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BERGWELTEN HÜTTENWOCHE IM ÖTZTAL, TAG 4

Von der Ötztaler Eiswerkstatt und dem Drahtseilakt am Stuibenfall

18. Juli 2019
4 Min. Lesezeit

Die Bergwelten Online-Redaktion verlegt ihr Büro von der Stadt in die Berge: Diesmal dürfen wir eine Woche lang im schönen Ötztal verweilen, wo wir am vierten Tag der Hüttenwoche den Klettersteig am Stuibenfall erklimmen, die Ötztaler Eiswerkstatt besuchen und dem Mythos Ötzi nachgehen. 

Der Klettersteig Stuibenfall
Foto: Robert Maruna
Der Klettersteig Stuibenfall
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Alles beginnt, wie gewohnt: 7:30 Uhr Tagwache, 8:00 Uhr Frühstück in der Gaststube Bichl, es ist bereits 8:15 Uhr und ich bin, wie immer, zu spät dran. Fällt aber nicht weiter auf, also setze ich mich um 8:23 Uhr mit einem freudigen „Guten Morgen“ an den reich bestückten Frühstückstisch. Es gibt frisches Obst, Hafermüsli und jede Menge Korngebäck, danach geht es auch schon weiter in den Seminarraum – unser temporäres Büro hier in Niederthai im Ötztal. Schnell werden noch die letzten Artikel abgetippt, Texte redigiert, Beiträge zusammengebaut und letztlich ins WorlWideWeb geschickt. Wir sind aber nicht bloß zum Arbeiten hier, sondern auch um rauszukommen: Weil draußen ist immer besser als drinnen.

Unser tägliches Frühstück im Gasthof Bichl
Foto: Bergwelten
Unser tägliches Frühstück im Gasthof Bichl

Ötzi und der Stuibenfall

Zu Mittag stehen wir in Umhausen am Parkplatz des Ötzidorfs: Für uns, Ausgangspunkt der heutigen Wander- und Klettertour, für die globalen Ötzi-Fans, Treffpunkt zum prähistorischen Gedankenaustausch. Denn in dem beschaulichen Abenteuerland wird das Leben zur Jungsteinzeit nachgestellt, bevor der vermeintliche Jäger im ewigen Eis konservierte und der zufällige Fund seiner Leiche ihm 5000 Jahre später zu ewigem Weltruhm verhalf. Rückblickend betrachtet kann man Ötzi getrost als den ersten posthumen Celebrity der Menschheitsgeschichte bezeichnen, schließlich gibt es keine andere Leiche vor ihm, die jemals soviel Fame erlangte. „Dort hams auch Ur-Ochsen und alles mögliche“, meint Vitus Auer und ergänzt grinsend, „damit der Mythos weiterlebt und die Leute ins Tal kommen“. Vitus‘ Aussage macht Sinn, und der gebürtige Ötztaler muss es schließlich wissen, denn er lebt seit seiner Geburt hier und genau solange ist es her, dass der Ötzi aus dem schwindenden Eis gefischt wurde. Gewissermaßen haben der 28-jährige Tiroler Bergführer und der „Frozen Fritzl“ eine Sache gemeinsam: Sie sind mit dem Ötztal verwachsen, ob sie nun wollen oder nicht.

Unterwegs zum Stuibenfall

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Neben Vitus werden wir von Martin Scheiber, dem – laut Sissi Pärsch – süßesten Konditor und Eismacher des Ötztals, auf unserer Klettersteigtour begleitet. Wir, das sind die Bergwelten Online-Redaktion sowie Katharina und Lilli von der Print-Redaktion, plus unsere Innsbrucker Expertin Christina Schwann und eben die süßeste Autorin Münchens, Sissi Pärsch. Gemeinsam marschieren wir also los zum Stuibenfall, dem höchstem Wasserfall Tirols. Seinen Namen verdankt er seiner Wasser-Gischt bzw. dem Staub des Wassers, die im Ötztal als „Stuiben“ bezeichnet wird und sich knapp 160 m ins Tal stürzen. Am Fuße des Wasserfalls spaltet sich die bunte Truppe in zwei Gruppen auf: Die Einen steigen über den Klettersteig auf, während die andere Hälfte die gemütliche Variante zu Fuß und über die schwebende Hängebrücke wählt. Gemeinsamer Sammelpunkt: Oben beim Gasthof.

Kurz vor dem Ausstieg des Klettersteigs Stuibenfall
Foto: Vitus Auer
Kurz vor dem Ausstieg des Klettersteigs Stuibenfall

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Der Klettersteig gestaltet sich wie erwartet: luftig und lustig. Er ist jeden Armzug und Fußtritt wert, darüber hinaus für jedermann schaffbar und bietet im Ausstieg eine beeindruckenden Tiefblick auf tausende Kubik Liter Wasser, die sich unter lautem Getöse talabwärts bewegen. Aufgrund ihrer Beliebtheit ist die Via Ferrata allerdings stark besucht, doch Geduld ist des Kletterers Tugend und so hat man während der Wartepausen genügend Zeit, um sich mit Vitus über die Berge, die Menschen und den Ötzi zu unterhalten. Und Vitus ist im Vergleich mit anderen Bergführern kein wortkarger Mensch; ganz im Gegenteil zum Ötzi, aus dem kann man zwar jede Menge biogenetisches Material herausquetschen, aber kein einziges Wort mehr. Deshalb wird der Mythos über sein Ableben wohl auch nie gelüftet werden. „Und das ist auch gut so“, O-Ton Vitus, am Ende des Klettersteigs.

Luftige Kletterei neben dem Stuibenfall

Beim Gasthof Stuibenfall treffen wir wieder auf die anderen, gemeinsam löschen wir unseren Durst mit kühlen Getränken und setzen uns nach kurzer Rast wieder in Bewegung. Da packt Vitus kurzerhand seinen Gleitschirm aus und segelt jodelnder Weise Richtung Umhausen zurück, während der Rest von uns per pedes ins Tal marschiert.

Der Eispapst

Wir sitzen auf der Terrasse der Ötztalerei: ein Cafe, eine Burgerbar und, eine weit über die Talgrenzen hinaus bekannte Eiswerkstatt. Der Besitzer des schmucken Ötztaler-Hotspots ist kein anderer, als der eingangs erwähnte Trailrunner und Eismacher Martin Scheiber. Der 43-jährige Ötztaler ist gelernte Konditor und hat vor vielen Jahren den Betrieb seines Vaters übernommen. Und diesen völlig umgestellt: „Für ein Stück Kuchen fährt kein Mensch extra ins Ötztal, aber für Pizza und Eis schon.“ Weil er kein großer Freund von Pizza ist, hat er sich auf die Herstellung von Eis spezialisiert. „Und weil man von Eis nicht besonders satt wird, haben wir unsere Speisekarte auf ausgefallene Burger umgestellt“, die nicht nur gut aussehen, sondern auch vorzüglich munden und noch dazu überaus preiswert sind. 

Eisliebhaber Martin und seine Maschine „der Eismacher"
Foto: Robert Maruna
Eisliebhaber Martin und seine Maschine „der Eismacher"

Nach der Hauptspeise lädt uns Martin nach hinten in seine Eiswerkstatt ein, um uns Einblick in den Prozess der Eisherstellung zu gewähren. Eine Maschine fällt dabei besonders ins Auge: „der Eismacher“. Er sieht aus wie eine übergroße Waschmaschine mit einer verschließbaren Lucke an der Oberkante. Dort kommt das vorgemischte Creme- oder Fruchteis hinein und wird in einem ersten Vorgang auf 80°C erhitzt. Danach öffnet sich eine kleine Öffnung im Inneren der Maschine und die flüssige Substanz landet in einer Trommel weiter unten, wo das Eis nun geschleudert und auf -10°C hinabgekühlt wird. Auf der Vorderseite der Maschine, exakt da, wo normalerweise die Schmutzwäsche rein und frische Wäsche rauskommt, befindet sich eine kleine Klappe aus der dann das fertige Eis herausquillt. „Keine Konservierungsstoffe, keine zusätzlichen Farbstoffe, reinstes Natur-Eis“, präsentiert Martin stolz sein Produkt. Und auch, wenn ich selbst kein Eis esse (ja ihr habt richtig gelesen, es schmeckt mir einfach nicht, mir geht’s aber trotzdem gut), wird Martin laut meinen Kollegen seinem Ruf als Ötztaler „Eis-Papst" gerecht: „Mmhh...Wahnsinn!“ oder „Oh Gott ist das gut“ bis hin zu „dürft ich nochmal kosten?“ war zu hören. Vor allem die Sorten Bitterschokolade/Zirbe und Vanille/Rosmarin dürften es der Redaktion besonders angetan haben. Ich glaube wir wären auch noch gerne länger in der Eiswerkstatt geblieben, wenn Martin nicht doch noch arbeiten hätte müssen und uns letztlich mit einem herzhaften „Pfiad-Euch“ wieder vor die Tür setzte. Und so neigte sich der vierte Tag der Hüttenwoche seinem Ende zu und wir sind mit vollen Mägen, glücklichen Gesichtern und jeder Menge Geschichten im Gepäck wieder zurück zum Gasthof Bichl marschiert. 

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Eisproduktion in der Ötztalerei

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