Christian Wurzer: „Ist es immer nötig, in die Berge zu gehen?“
Dieser Tage sind im Alpenraum hunderte freiwillige Bergretter im Einsatz oder auf Abruf. Wir haben einen davon, Christian Wurzer (40) aus Bischofshofen, um seinen ganz persönlichen Einblick gebeten. In den Nordalpen herrscht derzeit aufgrund der starken Schneefälle und des Sturms teilweise die 5. Lawinenwarnstufe (sehr große Gefahr).

Bergwelten: Christian, hast du in den letzten Tagen einen Rettungs-Einsatz mitgemacht?
Christian Wurzer: Meine Ortstelle, die Ortstelle Werfen, hat zuletzt einen Einsatz gehabt, bei dem ich aber verhindert war.
Grundsätzlich bist du aber immer abrufbereit? Wie vereinbarst du das mit deinem Berufs- und Privatleben?
Mein Einsatz-Rucksack ist immer fertig gepackt und die Skier stehen bereit. Für mich beginnt jeder Tag so, als würde ich auf Skitour gehen. Im Alltag denke ich aber nicht an einen möglichen Einsatz. Ich habe einen ganz normalen Vollzeit-Bürojob in Salzburg. Wenn wirklich etwas passiert, werde ich übers Handy alarmiert. Als freiwilliger Helfer kann ich einen Einsatz natürlich auch ablehnen. Bei größeren Einsätzen werde ich von meinem Arbeitgeber freigestellt.
Ist die derzeitige angespannte Lawinensituation für dich eine psychische Belastung?
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Nein, ich bin nach wie vor ziemlich tiefenentspannt. Ich lebe ganz normal weiter, auch bei hoher Lawinengefahr. Bei einem Alarm packe ich mein Zeug und versuche Menschen zu helfen, egal welche Alarmstufe herrscht. Nicht die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes ist eine psychische Belastung, sondern die Frage, ob ich draußen imstande bin, Menschenleben zu retten.
Aber wird es dir ab einem gewissen Punkt nicht selbst zu gefährlich auszurücken? Wie geht die Bergrettung mit diesem Risiko um?
Die Entscheidung liegt immer bei mir selbst. Als Privatperson muss ich mich nicht in eine lebensgefährliche Situation begeben. Zum Glück arbeiten bei der Bergrettung zu 100 Prozent Fachleute, die die nötige Expertise mitbringen. Jede Ortstelle hat eine Einsatzleitung, die sehr bedacht darauf ist, dass Retter nicht zu Schaden kommen. Über einen Einsatz wird immer direkt vor Ort und individuell entschieden.
Ärgert es dich, wenn Leute trotz hoher Lawinenwarnstufe ins Gelände gehen und damit nicht nur sich, sondern in weiterer Folge unter Umständen auch dich in Gefahr bringen?
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Grundsätzlich ist dieses Thema derzeit medial enorm präsent – ich denke es wird teilweise überdramatisiert. Natürlich ist jeder Einsatz, unabhängig von der Warnstufe, einer zu viel. Die Schneelage ist bei uns aufgrund des Sturms tatsächlich angespannt. Trotzdem maße ich mir persönlich kein Urteil über Leute an, die jetzt noch Skitouren gehen. Es ist letztlich eine freie Entscheidung. Die Leute fragen zu wenig nach, welche Umstände tatsächlich zu einem Unglück geführt haben. Ich finde es unerträglich, wenn Lawinenunfälle mit Toten in sozialen Medien auch noch Shitstorms auslösen. Dieser Mangel an Empathie ist es, der mich schockiert. Über Sinn und Unsinn einer Tour urteile ich nicht.
Hast du dennoch einen Appell an all jene, die derzeit ins Gelände wollen?
Es gibt kein Pauschalrezept für die Entscheidung. Aber man sollte sie derzeit wirklich mit Bedacht treffen und ein gewisses Maß an Selbstverantwortung an den Tag legen. Man sollte sich die Frage stellen: Ist es wirklich immer nötig, in die Berge zu gehen?
Wie bist du eigentlich zur Bergrettung gekommen?
Mein Neffe ist bei einem Skiunfall verstorben. Ich war damals als Nicht-Bergretter bei der Suche beteiligt. Das war eine einschneidende Erfahrung. Ich habe beschlossen, dass ich in Zukunft Menschen als Bergretter helfen will. Die notwendige körperliche Fitness war bei mir vorhanden.
Die Arbeit in der Bergrettung ist rein ehrenamtlich?
Ja. Gezahlt werden die Ausbildungs- und Weiterbildungskurse. Ansonsten bekomme ich nur die Ausrüstung und Bergrettungskleidung von der Ortsstelle, wobei ich für Einsätze auch private Ausrüstung verwende. Monetäre Anreize waren bei mir nie ausschlaggebend.
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