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Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek
Wandern

Genuss und Wandern in der Wachau

• 20. Oktober 2021
3 Min. Lesezeit

Wo die Berge im Fluss baden. Eine Landschaft dieser Schönheit müsste erfunden werden, wenn es sie nicht schon gäbe. Genuss und Wandern begegnen einander nirgendwo inniger als in der Wachau.

Autor: Klaus Haselböck für das Bergwelten Magazin Juni/Juli 2015

Dürnstein liegt auf exakt 209 Meter Meereshöhe. Das ist erschreckend wenig, wenn einem der Sinn nach Bergen steht. Aber deshalb kommt man ja auch nicht in die Wachau, oder? Der würzige Grüne Veltliner, der elegante Riesling oder der sinnliche Gelbe Muskateller sind drei exzellente Argumente, beim Höhenmetersammeln Kompromisse zu machen. Dazu noch eine Brettljause beim Heurigen mit ofenfrischen Wachauer Laberln, außen knusprig, innen flaumigweich.

Drei Wanderer im Wald
Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek
Die Fesslhütte ist nah: Die Eichen- und Buchenwälder spenden auf den letzten Metern angenehmen Schatten.
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Spätestens dann sollte der Wunsch nach Bergen vergessen sein. Aber so klar ist die Entscheidung zwischen Genuss und Wandern in der Wachau dann auch wieder nicht. Dass feste Schuhe bei einem Ausflug im Niederösterreichischen durchaus Sinn ergeben, ist der Böhmischen Masse zu danken: Aus dem Waldviertel kommend, bricht sie spektakulär in das weite Flusstal der Donau ab. Oben das raue Nordland mit kargen Äckern und langen Wintern, unten ein Fest der Sinne mit blühenden Marillenbäumen und sorgsam aus Gneisplatten aufgeschichteten Weinterrassen, die an Reiskulturen im fernen Asien erinnern.

Dazwischen lichte Waldstücke, aus denen zerfurchte Felsrücken ihre Nadeln und Türme trotzig in den Himmel recken. All das bildet hier zwischen Melk und Krems eine Flusslandschaft von bestechender Schönheit.

Das Filetstück aller Wege

Und so lässt sich in Wahrheit kaum irgendwo Genuss und Bewegung besser verbinden als in dieser von der UNESCO zum Weltkulturerbe geadelten Region. Ein dichtes Wegenetz, von sanft bis streng, überzieht die Hänge rechts und links der Donau. Mittendrin das Filetstück aller Routen, der Vogelbergsteig. Die ideale Runde für einen erlebnisreichen Nachmittag oberhalb von Dürnstein: Ehrliche 350 Höhenmeter nimmt sich jeder vor, der vom westlichen Ortsende Dürnsteins loslegt, und genauso ehrlich wird man an warmen Tagen auch ins Schwitzen geraten am Weg zwischen Donauufer und Fesslhütte, dem Umkehrpunkt der Tour. Kenner handeln den Vogelbergsteig als „die schönste außeralpine Tour Österreichs“.

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Am Wegesrand blühen Orchideen, Kuhschellen und das gelb leuchtende Stein-Kraut, das „Wachauer Edelweiß“, während steile, teilweise gesicherte Felspassagen für kleine Adrenalinschauer sorgen. Vorneweg und hintennach gibt es stille Pfade im Buchen- und Eichenwald. Und von der anderen Talseite blitzt derweil immer wieder das Wahrzeichen der Wachau, die Ruine Dürnstein, hervor.

Drei Wanderer auf einem Wanderweg
Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek
Schritt für Schritt geht es dem Ziel entgegen.

Mit jedem Schritt im steilen Gelände ändert sich das Panorama. Spätestens von der „Kanzel“, wenn eigentlich schon das Waldviertel erreicht ist, blickt man stolz wie ein Kuenringer (das Adelsgeschlecht, das im 12. Jahrhundert hier herrschte) zur Donau hinab und sieht den Bergen beim Baden zu. Beim Anblick des kurvenreichen Flusses ist auch sofort klar, warum die Wachau einst „Vuachoua“ hieß, was so viel wie „Krümmung“ bedeutet.

Es lässt sich nur mutmaßen, warum die Donau genau dort fließt, wo sie heute fließt: Denn statt sich durch das harte Urgestein zu nagen, hätte der Fluss viel müheloser ein Bett weiter südlich, in den Schotter- und Molasseböden jenseits des Dunkelsteinerwalds, gefunden. Die Wachau wäre dann noch Teil des Waldviertler Hochlands, würde ihren Namen nicht verdienen, und um die Weinkultur wäre es auch schlecht bestellt. Wie gut, dass die Donau einen unerfindlich anderen Willen gezeigt hat.

 Beim Rückweg über den Schlossberg bekommt die Ruine Dürnstein die volle Aufmerksamkeit, spätestens jetzt schlagen auch Kinderherzen höher: Im 12. Jahrhundert soll hier König Richard Löwenherz festgesetzt gewesen sein. Dieser hatte bei der Eroberung von Akkon Herzog Leopold V. beleidigt, aber nicht bedacht, dass ihn sein Rückweg noch durch dessen Heimat führen wird. Österreicher können sehr nachtragend sein.

Drei Wanderer stehen auf einer Anhöhe und sehen ins Tal
Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek
Schauen, staunen und sich wundern: Warum hat die Donau genau dieses Flussbett gewählt?

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180 Wanderkilometer und 13 Gemeinden

Wer an einem lauen Nachmittag auf der Ruinenmauer sitzt und das mediterrane Lebensgefühl einatmet, wird wieder in die Wachau kommen. Er wird sich den großartigen Restaurants und den Heurigen widmen, andere Burgruinen wie Aggstein besuchen und die kulturelle Üppigkeit der Region bestaunen. Er wird auch wieder Wanderschuhe mitbringen und vielleicht ein paar Tage länger bleiben.

Denn der Welterbesteig, der 13 Wachauer Gemeinden miteinander verbindet, misst 180 Kilometer. Da gehen sich noch einige genussreiche Schritte aus.

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