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Reise

2.100 Kilometer durch die kanadischen Rocky Mountains

• 17. Januar 2020
8 Min. Lesezeit

Mathias Schulte-Ontrop von den Natural Born Explorers war mit Film-Crew in der kanadischen Provinz Alberta unterwegs, um für Jack Wolfskin eine Winter-Kollektion zu fotografieren. Mit uns teilt er die spektakulären Bilder eines besonderen Roadtrips und einen Reisebericht von zugefrorenen Highways, ausgelassenen Lagerfeuern und Wolfsspuren im Schnee.

Fotos: Philip Baske

Tag 1: Zwischen den Gipfeln der Rocky Mountains

Wir kommen in Canmore (Provinz Alberta) an und schon der erste Eindruck ist fantastisch. Über der Stadt thronen die Three Sisters, die ersten von unzähligen atemberaubenden Rocky-Mountains-Gipfeln, die wir in den kommenden Tagen bewundern dürfen. Als erstes steht Burgeressen in einem der typischen Pubs an – auch das wird nicht das einzige während unseres Trips bleiben. Wir besprechen dabei mit Michael, unserem Guide aus Canmore, das Roadtrip-Programm – und erfahren, dass es nicht wie geplant eingehalten werden kann. Wir sind ausgerechnet in einem der schneereichsten Winter der vergangenen Jahre in Alberta angekommen. Der Icefields Parkway, der 232 Kilometer durch die kanadischen Rocky Mountains führt, ist ab dem Saskatchewan River Crossing wegen Lawinenabgängen gesperrt.

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Jack Wolfskin Kanada
Foto: Philip Baske
Three Sisters über der Kleinstadt Canmore in Alberta

Tag 2: Reiten, Skijöring und ein bunter Camper

Unser erster Morgen in Kanada startet noch im Dunklen. Während wir losfahren streichelt die aufgehende Sonne die Gipfel der Three Sisters und taucht sie in rötliches Licht – ein unglaublich schöner Anblick. Nachdem wir unser erstes typisch kanadisches Frühstück zu uns genommen haben, holen wir unser fahrendes Motorhome für die kommenden Tage ab. Es ist ein Ford Heavy-Duty Truck mit 6,5 Tonnen Leergewicht und Platz für vier Erwachsene und zwei Kinder. Groß genug und zudem in weiße Folie gepackt, damit wir ihn selbst bemalen können. Nach einem Abstecher in ein Outdoor-Geschäft namens GearUp haben wir alles an Bord, was man für einen Abenteuer-Trip in Kanada braucht: Schlittschuhe, Langlaufski, Schneeschuhe...

Jack Wolfskin
Foto: Philip Baske
Unser 6,5-Tonnen-Motorhome

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An der Rocky Mountain Lodge in Canmore angekommen beginnen wir den Camper zu bemalen. Hanna, Christian, Lasse und Helena legen sofort los und bereits nach einigen Minuten ist klar, dass sich das Ergebnis sehen lassen wird. Hanna war früher Kunststudentin, Christian studiert Produktdesign, Helena zeichnet und Lasse denkt sich gerne originelle Sprüche aus. Eine perfekte Mischung! Auf diese Weise wird das Motorhome zu unserem Tour-Tagebuch, auf dem wir unsere Eindrücke festhalten.

Es geht weiter zu Rafter Six Ranch und somit direkt in den kanadischen Wilden Westen. Nicht nur, weil unser Gastgeber David Cowley wie ein richtiger kanadischer Cowboy aussieht. Er macht mit seinen Pferden regelmäßig bei der Calgary Stampede, der größten Rodeoshow der Welt, mit und hat dort sogar schon Preise gewonnen. Als Stuntman und Schauspieler arbeitet er ebenso – kein Wunder, dass Helena und Hanna entzückt sind. Noch mehr aber wegen der Pferde! Übers ganze Gesicht strahlend reiten sie bereits am ersten Tag im Galopp durch die kanadische Prärie – was soll das noch toppen?

David Cowley von der Rafter Six Ranch lädt zum Reiten

Für Christian liegt die Sache auf der Hand: Skijöring! Die rasante Sportart kommt ursprünglich aus Skandinavien und besteht darin, dass sich ein Skifahrer von Schlittenhunden, einem motorisierten Fahrzeug oder eben einem Pferd ziehen lässt. Mit Skiern und einem Seil bewaffnet suchen wir uns eine schneebedeckte Stelle. David bringt sein Pferd in Stellung, drückt Christian das Seil in die Hand und galoppiert los. Der Schnee fliegt ihm um die Ohren, während er auf den Skiern diverse Faxen macht. Ein Riesenspaß! Wir genießen jede Minute mit den kanadischen Dudes, die verrückter nicht sein könnten.

Skijöring auf der Rafter Six Ranch
Foto: Philip Baske
Skijöring auf der Rafter Six Ranch

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Tag 3: Rutschpartie statt Eishockey

Wir starten an diesem Morgen wieder früh, um das beste Licht zu erwischen, doch leider regnet es. Den Versuch, in einem schönen Waldstück eine Schneeschuhtour zu gehen, brechen wir wieder ab. Wir entscheiden uns ins legendäre Lake Louise weiterzufahren, um dort mit ein paar Locals Eishockey zu spielen und danach zu grillen. Doch auch dort kommt es anders. Am See oberhalb des kleinen Örtchens regnet es ebenso und der Parkplatz ist mit einer dicken Eisschicht und Schlaglöchern bedeckt. Die versuche ich langsam zu umfahren, bleibe jedoch an einer Stelle hängen, worauf die Reifen durchdrehen und unser Motorhome langsam und in aller Ruhe in einen kanadischen Truck rutscht. Mist! Auch das noch! Während wir auf den Besitzer warten, vertreibt sich die Crew die Zeit mit einer spontanen Schneeballschlacht. Nachdem der Besitzer des Trucks aufgetaucht ist und seinen Wagen zurückgesetzt hat, stellen wir erleichtert fest, dass er lediglich einen kleinen Kratzer an seiner Stoßstange abbekommen hat. Wir tauschen Daten aus und er bedankt sich, dass wir gewartet haben. Scheint hier nicht so üblich zu sein. Das Warten hat sich auch für uns gelohnt. Wir haben den See abends für uns allein und dann zieht auch noch ein Schneesturm auf - Wahnsinn. Die Eindrücke sind großartig. Mit Eishockey wollen wir es am nächsten Morgen nochmal versuchen.

Eishockey am Lake Louise
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Tag 4: Über den schneebedeckten Icefields Parkway

Wir fahren früh los, um noch vor den Touris am See zu sein. Das Wetter heute ist ein Traum, die Nacht war kalt, die Eisfläche ist gefroren, der Himmel zeigt sich blau mit ein paar Wolken und Lake Louise liegt in seiner ganzen Schönheit vor uns. Wir haben den See für eineinhalb Stunden ganz für uns alleine. Nur Tim, ein Local, hat sich zu uns gesellt – mit ihm entwickelt sich ein richtiges Eishockeyspiel.

Nachdem wir beim Camper gefrühstückt haben, machen wir uns auf den Weg zum Icefields Parkway (IP), der leider immer noch gesperrt ist. In Alberta ist es verboten Salz zu streuen – besonders im Nationalpark – und so ist der IP vom ersten Meter an mit Schnee und Eis bedeckt. Vor uns liegt eine 60 Kilometer lange weiße Piste, die sich durch die Berge schlängelt. Nach jeder Kurve wartet der nächste atemberaubende Ausblick auf raue Gebirgszüge, mit kanadischen Fichten überzogene Hänge, kleine Gletscher, riesige Schneewechten und zugefrorene Seen. Wir fahren, alle die Münder offen, 60 km durch die Rockies.

Über den Icefields Parkway

Auf einem besonders schönen Abschnitt halten wir an. Uns kam – von der Landschaft inspiriert – die Idee, die Aussicht auf die Rückseite des Campers zu malen. Unsere Künstler machen sich ans Werk und was sich da langsam so auf der Rückseite abzeichnet, sieht nicht schlecht aus. Kein Wunder, dass die wenigen Autos, die an uns vorbei fahren, gleich wieder wenden und Bilder machen!

Jetzt müssen wir uns beeilen, um zum Abraham Lake zu kommen. Die Temperaturen sind heute extrem niedrig und der See präsentiert sich komplett gefroren. Wir finden einen Spot mit epischer Aussicht und surrealer Anmutung vor. Der Wind fegt Schneereste über das dicke Eis, das immer wieder ein lautes Krachen von sich gibt. Hier verbringen wir den Abend und genießen den Sonnenuntergang. Schon nach Einbruch der Dunkelheit fahren wir noch 135 km zurück nach Lake Louise.

Am Abraham Lake

Tag 5: Gegrillte Marshmallows am Abraham Lake

Heute steht zunächst der Johnston Canyon auf dem Programm. Während Filmteam und Models in diese spektakuläre Landschaft wandern und sich dort von den riesigen Eisfällen verzaubern lassen, kümmern wir uns um die Autos: Tanken, Wasser auffüllen, Abwassertank leeren, Einkaufen...

Jack Wolfskin Kanada
Foto: Philip Baske
Beeindruckende Eisfälle im Johnston Canyon

Der zweite Abschnitt des Icefields Parkways ist leider immer noch gesperrt. Wir müssen uns also auf den ersten Teil beschränken, der uns aber immer noch extrem beeindruckt. Auf dem Weg zurück zum Abraham Lake halten wir am Bow Lake, wo Christian und Lasse eine kleine Tour mit Langlaufskiern starten. Die Schneedecke auf dem See ist unberührt, die Kulisse absolut malerisch.

Langlaufen über den Bow Lake am Icefields Parkway

Am Abraham Lake See bauen wir schließlich unser Lager für die Nacht auf, machen ein großes Feuer, grillen Fleisch und Gemüse und schließen das Ganze mit S’mors ab. Das sind Kekse zwischen die man gegrillte Marshmallows und Schokolade legt, quasi ein Dessertburger. Chris und Lasse gehen Feuerholz holen, Lax hackt was das Zeug hält und Philip und Sebastian entdecken eine echte Wolfsspur im Schnee. Wir rücken näher ans Feuer. Mittlerweile sind es -15 Grad und wir sind froh, dass wir den Camper dabei haben.

Lagerfeuer am Abraham Lake

Tag 6: Ein platter Reifen und heiße Quellen

Wir stehen wieder früh auf und genießen die Morgenstimmung und die unwirkliche Eislandschaft – einfach Wahnsinn. Gegen 9 Uhr fahren wir die 135 km bis nach Lake Louise zurück. Unterwegs zieht der Camper schon leicht nach links. In Lake Louise parken wir am Supermarkt und als wir aussteigen, pfffffffffft, ist der linke Vorderreifen platt. Gott sei Dank erst jetzt. Das Flicken dauert circa eine Stunde – Zeit für eine Pause mit Kaffee und Wraps.

Danach fahren wir weitere 150 km nach Invermere in British Columbia, genauer zu den Lussier Hot Springs, von denen wir schon viel Gutes gehört haben. Es sind die einzigen natürlichen heißen Quellen in der Region. Die Becken liegen direkt an einem Gletscherbach, der teilweise noch zugefroren ist. Es riecht nach Schwefel, die Locals entspannen sich und trinken ein Feierabendbier. Wir heizen uns auf, springen kurz in den Eisbach und wiederholen das ein paar Mal. Super entspannend!

Entspannen in den Lussier Hot Springs

Tag 7: Auf der Arthur O. Wheeler Hut

Nach einem Frühstück in der lokalen Bäckerei von Invermere fahren wir 220 km über den Rogers Pass zur Arthur O. Wheeler Hut. Sie liegt inmitten des Glacier Nationalparks auf gut 1.250 m Höhe. Eine typische alpine Selbstversorger-Hütte mit Holzofen, Kochstelle und Bettenlager.

Auf dem Parkplatz treffen wir Marty Schaffer, Powderguide und lokale Ski-Legende aus dem nahe gelegenen Revelstoke. Mit ihm unternehmen wir eine kleine, einstündige Skitour zur Wheeler Hut, wobei das gesamte Equipment, Schlafsäcke und Verpflegung mit muss.

Jack Wolfskin Kanada
Foto: Philip Baske
Alles muss mit: Aufstieg zur Arthur O. Wheeler Hut

Die Hütte ist einmalig. So wie man sich eine kanadische alte Blockhütte vorstellt. Und wir haben sie ganz für uns allein. Marty und Christian bauen sich einen Kicker und vergnügen sich im Schnee. Hanna und Helena üben Gitarre, Lasse macht Feuer. Die Stimmung ist genial. Am Abend kochen wir gemeinsam Spaghetti Bolognese, trinken ein paar Bier, erzählen und lassen den Abend singend ausklingen.

Kochen auf der Arthur O. Wheeler Hut

Tag 8: Powdern und Langlaufen im Winterwonderland

Am Morgen macht Christian Kaiserschmarrn für alle. Letzte Nacht hat es wieder geschneit – die Bäume sind angezuckert und in der Sonne sieht alles aus wie im Winterwonderland. Wir erkunden auf Tourenskiern die Gegend. Später stürzen sich Marty, Michael und Christian – die Ski-Pros unter uns – in die Powder-Action.

Den Nachmittag verbringen wir am Lake Revelstoke, wo wir die Langlaufski wieder auspacken und auch unsere Drohne fliegen lassen können.

Ski-Action rund um die Arthur O. Wheeler Hut

Tag 9: Roadtrip nach Banff

Heute haben wir die längste Strecke vor uns: 290 km von Revelstoke nach Banff, das durch das Mountain Film Festival weltberühmt ist. In der Nähe vom Lake Minnewanka finden wir eine schöne Stelle zum Fatbiken... bis uns ein Ranger stoppt.

Jack Wolfskin Kanada
Foto: Philip Baske
Fatbiken am Lake Minnewanka

In der Zwischenzeit sind Philip, Hanna, Helena, Christian und Mathias in Banff unterwegs und erkunden die Stadt. Am Abend ist die Truppe wieder vereint. Und mittlerweile so zusammengewachsen, dass man das Gefühl hat mit Freunden unterwegs zu sein. Jeder von uns würde gerne noch ein paar Tage dranhängen – doch nun heißt es für uns zurück nach Calgary, um den Rückflug in die Heimat anzutreten. Mit unvergesslichen Erinnerungen an ein tiefwinterliches Kanada.

Jack Wolfskin Kanada
Foto: Philip Baske
On the road in Kanada: Wir blicken auf unvergessliche Eindrücke zurück

Infos und Adressen: Alberta und British Columbia, Kanada

Flüge: Direktflüge nach Calgary gibt es von Frankfurt aus.

Beste Reisezeit: Frühling und Sommer sind sehr beliebte Reisezeiten und man trifft auf blaue Seen, tolle Panoramen, aber auch viele Reisende. Gerade wenn man den Touristenströmen aus dem Weg gehen möchte, hat auch der kanadische Winter seine Reize. Auf den zugefrorenen Seen lässt sich gut Schlittschuhlaufen, zum Skifahren ist das Revelstoke Mountain Resort mit einer überaus langen Saison sehr zu empfehlen.

Roadtrip: Der 232 Kilometer lange Icefields Parkway (IP) führt durch zwei Rocky-Mountains-Nationalparks – den Banff- und Jasper-Nationalpark – und gilt als einer der schönsten Highways der Welt. Er windet sich zwischen Gipfeln, Seen und Gletschern hindurch – im Winter können Abschnitte aber wegen Lawinengefahr gesperrt sein. Schnee ist übrigens das ganze Jahr über möglich. Hier findest du alle Infos.

Unterkunft-Tipp: Die Arthur O. Wheeler Hut am Rogers Pass (im Glacier Nationalpark) gehört dem Alpine Club of Canada. Sie kann online gebucht werden.

Nationalparks:

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