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Abenteuer auf zwei Rädern

Mit dem Fahrrad an der irischen Atlantikküste

• 2. Dezember 2021
5 Min. Lesezeit
von Daniel Kudernatsch

Inspieriert von einem Tinder-Date, hat sich Daniel Kudernatsch vergangenen Oktober auf ein Abenteuer auf zwei Rädern begeben. In elf Etappen ist er die irische Atlantikküste entlang geradelt – über 500 Kilometer von Tralee bis nach Cork. Der Autor teilt seine schönsten Fotos mit euch und verrät, wie ihr es ihm gleichmacht.

Irische Atlantikküste mit dem Rad
Foto: Daniel Kudernatsch
Der Autor mit seinem Rad – und dem notwendigen wasserdichten Equipment – an der irischen Atlantikküste
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Im Frühsommer 2021 hatte ich ein Tinder-Date. Es ist nicht viel hängen geblieben, es gab keine weiteren Treffen. Dafür hörte ich aber eine inspirierende Geschichte: Mein Date hatte im Jahr davor an einem irrwitzigen Radrennen teilgenommen. Von Wien nach Nizza. Ohne Begleitung. Wer am schnellsten ist, hat gewonnen. Man musste auf der Route ein paar Alpen-Pässe mitnehmen, die letzten 100 Kilometer (oder so) waren vorgegeben, das war’s. Ich hörte von drei Stunden Schlaf pro Tag im Licht von Tankstellen und Autobahnbrücken, von Halluzinationen während des Pedalierens und von „Körper und Geist“ an seine Grenzen bringen.

Daniel Kudernatsch Irland
Foto: Daniel Kudernatsch
Der Autor vor dem Anstieg auf den Connor Pass. Noch regnet es nicht. Zehn Minuten später hörte es den restlichen Tag lang nicht mehr auf

Im Sommer davor hatte ich mir ein Gravel-Bike gekauft (ja, ich bin auch tätowiert, trage Flanell), meine Ausfahrten beschränkten sich aber auf 50 bis 70 Kilometer-Runden im Wienerwald. Abenteuerlich wurde und wird es dabei dann, wenn ich mal bei einer Forststraße falsch abbiege und in irgendeinem tiefen Tal lande, wo ich kein LTE habe und 45 Sekunden auf den Aufbau von Google Maps warten muss. Was ich sagen will: Ich verlasse meine Komfortzone dann, wenn ich das letzte feuchte Toiletten-Papier aufgebraucht habe.

Nach dem Date vergingen ein paar Wochen. Ich sah eine Doku auf Arte über Irland. Darauf der Entschluss: Ich fliege nach Irland und radle dort einen Teil des „Wild Atlantic Way“. 

Vom Connor Pass nach Portmagee

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Das Wetter, eine instabile Konstante

Im Oktober ist das Wetter in Irland, naja, grauslich. Zumindest laut Statistik. Das grausliche Wetter hat aber natürlich auch etwas Gutes, nämlich die Garantie, dort keinen Touristen-Massen zu begegnen. Ich bin ja wie alle coolen Individual-Freizeit-Abenteurer: Ich hasse Touris. Ich will die schönsten Orte nur für mich. Ich will alleine in einer Gumpe unter einem Wasserfall baden, nackt. Und dabei für Instagram fotografiert werden.

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Die Einleitung soll euch, liebe Leserinnen und Leser, ein Hinweis darauf sein, für wie voll ihr einen Reisebericht von mir nehmen könnt. Ihr bekommt darum keinen Reisebericht, sondern:

Eine unvollständige und unlogisch gereihte Liste an Gründen und Tipps für eure Radreise in Irland

  • Ich will gleich auf den Punkt kommen: Fliegt nach Irland, nehmt das Rad mit, fahrt Teile des Wild Atlantic Way, es ist großartig.
  • Macht es nicht in der Hauptsaison. Dann sind die Straßen leerer als im Sommer. Die Iren fahren bedacht und geben euch Raum. Touristen, die es eilig haben und gewohnt sind, rechts zu fahren, vielleicht nicht. 
  • Lasst euer Zelt zu Hause und übernachtet in einem Bed and Breakfast. In der Nebensaison findet ihr immer eines. So könnt ihr kurzfristig planen und umplanen, mal einen Tag länger bleiben oder bei schlechtem Wetter die Etappen verkürzen.
Von Valentia Island nach Caherdaniel
  • Seid nicht knausrig, wenn’s ums Essen geht. Essen gehen in Irland ist etwas teurer – aber dafür richtig gut. Fisch um 30 Euro (wie etwa im „Out of the Blue“ in Dingle) ist eine Offenbarung und jeder Burger im Pub besser als die meisten Hipster-Laberln im zweiten Wiener Gemeindebezirk. 
  • Radelt nicht zu viel. 60 Kilometer am Tag reichen eurem Hintern, auch wenn die Waden noch fit sein mögen. Außer ihr seid solche Ausdauer-Freaks, die Hornhaut am Allerwertesten haben.
  • Nehmet nicht zu viel Zeug mit. Mein Rad wiegt gute zehn Kilogramm. Dazu kamen nochmals zehn Kilo Gepäck. Eine Ausgeh-Panier muss reichen. Ein zweites Paar Schuhe sollte aber sein (der Regen).
Von Sneem ins Black Valley
  • Fahrt immer, wirklich immer, auf der linken Straßenseite.
  • Ihr braucht eine Regenhose, die ihr schnell an- und ausziehen könnt. Das werdet ihr nämlich oft machen. Selbes gilt für die Regenjacke.
  • Ihr braucht halbwegs wasserdichte Handschuhe. Zwei Paar Handschuhe.
  • Ihr braucht wasserdichte Radtaschen.
  • Lasst euch nicht von einem grausigen Tag mit Regen (der prinzipiell immer von der Seite kommt) und Gegenwind fertigmachen. Am nächsten Tag kann schon wieder alles anders sein.
  • Kauft den Reiseführer „Cycling the Wild Atlantic Way and Western Ireland“ von Tom Cooper.
  • Ihr braucht für den Transport eures Rades im Flieger eine Radtasche. Die ist teuer. Borgt euch das Teil also nach Möglichkeit aus.
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Auf den letzten Etappen

Meine Etappen und ein paar Tipps

1. Von Tralee nach Dingle, 50 km, 700 Hm

Nach Tralee kommt ihr mit dem Zug von Dublin (im Voraus buchen). Fahrt auf jeden Fall über den Connor Pass, auch wenn das Wetter so bescheiden ist wie bei mir und ihr nichts seht. In Dingle geht ihr ins „Out oft he Blue“ essen (bester Fisch eures Lebens), gönnt euch ein Eis bei Murphy's und besucht dann ein Pub mit Live-Musik. Das irische Volk kann unfassbar gut singen und musizieren.

2. Die Dingle-Peninsula-Runde, 60 km, 800 Hm

Nehmt Snacks mit (wie ab jetzt für jede Etappe). Die Küstenstraße ist wunderschön.

3. Von Dingle nach Killorglin, 60 km, 700 Hm

Legt einen Stopp beim Minard Castle ein. Der Inch Beach ist sicher wunderschön zum Spazieren, wenn es nicht pisst, so wie bei mir. Übernachtet im „The Bianconi Inn“ und esst auch dort. Besucht den Ruderclub – und rudert eine Runde mit.

4. Von Killorglin nach Portmagee, 70 km, 1100 Hm

Fahrt nicht mit der Fähre über Valentia Island. Valentia Island besucht ihr am nächsten Tag. Esst in Portmagee Krabben oder Hummer oder beides. Auch wenn es teuer ist.

5. Die Valentia-Island-Rundtour, 30 km, 400 Hm

Besucht den Leuchtturm, radelt auf den Geokaun und geht dort zu den Klippen und die kleine Runde am Berg. Den Sonnenuntergang schaut ihr euch am Bray Head an.

6. Von Portmagee nach Caherdaniel, 50 km, 850 Hm

Bleibt bei den Kerry Cliffs stehen. Übernachtet etwas oberhalb von Caherdaniel im „Thidwick Bed and Breakfast“. Besucht Derrynane Beach und das Derrynane House. Zum Essen geht ihr ins „Blind Piper Pub“. Probiert die Lammstelze.

7. Von Caherdaniel nach Kenmare, 50 km, 600 Hm

Radelt sie einfach. Esst im „Lagom“. Esst im „Lagom“. Esst im „Lagom“. Esst im „Lagom“.

8. Von Kenmare nach Gleninchaquin Park und retour, 30 km, 300 hm

Im Gleninchaquin Park wandert ihr zumindest die Runde zum Wasserfall (gemütliche 1,5 Stunden oder eine forsche Stunde). Die Wasserfälle und Seen im Park sind sehenswert.

9. Von Kenmare nach Killarey, 50 km, 900 Hm

Radelt auf jeden Fall die Strecke durch das Black Valley und das Gap of Dunloe. Es ist wunderschön und ein absolutes Highlight. In Killarey werdet ihr plötzlich Massen an Touristen begegnen.

10. Die Killarney-Rundtour, 20 km, 300 hm

Ihr müsst die Tour gegen den Uhrzeigersinn radeln, weil viel los ist. Das ist Vorschrift – und Vorschrift ist Vorschrift. Flaniert dann in der Stadt, geht abends in ein Pub und trinkt zu viel.

11. Von Killarney nach Cork

Verkatert und bei Regen erspart ihr euch die 90 km, dazu noch Großteils auf der Bundesstraße, und nehmt den Zug. Bleibt einen Tag in Cork, der zweitgrößten Stadt Irlands. Von Cork gelangt ihr wieder mit dem Zug nach Dublin, dort hängt ihr ein, zwei Tage an. Wenn ihr charmant wart, habt ihr bei der Ankunft in Dublin in eurem Bed and Breakfast die Radtasche für den Transport und weiteres Zeug (etwa die zweite schicke Garderobe für Dublin und ein paar Unterhosen) gratis gebunkert und seid dort wieder abgestiegen. Dann fliegt ihr nach Hause.

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