmale Leisten, statt großer Volumes minimalistische Reibungstritte, die eine solide Klettertechnik und viel Präzision erfordern. Wer sauber steht, spart Kraft in den Armen und bleibt länger am Fels. Achte deshalb am besten schon in der Halle auf eine gute Fußarbeit. Übe Fußwechsel und das lautlose und präzise Ansteigen von kleinen Tritten – das zahlt sich draußen schnell aus.
Tipp: Vieles ist beim Sportklettern im Freien anders. Wähle deine ersten Touren im Klettergarten deshalb etwa zwei Grade unter deinem Onsight-Niveau in der Halle. So kannst du das Erlebnis ganz entspannt genießen.
Fazit: Draußen ist anders – aber es lohnt sich
Sportklettern am Fels ist intensiver, abenteuerlicher und erfordert mehr Eigenverantwortung als das Klettern in der Halle. Wer den Schritt nach draußen wagt, sollte gut vorbereitet sein – technisch, mental und sicherheitsbewusst.
Sportklettern lernen mit Bergwelten: Von der Halle an den Fels
Bergwelten-Redakteurin Judith Steinkellner möchte Sportklettern lernen. Dabei will sie jedoch nicht nur innerhalb der vier Wände einer Kletterhalle bleiben – ihr großes Ziel ist das Klettern am Fels. Sei hier und auf unserem Instagram-, TikTok- und Facebook-Kanal dabei und erfahre alles, was man über Technik, Sicherheit, Ausrüstung und Training fürs Sportklettern wissen muss.
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