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Film-Expedition Manaslu, Teil 6

Rückkehr zum Manaslu: Erfolgreich gescheitert!

• 29. November 2017
3 Min. Lesezeit

Hans Kammerlander und Stephan Keck sind aus Nepal zurück. Zwar konnten die beiden Extrembergsteiger den Gipfel des 8.163 Meter hohen Manaslu nicht erklimmen und dem begleitenden Filmteam keine Bilder vom Gipfel schenken, ihr wichtigstes Ziel haben sie aber dennoch erreicht. Das berichtet Stephan Keck zum Abschluss der Expedition.

Kammerlander Manaslu
Foto: Alex Brugger
Hans Kammerlander und Stephan Keck am Manaslu
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Den Gipfelerfolg am Manaslu können wir uns also nicht auf unsere Fahnen schreiben. Wie bereits berichtet verhinderte zu viel Schnee am Berg, dass wir weiter als zum Lager 3 auf 6.800 Meter aufsteigen konnten. Wenn man für eine Strecke, für die man normalerweise vier Stunden benötigt, plötzlich einen ganzen Tag unterwegs ist, bis zu den Achseln im Schnee steckt und selbst auf dem Weg nach unten wegen des Windes wieder neu spuren muss, dann wird ein solches Unterfangen schon nach einigen Tagen sinnlos.

Nun mag es in unserer heutigen Gesellschaft für den einen oder anderen womöglich altmodisch und nicht leistungsorientiert klingen, wenn ich sage, dass wir unser wichtigstes Ziel auch ohne den Gipfelerfolg realisiert haben: Alle Teilnehmer, sowohl Sherpa als auch das komplette Filmteam um Gerald Salmina, sowie Hans und ich kehren wieder gesund nach Hause zurück. Ein Aspekt, den manch einer allzu gerne vergisst und der wichtiger ist, als um jeden Preis einen weiteren Gipfel auf der eigenen Erfolgsliste eintragen zu können.

Kammeraden: Stephan Keck und Hans Kammerlander am Manaslu

Nervenkitzel schon auf der Amtsstube

Der Aufwand, eine solche Filmexpedition zu organisieren, hat mich nun einige Monate auf Trab gehalten und vor allen Dingen in der heißen Phase vor Ort auch ins Schwitzen gebracht. Zumal die heiße Phase in diesem Fall nicht erst am eiskalten Manaslu begann, sondern bereits in den Amtsstuben Kathmandus, wo sich unsere Bemühungen um Hubschraubereinsätze, Drehgenehmigungen und sonstige Permits für die Crew drehten. Das hat auch mir neue Perspektiven eröffnet, meine Geduld, Flexibilität und auch Kreativität in der Organisation solcher Unternehmungen gefördert.

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Alles, was Regisseur Gerald Salmina und sein Team für ihren Film über Hans benötigten, haben sie bekommen. Die farbenfrohen Aufnahmen nepalesischer Dörfer auf dem Hinweg zum Berg, die beeindruckenden Bilder während der Besuche in unseren Hilfsprojekten vor Ort und auch am Manaslu selbst wurde bis hinauf ins Lager 2 gedreht. Dank erfolgreicher Genehmigungsverfahren letztlich sogar aus dem Hubschrauber. Ohne Zweifel wären Aufnahmen vom Gipfel das höchste der Gefühle für Gerald gewesen, doch auch er war in keiner Weise enttäuscht davon, dass es nicht geklappt hat. Der Film behandelt schließlich Hans Kammerlanders Leben, das sich zwar sehr häufig, aber eben auch nicht immer ganz oben abgespielt hat. Der Geschichte, die unser Regisseur erzählen will, tut unser Scheitern also keinen Abbruch.

Manaslu: Hans Kammerlander blickt auf seinen Schicksalsberg

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Wir wussten von vornherein, dass wir spät mit unserem Besteigungsversuch dran sind, haben uns bewusst dafür entschieden, wollten nach der eigentlichen Saison und damit alleine an diesem Berg unterwegs sein. Auch wenn dies unsere Erfolgschancen letztlich zunichtemachen sollte, haben wir unsere Zeit am Manaslu in vollen Zügen ausgekostet. Was für eine Rückkehr wäre es denn für Hans gewesen, wenn er nach 26 Jahren an dem Ort, an dem er einst auf so tragische Art und Weise zwei Freunde verlor, nun auf 500 andere, mehr oder meist weniger professionelle Bergsteiger im Basislager getroffen wäre? Was für eine Rückkehr wäre es, mit all jenen in der langen Schlange Richtung Gipfel zu warten und sich diesen schließlich mit 50 anderen teilen zu müssen?

Unser Scheitern war folglich auch das Resultat der von uns gewollten und ausgiebig genossenen Einsamkeit am Berg und ich möchte es daher auch als durchaus erfolgreiches Scheitern bezeichnen. Eines, für das sich alle Strapazen gelohnt haben und eines, das uns für die Zukunft alle Optionen offen lässt. Zeit mit der Familie zu verbringen und neue Projekte zu planen – eben dahin gehen zu können, wohin man möchte.

Gespräche über Höhen und Tiefen

Die partnerschaftliche, ja freundschaftliche Zusammenarbeit mit Hans war überaus lehrreich für mich, anderseits aber auch eine Art Bestätigung meines eigenen Tuns. Es war gewissermaßen ein Treffen zweier der gleichen Spezies, derselben Art. Zwei Höhenbergsteiger, die im Laufe ihrer Karriere etliche Parallelen entwickelt haben und ähnlich ticken.

Bis zu den Hüften im Schnee: Stephan Keck und Hans Kammerlander beim Manaslu-Aufstieg

Bergsteigerisch hatten wir am Manaslu keine allzu großen Gelegenheiten, wirklich an unsere Grenzen zu gehen. Allzu oft war im Aufstieg klar, dass es aufgrund der Schneelage nur „Umkehr“ heißen kann – Entscheidungen wurden daher abends im Zelt nie kontrovers diskutiert. So sprachen wir stattdessen auch abseits der Kameras über Hans‘ Vergangenheit. Über Erfolge, die er erlebt hat, aber auch über Schicksalsschläge wie jenen vor 26 Jahren am Manaslu. Seine freudigen Erzählungen von Friedl Mutschlechner und Karl Großrubatscher, jenen guten Freunden, die er dort einst verloren hatte, zeigen mir, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat, nun doch nochmals zum Manaslu zurückzukehren, um seinen Frieden damit zu machen.

Ich bin sehr froh und dankbar, Hans Kammerlander ein Stück weit auf diesem Weg begleitet haben zu dürfen. Genau wie über unsere Entscheidung, nun rechtzeitig umgekehrt zu sein.

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