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Sandra Lahnsteiner im Gespräch

Abseitsregeln eines Freeride-Pro

• 15. Februar 2019
3 Min. Lesezeit
von Sissi Pärsch

Profi-Freeriderin Sandra Lahnsteiner begann 2010 mit Shades of Winter Skifilme zu produzieren, in der ausschließlich Frauen vor der Kamera standen. Inzwischen ist aus dem Filmprojekt eine international gefeierte (und ausgezeichnete) Plattform gewachsen. Mit uns spricht Sandra über rote Ampeln, gute Stories und Camps, bei denen sich der Spaß multipliziert.

Sandra Lahnsteiner
Foto: Christoph Oberschneider
Freeriderin und Filmemacherin Sandra Lahnsteiner im Interview
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Bergwelten: Sandra, als im Januar die Lawinensituation gerade in Deiner Salzburger Heimat so angespannt war, hat man von Dir keine Powder-Bilder gesehen – da kamen Instagram-Stories aus dem Gym mit dem Hinweis: on the safe side… Wie hast Du die Wochen erlebt?

Sandra Lahnsteiner: Am Anfang freuten wir uns natürlich gewaltig über den Schnee, aber irgendwann wurde es so massiv und schließlich kam der Wendepunkt. Die Schneehöhe stieg, die Lawinenwarnstufe stieg – und für mich war klar, dass ich die Tage daheim verbringe. Auch wenn man voll ausgestattet ist, inklusive Airbag-Rucksack etc. – das Risiko ist doch enorm. Wenn du dich im Auto anschnallst, fährst du doch nicht bei Rot über die Ampel. Genau das wäre es gewesen – viele rote Ampeln…  

In einer solchen Ausnahmesituation Ski zu fahren, ist vielleicht auch generell die falsche Botschaft oder?

Genau das ist der zweite Punkt: Ich kann im Powder nur schwer Spaß haben, während Menschen mit den Schneemassen ringen. Zudem ist bei einer solchen Lage schon ein verstauchter Knöchel ein Drama, weil du damit andere in Gefahr bringst und die Rettungsleute nun wirklich schon genug zu tun hatten. Es ist schade, dass selbst in der heutigen Medienlandschaft einige Leute anscheinend noch nicht ausreichend Bewusstsein für die Gefahren in sich tragen. Zumindest von meiner Seite wollte ich die Stay on the safe side-Botschaft so gut wie möglich verteilen.

Shades of Winter Sandra Lahnsteiner
Foto: Christoph Oberschneider
Sandra mit Teilnehmerinnen ihres „Shades of Winter“-Camps

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Du hast 2016 mit Matilda Rapaport eine gute Freundin und eine Deiner wichtigsten Shades of Winter-Mitstreiterinnen verloren. Sie kam in Chile in einer Lawine ums Leben. Falls es überhaupt noch möglich war: Hat Dich das noch sensibler gemacht?

Wir waren schon immer alle sehr sicherheitsbewusst, aber ich bin noch sensibler, wenn es darum geht, mit wem ich am Berg unterwegs bin. Ich brauche Menschen, die genauso ticken wie ich und die im Ernstfall wissen, was zu tun wäre. Menschen, die den Sport lieben, aber wissen, was er an Verantwortung mit sich bringt.

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Wie ist das in Deiner Rolle als Filmemacherin und Produzentin der Shades of Winter-Filme?

Ich habe bei den großen Drehs schon immer einen Guide dabei, der nur für das Sicherheitsthema verantwortlich ist. Er kennt die Crew genau und schließt sich über Wochen mit den Bergführern an den jeweiligen Drehorten kurz. Ich schätze seine Kompetenzen unglaublich und das nimmt mir natürlich auch sehr viel Druck. Die Sicherheit hat absolut Top-Priorität. Ähnlich ist es bei meinen Camps. Selbst wenn ich daheim in Gastein unterwegs bin, kontaktiere ich immer wieder Bergführer und Leute vom Lawinenwarndienst, um ihre Einschätzung zu hören, speziell wenn ich mal ein, zwei Wochen nicht im Tal war. An anderen Orten tausche ich mich wochenlang mit den lokalen Guides aus.

Shades of Winter Camp
Foto: Christoph Oberschneider
LVS-Schulung und Check: bei den Freeride-Camps steht die Sicherheit an oberster Stelle

Meine persönliche Meinung ist, dass die Shades of Winter-Filme von Jahr zu Jahr stärker wurden – auf erzählerischer wie filmischer Ebene. Mittlerweile zählen sie zu den Top-Skiproduktionen weltweit. Wie siehst Du Deine Entwicklung?

Vielen Dank, das freut mich sehr zu hören. Die letzten zehn Jahre haben mich sicher intensiver beeinflusst, als die Jahre zuvor. Es ist ungemein, was ich erleben und lernen durfte. Filmerisch ist es so, dass ich inzwischen den kreativen Prozess sehr liebe und gerne noch mehr Freiraum dafür hätte. Ich sitze dann im Auto und höre Podcasts aus den unterschiedlichsten Bereichen und natürlich schaue ich auch viele Filme. Plus, ich habe ein ganz unglaubliches Team um mich. Wenn du das Bewusstsein in dir trägst, dass alles gut werden wird, weil es mit der Crew gar nicht anders sein kann, dann kommt der Spaß und die Lockerheit – und das trägt eine Produktion dann zu ganz anderen Höhen.

In Deinem letzten Film Connect lässt Du Dir von Profi-Bikerin Hannah Barnes das Biken beibringen und nimmst sie im Gegenzug mit zum Skifahren. Es ist ein Film über Entwicklung, über ‚Schwächen‘, über die Freude am Sport egal auf welchem Level. Gerade das macht Spaß zu sehen.

Das ist schön, wenn das draußen so ankommt. Die Vorstellung, dass manch einer perfekt und glänzend durchs Leben schreitet – das, was auf den sozialen Kanälen und in vielen Filmen suggeriert wird – ist meiner Meinung nach gefährlich. Wir hatten auf Island eine solch tolle Zeit und für uns beide war es eine Herausforderung. Ich weiß gar nicht, ob man davon sprechen sollte, ‚Schwächen‘ zu zeigen. Es ist einfach die Normalität.

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Und das Lehren und Lernen ist ja auch schon immer Teil Deines Lebens?

Ja, das steckt wohl in meinem Blut. Ich habe schon immer gerne als Coach gearbeitet. Ich spüre es aktuell bei meinen Camps wieder: Es ist einfach sensationell, wie sich da der Spaß multipliziert. Ich bin so stoked, wenn ich sehe, wie die Leute beim powdern ihren Spaß haben – das ist das gleiche Gefühl, wie selbst zu fahren. Ich bin da wohl in mehrfacher Hinsicht in meinem Element.  

Danke für das Gespräch, Sandra!

Mehr zu den Camps und Filmen von Sandra findet Ihr hier.

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