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Richtig sichern beim Sportklettern – in der Halle und am Fels

Ausrüstung & Technik6 Min.18.08.2025

Foto: Petzl

von Claudia Timm

Sportklettern ist eine relativ sichere Angelegenheit – wenn man die wichtigsten Regeln kennt und einhält. Vom passenden Sicherungsgerät über den Partnercheck bis zu den Seilkommandos: Wir zeigen dir, worauf es beim Sichern wirklich ankommt.

Beim Sichern hat man seinen Partner „in der Hand". Stürzt der Kletterer und der Sichernde reagiert falsch, kommt es fast immer zu einem Unfall. Schon ein Sturz aus zwei Metern Höhe kann schwere Verletzungen zur Folge haben. Doch welche Punkte sind beim Sichern wichtig und was ist unbedingt zu beachten?


1. Vorstiegssichern: Die wichtigsten Grundsätze

Im Vorstieg hängt der Kletterer das Seil eigenständig in Expressschlingen ein. Der Sichernde muss dabei aufmerksam sein und das Seil so ausgeben, dass der Kletterer nicht zu weit stürzt. Klare Kommunikation zwischen Kletterer und Sicherndem ist dabei wichtig.

a) Sicherungsgeräte

Je nach Können und Einsatzzweck kommen beim Klettern verschiedene Sicherungsgeräte infrage:

  •  Halbautomaten: Blockieren bei starkem Seilzug automatisch – auch wenn die Bremshand losgelassen wird. Sie bieten ein hohes Maß an Sicherheit und werden von den Alpenvereinen für das Sportklettern empfohlen.

  • Autotubes: Reagieren auf die Position der Bremshand – bei unten geführter Hand blockieren sie, bei oben geführter Hand bleibt das System dynamisch. Sie kombinieren Kontrolle mit Präzision.

  • Tuber: Sichern dynamisch, haben aber keine Blockierfunktion. Leicht und vielseitig – werden hauptsächlich beim Alpinklettern oder zum Sichern sehr leichter Kletterer verwendet.

Tipp: Ein Sicherungsgerät ist nur so gut, wie die Person, die es bedient. Deshalb: Üben, üben, üben!

b) Bremshandprinzip

Die korrekte Bedienung jedes Sicherungsgeräts basiert auf dem Bremshandprinzip – das gilt unabhängig vom Gerätetyp. Die Bremshand umschließt stets das Bremsseil und bleibt etwa 20 bis 30 Zentimeter unterhalb des Sicherungsgeräts, seitlich am Oberschenkel. Diese Position verlässt die Bremshand nur für kurze Zeit, um Seil einzuholen oder auszugeben. Aber auch dabei wird das Bremsseil nie losgelassen. Dafür bilden Daumen und Finger einen Tunnel und ermöglichen so die Bewegung der Bremshand am Bremsseil.

Tipp: Lass dich am Anfang von einem erfahrenen Kletterer hintersichern – so kannst du das korrekte Sichern gefahrlos üben.

c) Bodenstürze vermeiden

Stürze auf den Boden müssen beim Sportklettern unbedingt verhindert werden. Besonders im unteren Wandbereich, bis zur fünften Expresse, bedeutet zu viel Schlappseil akute Bodensturzgefahr. Gutes Sichern bedeutet: das Seil so straff wie nötig, zugleich aber auch so locker wie nötig zu halten – gerade so, dass der Kletterer nicht behindert wird. Dazu muss der Sicherer das Seil rasch ausgeben und einholen.

Tipp: Bis zum Einhängen der ersten Exe empfiehlt es sich, den Kletterer mit den Händen zu spotten, um einen möglichen Bodensturz abzuschwächen.

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d) Dynamisches Sichern

Sofern keine Bodensturzgefahr besteht, sollte ein Sturz dynamisch gebremst werden. Das reduziert die Belastung auf Kletterer, Seil und Sicherungen – und minimiert das Verletzungsrisiko durch hartes Aufprallen an der Wand. Bei Halbautomaten ist ein dosiertes Bremsen mit der Hand nicht möglich. Du kannst den Sturz dennoch dynamisch bremsen, indem du mit deinem Körper dem Seilzug folgst und ggf. im richtigen Zeitpunkt nach oben wegspringst.

e) Gewichtsunterschied

Je geringer der Gewichtsunterschied zwischen den Kletterpartnern, desto besser. Ist der Kletterer deutlich schwerer als der Sichernde, wird dieser beim Sturz nach oben gerissen. Eine Kollision mit dem Kletterer oder das Loslassen des Sicherungsgeräts können die Folgen sein. Eine Lösung ist das versetzte Klippen zu Routenbeginn, eine andere ein zusätzliches Bremsgerät, das an der ersten Exe befestigt wird. Wenn der Kletterer viel leichter als der Stürzende ist, kann es zu sehr harten Stürzen kommen. Dynamische Sicherungsgeräte wie ein Tuber ermöglichen dann ein sanfteres Abbremsen – erfordern aber viel Aufmerksamkeit und Übung.

f) Sicherungsposition

Neben dem Gewicht ist auch der Standort des Sichernden wichtig. Besonders im Bereich der ersten fünf Haken sollte er nicht direkt unter dem Kletterer stehen, um im Sturzfall eine Kollision zu vermeiden. Ferner ist es wichtig, möglichst nah an der Wand zu stehen. Denn bei zu großem Abstand wird der Sichernde im Fall eines Sturzes an die Wand gerissen und kann sich verletzen oder die Kontrolle über das Sicherungsgerät verlieren.

Faustregel: Der Sichernde steht etwa einen Meter seitlich versetzt zur Falllinie des Kletterers und einen Meter von der Wand entfernt.

g) Sicherungsbrillen

Sicherungsbrillen unterstützen die Aufmerksamkeit des Sichernden auf den Kletterpartner. Durch spezielle Prismen wird die Blickrichtung nach oben umgelenkt. So entsteht ein starker Fokus auf den kletternden Partner – und der Nacken wird entlastet.

Tipp: Blicke bis zur dritten Zwischensicherung über die Brille weg. So kannst du deinen Kletterpartner im Nahbereich besser sehen und musst die Brille später nicht extra aufsetzen.


2. Vorstiegssichern: Der Sicherungsablauf Schritt für Schritt

Ein sauberer Sicherungsablauf schützt Leben – deshalb solltest du beim Sichern möglichst schnell eine präzise Routine entwickeln. Einfache Seilkommandos sorgen für Sicherheit.

a) Korrektes Anseilen

Der Kletternde bindet sich mit dem doppelten Achterknoten oder Bulin korrekt durch beide Einbindeschlaufen ein. Der Seilüberstand sollte etwa eine Handbreite betragen.

Tipp: In diesem Beitrag findest du einen Überblick über die sechs wichtigsten Knoten und erfährst, wie man sie schnell und präzise knüpft.

b) Sicherungsgerät einlegen

Nun legt der Sichernde das Sicherungsgerät gemäß der Herstelleranleitung richtig ein. Wichtig: Seildurchmesser und Karabiner müssen zum Sicherungsgerät passen.

c) Selbst- und Partnercheck

Vor jedem Start wird zunächst ein Selbst- und dann ein Partnercheck durchgeführt, denn vier Augen sehen mehr als zwei. Dabei wird geprüft ob, …

... die Klettergurte geschlossen sind,

  • ... der Anseilknoten richtig in den Anseilschlaufen liegt,

  • ... das Sicherungsgerät korrekt eingehängt ist,

  • ... der Sicherungskarabiner verschlossen ist,

  • ... am Seilende ein Knoten gemacht worden ist.

d) Klare Kommunikation und Seilkommandos

Um Missverstände beim Klettern zu vermeiden, sollten die wichtigsten Seilkommandos vor dem Start noch einmal abgesprochen werden. Üblich sind:

  • „Zu!“ oder „Zug!“ – der Sichernde soll das Seil einziehen, weil der Kletterer rasten möchte oder sich unsicher ist.

  • Seil!“ – der Sichernde muss mehr Seil ausgeben, weil der Kletterer Seilzug hat oder klippen möchte.

  • „Ab!“ – der Kletterer hat das Top eingehängt und signalisiert dem Sichernden, dass er abgelassen werden möchte.

  • „Locker!“ – nur beim Klettern im Freien: Der Kletterer hat das Top erreicht und braucht Seil zum Umbauen. Der Sichernde gibt circa 2 Meter Seil, behält den Kletterer aber in der Sicherung.

Wichtig: Das Seilkommando „Stand!“ hat beim Sportklettern nichts verloren und wird ausschließlich beim Alpinklettern verwendet. Beim Umbauen kann es schnell zu Missverständnissen führen.

e) In der Route: Klettern und Sichern

Beim Klettern tragen beide – Kletterer und Sichernde – gemeinsam die Verantwortung für ihre Sicherheit. Aufmerksamkeit, klare Absprachen und gegenseitiges Vertrauen sind dabei entscheidend. Beide müssen wissen, was zu tun ist – und während der gesamten Route fokussiert bleiben.

Die wichtigsten Punkte für den Kletterer:

  • Hänge alle Zwischensicherungen ein – das Seil läuft „von der Wand ins Land“.

  • Klippe erst auf Hüfthöhe – nicht überstreckt.

  • Achte darauf, dass das Seil nicht hinter deinen Beinen läuft.

  • Hänge das Top korrekt ein.

  • Achte auf Kletterer über oder neben dir.

Die wichtigsten Punkte für den Sichernden:

  • Lass nie das Bremsseil los.

  • Fokussiere dich auf deinen Kletterpartner.

  • Gibt nicht zu viel Schlappseil.

  • Achte auf die korrekte Position zur Wand.

  • Bei Stürzen – Sicherungsgerät korrekt bedienen.

  • Langsam und kontrolliert ablassen.

f) Oben angekommen: Einhängen und ablassen

Ist der Kletterer am Umlenker angekommen, hängt er das Seil direkt in die vorgesehene Sicherung ein – meist ein Schraubkarabiner oder zwei gegenläufige Schnapper. Mit dem Kommando „Zu!“ signalisiert er dem Sichernden, dass er fertig ist und abgelassen werden möchte. Der Sichernde prüft, ob der Bereich unter dem Kletterer frei ist, und lässt ihn anschließend langsam und kontrolliert ab.


3. Vorstiegssichern am Fels

Zwischen Halle und Fels gibt es viele Unterschiede – auch beim Sichern. Neben dem Partnercheck ist draußen ein Materialcheck Pflicht: Hat der Kletternde genug Expressen und alles zum Umbauen dabei? Da die Hakenabstände am Fels oft größer sind, kommt es zu längeren Stürzen. Dynamisches Sichern ist deshalb besonders wichtig. Der Sichernde muss den Routenverlauf jederzeit im Blick behalten, mögliche gefährliche Hindernisse wie Absätze, Podeste oder Felsvorsprünge erkennen und notfalls bewusst „hart“ oder „weich“ sichern, um einen Aufprall zu vermeiden.

Zusätzliche Risiken wie Steinschlag, Griffausbruch oder Absturzgefahr am Einstieg machen Aufmerksamkeit und Kommunikation unverzichtbar. Eine weitere Besonderheit draußen ist das Umbauen am Umlenker.


4. Topropesichern

Beim Toprope-Klettern wird ein vorinstalliertes Seil verwendet, das am Top durch einen Umlenker gelegt ist. An einem Ende des Seils befindet sich eine vorbereitete Einbindevorrichtung, meist zwei gegengleiche Karabiner, in die sich der Kletterer mit der Sicherungsschlaufe seines Klettergurts einhängt. Das freie Seilende legt der sichernde Partner wie gewohnt in sein Sicherungsgerät ein. Nach dem Selbstcheck wird – wie üblich – der Partnercheck durchgeführt. Sobald der Kletternde in die Route einsteigt, zieht der Sichernde das Seil kontinuierlich ein, ohne dabei das Bremsseil loszulassen.

Wichtig: Auf den ersten Metern sollte das Seil beim Toprope-Sichern sehr straff gehalten werden, da es sonst aufgrund der Seildehnung zu Bodenstürzen kommen kann.

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5. Toperopeklettern am Sicherungsautomat

In vielen Kletterhallen sind Sicherungsautomaten installiert, die das Toprope-Klettern ohne Sicherungspartner ermöglichen. Das Seil wird automatisch nachgezogen, während du kletterst, und lässt dich bei Belastung kontrolliert wieder zu Boden gleiten.

 So funktioniert das Klettern am Automaten:

  • Einstiegsbarriere zur Seite legen.

  • Karabiner (gegengleich) in die Sicherungsschlaufe deines Gurts einhängen.

  • Funktion und Bandeinzug des Automaten prüfen.

  • Nur in der vorgesehenen Linie klettern – niemals quer oder über das Gerät hinweg.

  • Vor dem Reinsetzen am Top unbedingt nochmal die Sicherung kontrollieren und auf einen freien Sturzraum achten.

Tipp: Mach vor dem Klettern einen kurzen Selbstcheck. Klettere 1 bis 1,5 Meter hoch und lass dich vorsichtig fallen. So prüfst du, ob der Automat korrekt funktioniert und du richtig eingebunden bist.


Sportklettern lernen mit Bergwelten

Bergwelten-Redakteurin Judith Steinkellner möchte Sportklettern lernen. Dabei will sie jedoch nicht nur innerhalb der vier Wände einer Kletterhalle bleiben – ihr großes Ziel ist das Klettern am Fels. Sei hier und auf unserem Instagram-, TikTok- und Facebook-Kanal dabei und erfahre alles, was man über Technik, Sicherheit, Ausrüstung und Training fürs Sportklettern wissen muss.


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