Wegtypen: Welchen Weg traust du dir zu?
Wanderwege, Bergwege, Alpine Routen – Worin liegt der Unterschied? Bergwelten Expertin Christina Schwann klärt auf.

Wie Wege zustande kommen
Zahlreiche fleißige Helfer der alpinen Vereine leisten unzählige, meist ehrenamtliche Arbeitsstunden, um die Wanderwege zu markieren und in bestmöglichem Zustand zu halten. Ihre Arbeit erleichtert die Orientierung am Berg – auch ohne Karte – und trägt wesentlich zur Sicherheit bei. Bereits bei der Planung einer Wander- oder Bergtour sollte man zwei Dinge beachten: die Gehzeit samt Höhenmeter sowie die Schwierigkeit der Tour. Über die Gehzeit haben wir bereits ausführlich berichtet. Diese kann zwar über eine Formel grob berechnet werden, aber natürlich spielen hier auch viele andere relevanten Aspekte mit, wie etwa die persönliche Kondition, das Wetter oder die Schwierigkeit eines Weges (die naturgemäß äußerst subjektiv wahrgenommen wird).

Eine Frage der Definition
Die Fülle an verschiedenen Wegetypen kann sehr verwirrend sein. Schließlich reicht die Palette von der Forststraße über einen Waldpfad bis hin zu steinigen Bergwegen und mit Drahtseilen versicherten Steigen. Somit stellt sich die Frage, welchen Weg man sich zutrauen kann und welchen nicht. Dazu braucht es eine gute Definition der Wegeinteilungen, eine gute Beschilderung mit dem entsprechenden Schwierigkeitssymbol vor Ort, eine detaillierte Beschreibung der Tour in einem Wanderführer oder Tourenportal, sowie eine ehrliche Selbsteinschätzung.
Generell werden die Wander- und Bergwege im deutschsprachigen Alpenraum in „leicht“, „mittel“, „schwierig“ und „Alpine Route“ eingeteilt. Die Definitionen stimmen in den einzelnen Ländern in etwa überein, die Beschilderungssymbole mit ihren Farben weisen allerdings regionale Unterschiede auf - wie etwa in Vorarlberg, dem Allgäu oder der Schweiz.
Tipp: Die Bodenmarkierung hat in Österreich – z.B. rot-weiß-rot – mit der Schwierigkeitsbewertung des Weges nichts zu tun!

Für die Definitionen greifen wir auf das Tiroler Wander- und Bergwegekonzept zurück, welches auch eine gute Übersicht über das Wegesystem bietet:
1. Wanderwege
Ein Wanderweg befindet sich im Dauersiedlungsraum und angrenzendem Wald, ist gut markiert und leicht begehbar. Er ist allgemein zugänglich und für Fußgänger – primär in der schneefreien Zeit – gedacht. (Achtung: Für das Radfahren und Mountainbiken gelten eigene Regeln). Der Weg ist breit und weist keine sonderliche Steigung bzw. Gefälle auf. Sollten Stellen dabei sein, die eine gewisse Absturzgefahr beinhalten, werden diese ausreichend gesichert (z.B. durch ein Geländer).
Die Wege verlangen keine besondere alpine Kenntnis und können in der Regel auch bei schlechtem Wetter problemlos begangen werden. Turnschuhe (mit Profilsohle) reichen hierfür völlig aus. In Tirol werden leichte Wanderwege nicht mit einem Symbol versehen. Im restlichen Österreich sind sie mit einem blauen Punkt auf der gelben Wegtafel gekennzeichnet – außer im Bundesland Vorarlberg. Hier hat man sich an das Liechtensteiner und Schweizer Modell angelehnt und auf grauen Wegtafeln leichte Wanderwege mit dem Farbcode gelb-weiß gekennzeichnet.

2. Bergwege
Bergwege befinden sich meist oberhalb der Waldgrenze im alpinen Gelände, allerdings nicht auf Gletschern. Sie sind in der schneefreien Zeit für Bergwanderer bestimmt, können bei schlechtem Wetter aber oftmals gefährlich werden. Bergwege werden in mittelschwierige und schwierige Wege unterteilt.

Mittelschwierige Bergwege werden in Österreich (außer Vorarlberg) mit einem roten Punkt auf der gelben Wegetafel gekennzeichnet. Sie sind oft schmal und steil und können durchaus auch ausgesetzte Stellen beinhalten. Kurze versicherte Passagen (d.h. ein Drahtseil bietet die Möglichkeit sich festzuhalten) oder auch Abschnitte, auf denen man eventuell die Hände zur Unterstützung des Gleichgewichts benötigt, können vorkommen. Mittelschwierige Bergwege verlangen Trittsicherheit, Übung und Ausdauer sowie alpine Erfahrung und eine entsprechende Bergausrüstung.

3. Alpine Routen
Alpine Routen sind in Tirol die höchste – d.h. schwierigste Bergwegekategorie. Weil sie keine Bergwege im eigentlichen Sinne sind, werden sie in den anderen Bundesländern nicht mehr als solche gesehen und bewertet. Sie führen ins freie, hochalpine Gelände und werden weder beschildert noch gewartet. Je nach Untergrund sieht man mehr oder weniger gut ausgeprägte Trittspuren. Führen die Wege über Felsen oder Blockgelände sind sie praktisch spurlos. Alpine Routen weisen in der Regel auch keine Wegnummern oder einen Wegehalter auf.

Für die Schwierigkeitsbewertung von Touren bedienen wir uns zusätzlich der SAC – Berg- und Alpinwanderskala. Diese kennt nicht nur sechs Unterteilungen, sondern berücksichtigt neben der Beschaffenheit von Weg und Gelände auch die entsprechenden Anforderungen an den Bergwanderer. T1 entspricht Wanderwegen, T2 und T3 mittelschwierigen Bergwegen, T4 schwierigen Bergwegen und T5 und T6 Alpinen Routen.
Alle darüber hinaus gehenden Wege, wie „Hochtouren“ mit Gletscherquerungen und alpine Kletterrouten werden mit der SAC – Berg- und Hochtourenskala bewertet. Der große Mehrwert an den SAC-Skalen liegt daran, dass sie ineinander übergreifen, d.h. man kann die Bewertung vom Berg- und Alpinwandern in Relation zur Bewertung der Hochtouren- oder Skitourenskala stellen.

4. Sonderfälle von Wegen
Das Tiroler Wander- und Bergwegekonzept unterscheidet zudem noch weitere Arten von Wegen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nach einer separaten Betrachtungsweise verlangen.
Dazu gehören etwa Schluchtwege in Klammen, die zwar im Dauersiedlungsraum liegen, aber durchaus schwierig zu begehen sein können. Solche Wege werden daher als „Bergwege in Talnähe“ klassifiziert.
Klettersteige stellen wiederum eine eigene Kategorie dar. Sie werden in Sportklettersteige und klassische Klettersteige unterteilt und nach der SAC-Klettersteigskala bewertet.

Da all diese Wege eigentlich nur für die Begehung in der schneefreien Zeit gedacht sind, gibt es auch eigene „Winterwanderwege“. Ein Winterwanderweg wird nach Ö-Norm S 4611 als „ein bei winterlichen Verhältnissen angelegter Weg, der markiert, unterhalten, kontrolliert und vor alpinen Gefahren gesichert wird“ bezeichnet. In der Regel werden Winterwanderwege von Tourismusverbänden oder Seilbahnunternehmen temporär angelegt und beschildert und meist von der örtlichen Lawinenkommission täglich beurteilt.

Welche Art von Weg man sich persönlich zutrauen kann, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wie immer gilt: Vom Einfachen zum Schwierigen und es ist natürlich sinnvoll, sich immer von Fachkräften wie einem Wander- oder Bergführer Tipps, Tricks und ein Feedback geben zu lassen. Denn Angst, Zeitdruck und vielleicht auch noch schlechtes Wetter können schnell zur Überforderung führen. Dabei sollte eigentlich die Freude an der Bewegung und an der Natur an erster Stelle stehen.
Wir wünschen Euch auf jeden Fall eine gute Zeit am Berg, egal für welchen Weg ihr euch entscheidet!