7 Tipps für den Einstieg ins Outdoor-Klettern

Sicherheit & Know How

5 Min.

20.08.2025

Foto: Stefan Filzmoser

von Claudia Timm

Du bist in der Halle die ersten Routen durchgestiegen? Dann wird es Zeit, die bunten Griffe gegen echten Fels zu tauschen. Damit dein erster Klettertag draußen sicher und entspannt verläuft, haben wir sieben wichtige Tipps für dich zusammengestellt – von der Vorbereitung bis zum richtigen Verhalten am Fels.

1. Was du können solltest

Auch wenn du dich in der Halle bereits sicher fühlst – das Sportklettern im Freien bringt ganz neue Herausforderungen mit sich. Zwischen Halle und Fels gibt es viele Unterschiede: Draußen musst du Griffe und Tritte selbst finden, Exen clippen und umbauen. Außerdem bist du für deine Sicherheit selbst verantwortlich. Eine solide Basis ist deshalb für den ersten Klettertag im Freien Pflicht.

Diese Fähigkeiten brauchst du für den Fels:

  • In der Halle kletterst du sicher im Toprope und Vorstieg.

  • Exen kannst du richtig einhängen.

  • Ein Sturztraining hast du absolviert.

  • Das Umbauen am Top ist für dich kein Problem.

  • Du kannst fehlerfrei sichern und ablassen.

Tipp: Ein Kletterkurs „Von der Halle an den Fels“ vermittelt dir noch einmal alle wichtigen Basics – und bereitet dich gezielt auf das Sportklettern im Klettergarten vor.


2. Die passende Route finden

Wähle für den Einstieg einen Klettergarten, der möglichst viel mit der Halle gemeinsam hat – also gut abgesicherte, kurze Routen in leichteren Schwierigkeitsgraden. Die passenden Gebiete und Routen findest du in einem Kletterführer. Darin erfährst du auch alle wichtigen Infos zu Absicherung, Länge, Schwierigkeit und Schlüsselstellen der Route. Ein Foto oder ein sogenanntes Topo – eine grafische Darstellung der Route – vermittelt dir einen guten Überblick über den Routenverlauf und Kletterstil.

Diese Fragen solltest du vor dem Einstieg beantworten:

  • Wie schwer ist die Route? Draußen ist das Klettern meist schwerer als in der Halle. Starte lieber 1–2 Grade unter deinem Hallenlimit.

  • Wie hole ich meine Expressen zurück, wenn ich abbreche? Im Zweifel lieber leichter klettern, um Probleme zu vermeiden. Alternativ Clipstick oder Panik-Exe mitnehmen.

  • Ist mein Seil lang genug für die Route? Angaben im Kletterführer müssen nicht immer stimmen. Gut, wenn das Seil eine Mittelmarkierung hat.

  • Wie viele Expressen brauche ich? Nimm immer 1–2 Exen mehr mit – zum Topropesichern, Verlängern oder Selbstsichern.

Tipp: Entscheide dich für eine Tour, die deinem Stil entspricht – am besten zwei Schwierigkeitsgrade unter deinem Hallenlimit.


3. Den richtigen Partner finden

Für deinen ersten Tag am Fels solltest du dich auf einen erfahrenen und eingespielten Kletterpartner verlassen – denn Vertrauen und klare Kommunikation sind das A und O. Bevor es losgeht, gilt: Partnercheck durchführen, Material überprüfen und Seilkommandos abstimmen. Gerade beim Start der Route ist Vorsicht geboten: Stürze in Bodennähe sind besonders gefährlich, deshalb sollte dich dein Partner bis zur ersten eingehängten Expressschlinge aktiv spotten.

Die letzen Schritte, bevor es losgeht:

  • Partnercheck: Anseilknoten korrekt? Gurte geschlossen? Sicherungsgerät richtig eingelegt und Karabiner zu? Knoten im Seilende?

  • Materialcheck: Habe ich genug Exen am Gurt? Zwei Schraubkarabiner und Bandschlinge zum Umbauen?

  • Seilkommandos: Sind die Seilkommandos abgesprochen?

  • Sicherheitscheck: Besteht zu Beginn der Route Bodensturzgefahr? Kann ich die Stelle sicher klettern oder clipsticken? Besteht Absturzgefahr oder Steinschlaggefahr für den Sichernden? Muss der Sichernde selbst gesichert werden?

Tipp: Wische dir vor dem Start die Schuhe an der Hose ab. Staub und Schmutz beeinträchtigen die Reibung und du rutschst auf Tritten leichter ab.


4. Mit Köpfchen klettern: langsam und kontrolliert

Beim Klettern am Fels zählen nicht nur Kraft und Technik. Es kommt auch auf die richtige Taktik an. Klettere die ersten Meter besonders vorsichtig und achte beim Clippen auf eine stabile Körperposition. Es gilt die 3-Punkt-Regel, das heißt, es sollten immer drei Extremitäten festen Halt am Fels haben. Taste dich langsam von Exe zu Exe vor und versuche möglichst vorausschauend zu klettern. In der Schlüsselstelle ist eine gesunde Selbsteinschätzung wichtig. Hast du große Sturzangst oder ist das Stürzen an dieser Stelle gefährlich? Dann klettere niemals hinauf, wo du nicht auch hinunterklettern kannst.

Folgende Punkte solltest du während des Kletterns immer im Hinterkopf haben:

  • Vertraue deinen Füßen: Deine Schuhe halten auf kleinen Tritten besser, als du denkst.

  • Exen richtig clippen: Exen mit der verstärkten Seite nach unten, Karabineröffnung von der Kletterrichtung weg. Seil „von der Wand ins Land“ clippen.

  • Seilverlauf optimieren: Exen verlängern, wenn das Seil über scharfe Kanten läuft. Gerader Seilverlauf, sonst droht Seilzug. Nicht hinter das Seil steigen – bei einem Sturz drohen Überschlag und Ropeburn.

  • Sturzrisiko: Die ersten 3 bis 4 Exen besonders vorsichtig klettern – Bodensturzgefahr. Stürze im ungünstigen Gelände (Absätze, Bänder, Vorsprünge) unbedingt vermeiden. Schlüsselstelle nur klettern, wenn reversibel.

  • Sicherheit am Fels: Hakenmaterial und Fels kritisch beurteilen. Fragwürdige Griffe testen (klopfen, vorsichtig belasten). Abstand zu anderen Kletterern halten. Steinschlag soweit möglich vermeiden

Tipp: Wähle zu Beginn eine sehr leichte Aufwärmroute, um deinen Körper auf das Klettern vorzubereiten und Selbstvertrauen aufzubauen.


5. Finde deinen Flow: Atmen, rasten und schütteln

Beim Klettern ist es wichtig, dass du deinen eigenen Rhythmus findest. Achte bewusst auf deine Atmung: Ruhige, tiefe Atemzüge senken den Stress, während schnelle Atemzüge dich aufputschen. Nutze dies aktiv, um einen Gang höher oder niedrigerzuschalten. Nutze alle möglichen Rastpositionen, um dir einen Überblick über den weiteren Routenverlauf zu verschaffen und deine Arme auszuschütteln – besonders, wenn du dich noch unterhalb der Crux befindest.

Tipp: Lass die Route dein Tempo bestimmen – klettere in schwierigen Stellen möglichst zügig und intuitiv, verlangsame das Tempo bewusst in leichten Passagen, um dich zu erholen.


6. Sicher umlenken, ablassen und abbauen

Am Ende der Route wartet meist kein fertiger Umlenker wie in der Halle. Stattdessen musst du dein Seil oft selbst durch eine Kette, zwei Laschen oder einen Ring fädeln. Das sichere Umbauen gehört zum Pflichtprogramm für jeden, der draußen klettert – und sollte unbedingt vorher geübt werden. Beim Ablassen gilt wie immer: klar kommunizieren, dann langsam und kontrolliert ablassen. So hast du genug Zeit, die Route abzubauen und deine Chalkspuren mit einer Bürste zu entfernen.

Tipp: Im Überhang oder bei einer schräg verlaufenden Route kann es hilfreich sein, dich zum Abbauen mit einer Expressschlinge am Seil zu fixieren, das vom Sichernden zum Top läuft. Andernfalls läufst du Gefahr, dass du nicht mehr zu deinen Exen kommst.


7. Knigge für Kletterer: Respekt vor Natur und Mensch

Wer draußen klettert, ist nicht nur Sportler, sondern auch Gast in der Natur – mit Verantwortung für Umwelt, Fels und Mitmenschen. Damit das Miteinander am Fels reibungslos funktioniert, gibt es beim Sportklettern einen Kletter-Knigge: eine Sammlung ungeschriebener Regeln, die helfen, peinliche Fauxpas zu vermeiden und Rücksicht auf andere zu nehmen.

Hier findest du die wichtigsten Verhaltensregeln auf einen Blick.

  • Beachte Sperrzeiten und Kletterverbote – das gilt besonders für die Brutzeit von Vögeln.

  • Nutze beim Zustieg bestehende Wege und beschädige, soweit möglich, keine Pflanzen.

  • Deponiere deinen Kletterrucksack nicht am Weg oder an den Routeneinstiegen.

  • Putze deine Kletterschuhe am Einstieg ab – das schont den Fels vor Abrieb und verhindert, dass du abrutschst.

  • Reserviere oder belege Routen nicht dauerhaft – andere müssen sonst lange warten.

  • Wer zuerst in eine Route einsteigt, hat Vorrang, wenn sich diese kreuzen.

  • Schone das Fixmaterial des Klettergebiets: Klettere im Toprope nur an deinem eigenen Material.

  • Verzichte auf lautes Rufen und Musik – andere Seilschaften sind darauf angewiesen, dass sie sich hören.

  • Warne deine Umgebung bei Gefahr: Rufe „Stein“ bei Steinschlag und „Seil“, wenn du dein Kletterseil abziehst.

  • Reinige deine Route nach dem Klettern – entferne Chalkreste und Markierungen an Griffen oder Tritten („Tickmarks“).

  • Keine ungefragten Tipps beim Klettern („Beta-Talk“): Behalte deine Lösung für eine bestimmte Klettersequenz für dich, es sei denn, du wirst danach gefragt.

  • Verrichte deine Toilette nicht am Wandfuß.

  • Weise andere Kletterer auf sicherheitsrelevante Fehler hin, wenn nötig.

  • Nimm deinen Müll nach dem Klettern wieder mit nach Hause.


Sportklettern lernen mit Bergwelten

Bergwelten-Redakteurin Judith Steinkellner möchte Sportklettern lernen. Dabei will sie jedoch nicht nur innerhalb der vier Wände einer Kletterhalle bleiben – ihr großes Ziel ist das Klettern am Fels. Sei hier und auf unserem Instagram-, TikTok- und Facebook-Kanal dabei und erfahre alles, was man über Technik, Sicherheit, Ausrüstung und Training fürs Sportklettern wissen muss.


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