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Foto: Daniel Kudernatsch
Reise

Senja – Ein Outdoor-Inselparadies in Norwegen

• 28. September 2020
5 Min. Lesezeit

Für viele noch schöner als die Lofoten: Auf der zweitgrößten Insel Norwegens – 350 Kilometer nördlich des Polarkreises – liegen malerische Sandstrände neben atemberaubenden Fjorden und aussichtsreichen Bergen. Daniel Kudernatsch hat Senja mit Wohnmobil und Mountainbike erkundet.

Text: Daniel Kudernatsch

Mitte September in Finnsnes, Nordnorwegen. Ich setze mit meinem Wohnmobil auf Senja über. Von Finnsnes führt die Gisundbrua, eine 1,2 km lange Auslegerbrücke auf die Insel. Die Fahrt über die Brücke ist spektakulär und windig. Mein erstes Ziel auf Senja liegt im Süden, ein Strand in der Nähe des Hotels Hamn. Der Weg zum Strand führt mich quer durch das bewaldete Innere der Insel. Die Buchenwälder links und rechts der Straße leuchten in Rot und Gelb.

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Mitte September ist Nachsaison in Norwegen, ganz besonders so weit im Norden. Ich stoppe bei einem Besucherzentrum – geschlossen. Keine Campingbusse, keine Touristen: Wer alleine sein will, ist im Herbst in Norwegen gut aufgehoben. Bevor ich den Strand anfahre halte ich noch beim Hotel Hamn. Der weiße Holzbau liegt in einer malerischen Bucht. Ich trinke Kaffee in der Sonne. Der Besuch lohnt sich, mehr Highlife auf Senja werde ich nicht mehr erleben.

Senja lässt sich am besten mit einem Wohnmobil bereisen. Man kann immer und überall stehen bleiben und die Natur genießen

Nordlichter am Lagerfeuer

In der Bucht angekommen entdecke ich: ein Zelt. Ein norwegisches Pärchen sammelt Feuerholz für ein abendliches Lagerfeuer. Ich stelle mich vor, man lädt mich für später auf Wein ein. Ich werde Schokolade mitbringen – das ist typisch für Norwegen. Wer alleine sein will, ist alleine, wer Anschluss haben will, findet diesen.

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Den Abend verbringen wir zu dritt, diskutieren über Gesellschaft und Politik, starren ins Lagerfeuer und erspähen zarte Nordlichter.

Das Paar hat mir als erste Tour den Berg Husfjell empfohlen. In diversen Foren lese ich, dass man den Weg runter auch mit dem Mountainbike fahren kann. Ausgangspunkt der Tour ist die Kirche bei Skaland, rund 700 Höhenmeter geht es von dort bergauf. Mit Pedalieren ist bald Schluss, nach 15 Minuten muss ich schieben – nichts Neues für mich in Norwegen. Anders als in den Alpen gibt es fast keine Forststraßen, auf denen man bergauf treten könnte. Der Weg nach oben führt durch einen lichten Buchenwald, dann über ein Moor, den ein Holzweg überspannt, bis ich schließlich auf den lang gezogenen Bergrücken gelange, der mich auf den Gipfel führt. Die Ausblicke sind genial, die kleine Inselgruppe Bergsøyan liegt links von mir, ich kann den goldenen Sand der kleinen Strände selbst von hier oben sehen. Am Gipfel treffe ich drei Norweger, die mir für die Abfahrt alles Gute wünschen. Der Trail bergab ist wunderschön und herausfordernd zu fahren. Unten angekommen bin ich glücklich und übernachte am Parkplatz vor der Kirche.

Mit dem Mountainbike rauf auf den Berg Husfjell. Die Ausblicke lassen einen das Bergauf-Schieben vergessen

Am nächsten Tag fahre ich weiter zum Strand nach Bøvær. Außer mir ist noch ein VW-Bus aus Deutschland da. Ich verbringe den Tag lesend und am Strand spazierend. Auch das ist typisch Norwegen: mal nichts tun und die Seele baumeln lassen.

Tag drei: Der Segla – ein Aussichtsberg – steht am Programm. Am Weg zum Ausgangspunkt halte ich beim Rastplatz Tungeneset. Ein Holzsteg führt Richtung Wasser, der sich weit öffnende Fjord gibt den Blick frei auf eine zackige Bergkette. Atemberaubend - wieder mal. Ich bleibe eine Stunde, dann fahre ich weiter Richtung Fjordgård, dem Ausgangspunkt zur Wanderung auf den Segla. Die Straße führt über Bergkuppen und Tunnels. Einer der Tunnels: einspurig, ohne Ampel, nur mit ein paar Ausweichbuchten. Es ist viel los auf Senja.

Die Wanderung auf den Segla führt erneut durch einen Birkenwald über ein Moor. Am Ende wird es steil, der überhängende Gipfel erfordert etwas Schwindelfreiheit.

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Ich übernachte am Strand im Ersfjord, trinke mit zwei Deutschen Dosenbier. Wir machen Lagerfeuer und schauen nach dem Sonnenuntergang Nordlichter.

Aufstieg zum Segla, den bekanntesten Aussichtsberg Senjas
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Alleine, aber nicht einsam

Am nächsten Tag fahre ich weiter nach Osten, zuerst nach Husøy, einem Ort auf einer kleinen Insel, welche durch eine Brücke mit Senja verbunden ist. Ich besorge Lebensmittel und tanke, es gibt nicht viel zu sehen – immerhin, ein Café hat offen. Als Ziel habe ich mir heute den Astridtind gesteckt, diesmal wieder mit dem Mountainbike. Der Weg startet beim Sportplatz in Botnhamn. Es geht bergauf, klar, anstrengend und abwechslungsreich. Zuerst gelange ich noch radelnd in ein Tal und über schmale Wege und Felsen an die Westseite des Berges, danach muss ich mein Mountainbike tragen. Dann folgt abwechselnd Schieben und Fahren, bis ich die letzten 15 Minuten teilweise kraxelnd und ohne Bike den Gipfel erreiche. Der Ausblick: atemberaubend (wiederhole ich mich?).

Der Trail runter vom Astridtind ist anspruchsvoll und nur kurz vor dem Gipfel flach

Die Abfahrt: wieder eine Challenge. Der Bergauf-Trage-Passage weiche ich aus, lande dafür in einem Moor und hole mir nasse Füße. Erschöpft komme ich am Startpunkt an und fahre weiter nach Laukvik. Dort übernachte ich – alleine, aber nicht einsam – in einer wunderschönen Bucht. Am nächsten Tag fahre ich wieder Richtung Festland. Norwegen hat noch so viel zu bieten, ich noch so viel zu entdecken.

Bucht nahe Botnham auf Senja

Infos und Adressen: Senja, Norwegen

Allgemeines: Ein Aufenthalt auf Senja ist ein kontrastreiches Abenteuer zwischen blauen Bergen und weiten Ausblicken. Nie ist es weit vom Meer in die Berge, von den Bergen in die Fjorde, von den Fjorden zu den Stränden. Wer auf unberührte Natur abseits des Massentourismus steht, liegt mit Norwegen immer richtig – und mit Senja ganz besonders.

Anreise: Hinkommen funktioniert wie überall in Norwegen: man fährt sehr, sehr lange Auto. Oder man fliegt nach Trömso und fährt dann nur noch recht kurz Auto. So oder so: ein Auto – am besten eines, in dem man schlafen kann – ist sehr zu empfehlen.

Campen: Das „Jedermannsrecht“ in Norwegen erlaubt es einem, fast überall in Camper, Auto oder Zelt zu übernachten. Unterkünfte gibt es nicht allzu viele auf Senja und wenn vorhanden, sind sie sehr teuer (100 Euro und mehr pro Nacht).

Reisezeit und Wetter: Im Winter und Frühjahr kann man zum Skitourengehen kommen, Sommer und Herbst bieten besten Bedingungen für Wanderungen und Mountainbiken. Das Wetter ist wie überall im Norden Norwegens: sehr wechselhaft. Wer bei Regen nicht raus geht, sollte lieber nach Griechenland reisen.

Kommunikation: In Norwegen hat man überall schnelles LTE-Netz. Dank einer Vereinbarung mit der EU fallen weder Gesprächsgebühren noch Roamingkosten an.

Wandern: Die schönsten Touren befinden sich fast alle im Norden der Insel. Im Süden ist mit dem Sjursviktind ebenfalls ein – etwas abseits gelegenes – Highlight zu finden. Die Touren im Norden auf den Husfjell, Segal, Astridtind und Kyle sind allesamt nicht besonders lang bzw. anstrengend und belohnen mit fantastischen Ausblicken auf Meer, Fjorde und die Insel selbst. Alle Touren lassen sich auch für nicht allzu fitte Wanderer an einem Tag bewältigen. Wer im Sommer auf Senja ist, kann spät aufbrechen – es ist lang hell bzw. geht die Sonne gar nicht unter.

Mountainbiken: Die Trails auf den Husfjell und auf den Astridtind sind wie gemacht für Mountainbiker. Bergab, versteht sich. Bergauf heißt es 90 Prozent der Strecke schieben. Die Abfahrten sind technisch anspruchsvoll, aber nicht zu verblockt. Ein Fully mit 140 bis 160 mm Federweg ist empfehlenswert.

Kajakfahren: Tagestrips inklusive Guiding lassen sich beim Hotel Hamn buchen. Die Tour führt nach Bergsøyan, einer kleinen Inselgruppe im Fjord. Die Sandstrände und das glasklare Wasser lassen einen an die Karibik denken. Die Wassertemperatur von 9 Grad nicht. Deshalb ist man hier im Kajak auch im Trockenanzug unterwegs.

Weitere Infos zu Senja: www.visitsenja.no/en

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