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Hütten-Know-How

Wann wird eine Hütte umgebaut?

• 20. November 2017
3 Min. Lesezeit

Was für Gründe gibt es für einen Umbau von Hütten? Welche Herausforderungen bringen Baumaßnahmen im Gebirge mit sich? Und wer zahlt das eigentlich? Wir haben mit den Hütten-Experten Peter Kapelari und Peter Righi gesprochen.

Bauarbeiten auf der Salmhütte am Großglockner in Kärnten
Foto: dreiplus Architekten
Präzisionsarbeit: Bauarbeiten auf der Salmhütte (2.644 m) am Großglockner in Kärnten
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Gründe für den Umbau von Hütten

Reinhold Messner bezeichnet Schutzhütten als „wesentlichen Bestandteil alpiner Kultur“, allerdings verändert sich ihre Bedeutung. Sie dienen heute weniger als Ausgangspunkt fordernder Klettertouren, vielmehr werden sie verstärkt als touristischer Stützpunkt im Rahmen von Ausflügen und Weitwander-Unternehmungen genutzt. Aufgrund der zumeist exponierten Lage von Hütten und der damit einhergehenden klimatischen Extreme bedarf es regelmäßiger Wartung und Nachrüstung. Hinzu kommen behördliche Auflagen in den Bereichen Brandschutz, Umweltrecht, Arbeitnehmerschutz sowie Hygiene und Wasserrecht, die ein entsprechendes Nachjustieren erforderlich machen können.

„Auf Luxusbedürfnisse nehmen wir keine Rücksicht“, stellt Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten, Wege und Kartographie im Österreichischen Alpenverein, unumwunden klar. Was allerdings sehr wohl zur Kenntnis genommen wird ist das steigende Bedürfnis nach mehr Intimsphäre und Körperhygiene. Hütten sind daher verstärkt darum bemüht, Duschmöglichkeiten zu bieten und „Massenlager“ durch Vierer- und Sechser-Lager zu ersetzen. Auch Peter Righi räumt ein, dass die Infrastruktur der Nachfrage angepasst werden muss. Die höchste Priorität gilt allerdings dem Sicherheitsaspekt, sprich: der Statik, dem Brandschutz sowie der Wasser- und Stromversorgung.

Natürlich spielen auch Umweltauflagen eine wichtige Rolle. Das Nutzen von erneuerbaren Energien und einer zeitgemäßen Abwasserreinigung wird nicht zuletzt auch von den Hüttengästen geschätzt und erwartet. Alte Dieselaggregate gilt es durch Photovoltaik-Anlagen, Pflanzenöl-Blockheizkraftwerke oder sonstige umweltverträglichere Alternativen zu ersetzen, sind sich Peter Righi und Peter Kapelari einig.

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    Wer entscheidet?

    Die Entscheidung obliegt dem Eigentümer der Hütte. In den meisten Fällen sind das die jeweiligen hüttenverwaltenden Sektionen der alpinen Vereine. Der Input selbst kommt allerdings oftmals von den Hüttenwirten. Die Sektion verhandelt die Wünsche dann gemeinsam mit dem Hüttenreferat der Landesleitung. Die Sektion fungiert hierbei als Bauherr. Anders verhält sich die Verhandlung natürlich, wenn Behördenvorschreibungen, also veränderte gesetzliche Auflagen, einen Umbau erzwingen. In letzter Konsequenz stellt sich aber natürlich auch immer die Frage: Kann der Umbau überhaupt finanziert werden?

    Ist der Bau beschlossen worden, gilt es Baufirma und Architekt zu finden. Oftmals gibt es bereits Partner-Architekten, mit denen sich die Zusammenarbeit bei vergangenen Projekten bereits bewährt hat. „Immer öfter veranstalten wir kleine, geladene Wettbewerbe“, erklärt Peter Kapelari. Manchmal befindet sich aber auch ein Architekt in den eigenen Reihen des Vereins.

    Schutzhütten, die sich im Eigentum der öffentlichen Verwaltung befinden, unterliegen dem öffentlichen Ausschreibungsverfahren. In Südtirol sind davon aktuell 26 Hütten betroffen. Weiters müssen für alle Aufträge über 10.000€ – jedenfalls im ÖAV – mindestens drei verschiedene Angebote eingeholt werden. Das heißt: Größere Projekte müssen zur Ausschreibung gebracht werden, allerdings nicht international. „Wir unterliegen nicht der Ausschreibungspflicht so wie öffentliche Stellen“, stellt Peter Kapelari klar.

    Entwurf von dreiplus Architekten für den Neubau der Seethalerhütte in Oberösterreich
    Foto: dreiplus Architekten
    Gewinner-Entwurf von dreiplus Architekten für den Neubau der Seethalerhütte in Oberösterreich

    Auflagen im Gebirge

    Wie alle Bauvorhaben unterliegen auch Baumaßnahmen bei Schutzhütten den lokalen Kommissionen. Die gesetzlichen Vorgaben sind selbstverständlich auch im Gebirge einzuhalten. Bei größeren Eingriffen kommt es zudem zu einer übergemeindlichen Prüfung, etwa einer Umweltverträglichkeitsprüfung in Nationalparks oder Natura 2000-Gebieten. „Dabei spielen die verwendeten Materialien am Bau, die Ästhetik oder die Abwasserklärung eine wesentliche Rolle“, weiß Peter Righi.

    In einer Presseaussendung des Österreichischen Alpenvereins vom Oktober 2016 heißt es, dass Baukosten im Gebirge bis zu 2,5 Mal so viel betragen wie Baukosten im Tal. Hierbei fallen vor allem die Transportkosten sowie die langen Anfahrts- und/oder Anmarschzeiten ins Gewicht. Auch Geologie und Klima verlangen nach aufwendigen Baulösungen. „Beim Betonieren auf über 3.000 Metern mit dem Hubschrauber müssen wir bis zu 40-fache Kosten im Vergleich zum Tal hinnehmen“, verrät Peter Kapelari. Auch der Abtransport von Bauschutt und Abfall tragen ihren Teil zu den Mehrkosten bei.

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    Kosten

    Der ÖAV beziffert die Gesamtkostenaufstellung für Hüttenbau- und Umweltmaßnahmen in den Jahren 2013 bis 2016 auf 29,3 Millionen Euro. Die einzelnen Posten setzen sich wie folgt zusammen:

    • 8-9€ des Mitgliedsbeitrags entfallen auf den Infrastrukturerhalt. Aktuell zählt der Österreichische Alpenverein über 521.000 Mitglieder.
    • 25-30% der Kosten speisen sich aus den Einnahmen der Sektionen, die sich wiederum größtenteils aus Pacht und Nächtigung zusammensetzen.
    • Weitere 25-30% kommen aus Unterstützungen der öffentlichen Hand, namentlich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung sowie des Tourismus.

    In Südtirol stellt die Landesregierung für die Zeitspanne von 2016 bis 2020 insgesamt 10 Millionen Euro für Instandhaltungsarbeiten an Hütten bereit. Aktuell wird intensiv am Neubau von zwei Hütten gearbeitet: Die Neue Schwarzensteinhütte soll im Frühjahr eröffnet werden, Ende 2018 soll die Weihe der Stettinerhütte folgen.

    Herausforderungen

    Peter Kapelari und Peter Righi sind sich einig: Gleichwohl es viele Herausforderungen im Gebirge gibt – das Finden einer Baufirma, die Abgeschiedenheit sowie diverse Wetterkapriolen, um nur einige zu nennen –, die größte Herausforderung besteht im begrenzten Zeitfenster für Baumaßnahmen im Gebirge. „Auf einer Baustelle in 2.700 Metern Höhe kann mit etwas Glück nur zwischen Juni und Oktober gearbeitet werden“, weiß Peter Righi.

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